Ballspiele auf Holz

Parkdeck mit Erlebniswelt

Deutsches Ingenieurblatt 05/2022

Ein Großhändler für Druckerei-, Buchbinderei- und Werbemittelbedarf hat auf dem Parkdeck seiner Lagerhalle drei aufgeständerte Inseln als Business & Beach Campus errichtet. Die Konstruktionen aus Holz boten als Leichtgewichte die tragbarste Lösung für das Stahlbetondach darunter.

Die Sprintis Schenk GmbH & Co. KG, ein Großhandel für Druckerei-, Buchbinderei- und Werbemittelbedarf im Würzburger Stadtteil Zellerau, hat an oder besser gesagt auf einem ihrer Firmengebäude etwas ganz Besonderes für die Mitarbeiter geschaffen: den sogenannten Business & Beach Campus. Auf dem Dach seiner neuen Lagerhalle hat das Unternehmen nach dem Entwurf von Hofmann Keicher Ring Architekten drei aufgeständerte Terrassenflächen in Holzbauweise errichten lassen. Neben einem öffentlichen Besprechungsraum, dem sogenannten Meeting-Deck, das über einen öffentlichen Kalender auch von anderen gebucht werden kann, und einem Markplatz-Deck für Treffen in Pausen befindet sich auf einer der drei „Inseln“ ein Sportcourt für Beachvolleyball, Fußball und Basketball. Firmenchef Christian Schenk betrachtete das Dach der Lagerhalle als idealen Ort für die ergänzenden Holzbauten, denn obwohl es als Parkdeck für die nachzuweisenden Stellplätze des Unternehmens dienen sollte, wollte er es gleichzeitig so gestalten, dass es nicht wie ein klassisches Supermarkt-Parkdeck aussieht. Das führte zu der Idee, das Dach noch für andere Aktivitäten zu nutzen, und damit zu den drei unterschiedlich großen Plattformen für drei unterschiedliche Funktionen.

Ziel der Parkdeck-Aufbauten war außerdem, sich über die besondere Idee und Architektur auch nach außen als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und damit die gelebte Firmenphilosophie sichtbar zu machen, etwa mit dem Beachvolleyball-Feld, das als erstes ins Auge fällt. Dass auf dem Sportcourt ein Beachvolleyball-Feld unterkam, liegt zu guter Letzt daran, dass Christian Schenk selbst leidenschaftlicher Beachvolleyball-Spieler ist.

Warmes Holz krönt kühlen Beton mit Leichtigkeit
Auf der Suche nach dem geeigneten Baustoff für die drei aufgeständerten Plattformen fiel die Wahl auf Holz. Das hatte mehrere Gründe: Statisch maßgebend war das Beachvolleyball-Feld mit seiner 20 cm hohen Sandschüttung, deren Gewicht allein schon rund 158 Tonnen ausmachte. Damit die Stahlbetondecke darunter diese Lasten samt Konstruktion würde aufnehmen können, sollte das eigentliche Tragwerk ein möglichst geringes Gewicht haben. So kam Holz als leichtestes Material zum Zug – und auch als ästhetischstes. Mit Holz ließen sich nicht nur alle Anforderungen auf einen Nenner bringen, sondern es bot auch einen lebendig-warmen Kontrast zum kühlen Beton, auf dem es aufsetzt.

Aufgeständert sind die drei trapezformähnlichen Inseln auf Kreuzlagen(KLH)-Brettsperrholz-Platten in Kombination mit verklebten Brettschicht(BS)-Holz-Rippen, kurz "Rippenplatten", auf konisch geformten BS-Holz-Stützen im Längsrichtungsabstand von 5 m, dem Rastermaß zur Unterbringung der Parkbuchten. Dabei sind die Stützen so platziert, dass sie jeweils auf den Stahlbetonrippen der darunterliegenden Pi-Platten-Decke des Parkdecks stehen. Nur so war es möglich, die mitunter hohen Punktlasten aus den Plattformen, wie die des Sportcourts, auf das Lagerhallendach mit seinen großen Spannweiten abzutragen. Der Rippenabstand dieser Pi-Platten-Dachdecke wurde daher schon bei der Planung der Lagerhalle entsprechend auf das Stützenraster der Aufbauten abgestimmt.

Während zwei der drei Plattformen mit rund 29,50 m Länge und etwa 5,75 m sowie 8,30 m Breite (Marktplatz) bzw. 23,60 m Länge und etwa 9,30 m sowie 11,40 m Breite (Meeting-Deck) relativ klein sind, misst der Sportcourt als größte von ihnen fast 38 m Länge sowie 17,30 m Breite auf der einen bzw. 22,10 m auf der anderen Seite.

