Betoninstandsetzung in einem Jugendstil-Gebäude

Geschichte in neuem Glanz

Deutsches Ingenieurblatt 05/2020
Objekte

Als repräsentativer fünfgeschossiger Massivbau am Prinzregentenufer fällt das ADAC-Haus im Zentrum von Nürnberg schon von weitem ins Auge. Unter dem abgewalmten Satteldach und der verputzten Gebäudehülle verbirgt sich der erste Eisenbetonbau der Stadt. Im Zuge umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen wurde das geschichtsträchtige und unter Denkmalschutz stehende Wohn- und Geschäftshaus vor kurzem umfassend saniert. Bei der komplexen Betoninstandsetzung der Dach-Hülle in den neuausgebauten Dachgeschoss-Wohnungen kamen innovative Bautenschutz-Produkte zum Einsatz.

1907 nach Plänen von Peringer und Rogler erbaut, galt das fünfgeschossige und dreiflügelige Eckhaus in der Straße Prinzregentenufer in Nürnberg schon früh als echte Perle des späten Jugendstils. 1920 hatte die jüdische Fabrikantenfamilie Baer das Haus erworben.
Kurz nach dem Tod von Familienoberhaupt Adolf Baer nahmen die Nationalsozialisten das Haus ein und enteigneten die Familie, die wenig später nach Amerika floh. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahmen die amerikanischen Besatzer das Gebäude und verkauften es schließlich 1953 an den ADAC. Heute befinden sich in dem Komplex mehrere Geschäftsräume sowie großzügige Wohneinheiten.

Historisches Flair durch Sichtbetondecken

Da vor allem der Beton des über 100 Jahre altenGebäudes im Innenbereich sowie auch an der Fassade umfangreiche Schadstellen und Risse aufwies, entschied sich der Bauherr zu einer umfangreichen Sanierung unter Berücksichtigung der strengen Auflagen des Denkmalschutzes.
Während der Maßnahmen wurde auch das Steildach komplett neu gedeckt.
Als besondere Herausforderung erwies sich dabei die Restaurierung der historischen Eisenbetondecken in den mit 130 und 230 Quadratmeter Fläche sehr großzügig geplanten Wohnungen im Dachgeschoss. Hier setzten die Planer von bmnp Architekten (Nürnberg) und vom Ingenieurbüro isn2 (Nürnberg) auf das Know-how von Bautenschutz-Spezialist Remmers. Dazu erklärt die verantwortliche Architektin Katja Rauth: „Das Steildach des Gebäudes war bereits vor vielen Jahren schon einmal neu gedeckt worden, jedoch wurde dabei auf eine Dämmung verzichtet. Daher wurde die Lattung bei den Arbeiten an unzähligen Stellen komplett durchschossen, so dass im Inneren an der gesamten Decke unschöne Abplatzungen und Popouts entstanden sind.
Zudem waren durch die Nägel zahlreiche Korrosionsschäden im Beton sichtbar.“ Um die sich wie ein Segel über die Wohnung spannenden Dach- und Deckenkonstruktionen originalgetreu wiederherzustellen und so den historischen Charme wieder aufleben zulassen, erarbeiteten die Experten von Remmers in Abstimmung mit dem Bauherrn, der Denkmalschutzbehörde, dem Architekturbüro bmnp und dem Büro isn2 unterschiedliche Sanierungskonzepte. Die Entscheidung fiel schließlich auf eine aufwändige und hochwertige Reprofilierung der gesamten Deckenflächen.

Die Betoninstandsetzung im Überblick

Zunächst gingen die Verarbeiter der Bau Kaiser GmbH (Nürnberg) an die Vorbehandlung der Deckenflächen. Statisch tragende Unterzüge und Betonstützen wurden eisgestrahlt.
Anschließend wurden die entrosteten Bewehrungsstähle zur Herstellung eines wirksamen Korrosionsschutzes mit einer Kombination aus einem Schnellreparaturmörtel, einer Haftbrücke und einem Rostschutz behandelt. Danach erfolgte die filigrane Reprofilierung der oberflächenrauen Flächen mit einem speziell für statisch und dynamisch beanspruchte Bereiche entwickelten Schnellreparaturmörtel.
Dabei besserten die Verarbeiter jede einzelne Schadstelle des Sichtbetons fachgerecht aus.
Im Anschluss daran galt es, die Sichtfläche sozu vereinheitlichen, dass die Betonsanierung kaschiert wird, ohne dass die Farbspiele und die historische Feinstruktur des Betons verloren gehen. Dies erledigten die Verarbeiter in aufwändiger Detailarbeit mit einem PCCF einspachtel.
Abschließend erfolgte die Lasur des Sichtbetons mit der Silikonharzfarbe Color LA Fill Historic. Um die Optik des Betons bestmöglich zu erhalten, wurde die Lasur zuvor mehrfach bemustert und der Grad der Verdünnung variiert. Uwe Kohl von Remmers hebt die hohen Anforderungen des Projekts hervor: „Bei der Betonsanierung waren nicht zuletzt aufgrund des Denkmalschutzes und der hohen Qualitätsansprüche des Bauherrn größte Präzision und umfangreiches Fachwissen gefragt.
Jede einzelne Schadstelle wurde entsprechend der Struktur der historischen Bretterschalung reprofiliert. Dazu kam, dass die kompletten Arbeiten an der Decke über Kopf erledigt werden mussten. Das war ein echter Kraftakt für die Verarbeiter.“
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die zwei exklusiven Wohnungen im Dachgeschoss erstrahlen seit einiger Zeit in neuestem Glanz und vereinen den Charme des vorigen Jahrhunderts mit moderner Innenarchitektur der Gegenwart.

Bautafel

Projekt: ADAC-Haus, Nürnberg
Bauherr: ADAC Nordbayern e.V.
Remmers: Remmers Fachplanung /Uwe Kohl
Planer: baum meyer nagel + partnerarchitekten.innenarchitekt mbB, Nürnberg
Fachplaner Betoninstandsetzung und Statik: Ingenieurbüro Schöppler
Noack Neger (isn2), Nürnberg
Verarbeiter: Bau Kaiser GmbH, Nürnberg
Fertigstellung: Oktober 2018

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