Jede Insel erhielt eine eigene Konstruktion
Für jede Plattform wurde ein eigenes Tragwerk entwickelt und spezifisch für die jeweilige Lastsituation berechnet und konstruiert. Dabei liegt die KLH-Brettsperrholz-Decke des Marktplatzes auf einem System von BS-Holz-Querträgern und -Stützen, während beim Meeting-Point die Rippendecke aus KLH-Brettsperrholz-Platte und BS-Holz-Rippen auf einem System aus BS-Holz-Zwillingsträgern und -Stützen ruht. Die größte Herausforderung stellte allerdings der Sportcourt dar. Hier spannt sich das Tragwerk über drei Längsachsen auf. Drei Reihen aus BS-Holz-Stützen im bereits erwähnten Abstand von 5 m tragen zusammen mit Stahlträgern (IPE 550), die die Stützen über konsolartige Ausklinkungen in Längsrichtung überspannen, die 2,50 m breiten, werkseitig vorgefertigten Rippenelemente der Decke mit einer Gesamthöhe von 70 cm
(dKLH-Platten: 14 cm; BS-Holz-Rippen: b/hmittlere Rippe: 20 cm x 56 cm; b/hRandrippe: 12 cm x 56 cm). Dabei sind die Platten der rund 10,50 m bzw. 5,20 m langen Rippenelemente auf den Stahl-Längsträgern aufgelegt. Die Rippen selbst wurden vom Stahlträger abgesetzt. Sie enden etwa 10 cm vor den Stahlträgern, sind dann aber über Vollgewindeschrauben an die KLH-Brettsperrholz-Decke hochgehängt, sodass die Lasten auf die Rippen über die Schrauben in die Decke und von dort in die Stahlträger eingeleitet werden können. Diese Sonderkonstruktion haben die Planer speziell für die großen Felder, bei denen hohe Lasten abzutragen sind, entwickelt. Durch die eine schräg verlaufende Längsseite des Sportcourts ergibt sich über die äußere Stützenreihe hinaus ein auskragender Bereich mit zunehmender Kraglänge. Hierfür wurden die Anschlüsse entsprechend lastbezogen modifiziert.

Dynamische Lasten durch Springen oder Beschleunigen und Abbremsen beim Laufen waren beim Sportcourt vernachlässigbar. Auch der Schwingungsnachweis wurde bei den Dimensionen der Konstruktion ohne weiteres eingehalten. Einen kritischen Punkt stellte eher die Horizontalaussteifung dar. Zwar sind die KLH-Platten der Rippenelemente auf der Oberseite über Koppelbretter zu einer Scheibe verbunden, aus den 5 m hohen Ballfangnetzen aus Edelstahlgeflecht resultierten jedoch so große Windlasten, dass diese über Stahlauskreuzungen in den Stützenebenen aufgenommen werden mussten – je zwei pro Längsseite, eine im letzten und eine im vorletzten Feld, sowie drei quer dazu. Gleichzeitig haben die Planer die Konstruktion über Winkel und Vollgewindeschrauben an dem Plattform-Unterbau für die Umkleiden und die Räume für die hausmeisterlichen Tätigkeiten angebunden. Unter dem Strich ließ sich damit die erforderliche Mindeststeifigkeit erreichen.

Die Pendelstützen sind statisch ausgenutzt
Um die Stützen optisch filigraner erscheinen zu lassen, sind sie konisch geformt und verjüngen sich von oben nach unten. Dabei sind die Abmessungen der BS-Holz-Stützen mit einer Breite von 20 cm und einer Tiefe von 28 cm (unten) bzw. 56 cm (oben) sowie einer variablen Höhe von plus/minus 3,40 m (GL 24h) – je nach Position aufgrund des Dachgefälles – so gewählt, dass sie die Kräfte ohne Knicken aufnehmen können.

Die Stützen aller Plattformen sind als Pendelstützen ausgeführt, das heißt, sie sind oben und unten gelenkig angeschlossen. Dabei sorgen unten eingeklebte Gewindestangen für die Verankerung der geschweißten Stützenfüße in der Pi-Platten-Decke des Parkdecks, Schlitzbleche und Stabdübel oder Bolzen für den Anschluss an die BS-Holz-Stützen.

Heißbemessung für F30 und Verschalungen für den Witterungsschutz
Die aufgeständerten Plattformen hatten eine Feuerwiderstandsklasse von F30 zu erfüllen, was eine Heißbemessung ermöglichte, sodass das Holz bei Feuer rundum abbrennen kann und die Kohleschicht den tragenden Kernquerschnitt dann für 30 Minuten wie ein Mantel schützt.

Auch bei den Stahlauskreuzungen machte eine Heißbemessung F30 möglich. Dabei wurden die Durchmesser der hochfesten Zugstäbe (HMR Jacob, Stahlgüte S750) so groß dimensioniert, dass sie einem Feuer mindestens 30 Minuten standhalten, bevor sie ihre Tragfähigkeit verlieren. Hierzu nutzten die Tragwerksplaner ein Nachweisverfahren aus dem Stahlbau.

Für den Witterungsschutz der Randstützen und -Träger sorgen Holzschalungen und -bekleidungen. Als Opferschicht können sie bei Bedarf ausgetauscht werden. Auch die BS-Holz-Randträger der Plattform-Umrandungen erhielten seitlich Dreischichtplatten aus Lärchenholz, die sich entsprechend erneuern lassen.

Hoch-Zeit des Business & Beach Campus steht kurz bevor
Der neue Business & Beach Campus findet seit seiner Fertigstellung viel Beachtung – sowohl bei den Mitarbeitern der Sprintis Schenk GmbH & Co. KG selbst als auch im Umfeld. Zwar konnten die Möglichkeiten auf den drei Holz-Inseln coronabedingt 2020 nur bedingt ausgeschöpft werden, dafür ist sie seit dem Sommer 2021 umso frequentierter und ein beliebter Treffpunkt.

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