Den Qualitätsanspruch für die Zukunft sichern

65. Bundesingenieurkammer-Versammlung

Deutsches Ingenieurblatt 12/2019
Kammer

Zweimal jährlich nehmen die Delegierten aller Länderingenieurkammern an der Bundesingenieurkammerversammlung (BKV) teil. Das höchste Beschlussorgan der deutschen Ingenieure entscheidet über Leitlinien der Berufspolitik und beschließt den BIngk-Haushalt. In diesem Herbst fand die zweite BKV für dieses Jahr am 11. Oktober 2019 in Düsseldorf statt. Am Vorabend hatte die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfahlen ihr 25-jähriges Jubiläum mit einem Festakt gefeiert und aus diesem Grund dazu eingeladen, in Düsseldorf zu tagen.

Es war auch auf dieser BKV eines der Hauptthemen: das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 zur Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Trotz zahlreicher – u.a. auch von der BIngK – beigebrachter Gutachten hatte der EuGH darin die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gekippt. Bundesingenieurkammerpräsident Hans-Ullrich Kammeyer informierte die Anwesenden darüber, dass die Planerorganisationen des „Berliner Verbändegesprächs“ ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet haben. Darin sprechen sie sich dafür aus, das EuGH-Urteil zweistufig umzusetzen: In der ersten Stufe soll eine Anpassung der HOAI nach dem Modell der Steuerberatervergütungsverordnung vorgenommen werden. Vorgesehene Honorare nach HOAI gelten nur dann nicht, wenn etwas anderes ausdrücklich vereinbart wird; der Regelsatz gilt hier als Regelgebühr.
In einer zweiten Stufe müssen jetzt die formalen, berufspolitischen und politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die rechtlichen Lücken zur Herstellung von Kohärenz zu schließen. In der Konsequenz soll das dann zur Wiederherstellung der Verbindlichkeit der Mindestsätze führen. Das Ziel ist die stärkere Durchsetzung der vom EuGH anerkannten Notwendigkeit qualitätssichernder und verbraucherschützender Elemente bei Planungsleistungen.
Auch das BIngK-Vorstandsmitglied Sylvia Reyer-Rohde unterstrich: „Wir sollten den Qualitätsanspruch vorantreiben. Dieser Auftrag liegt nun höchstrichterlich vor. Und auch die HOAI als Gebührenordnung ist vom EuGH bestätigt worden.“ Die Empfehlung der am Bau Beteiligten sieht demnach vor, an der HOAI als Verordung festzuhalten.
Die Delegierten sprachen sich während der Veranstaltung einstimmig dafür aus, sich für einen gesetzlichen Rahmen mit einem Mittelsatz als Regelsatz einzusetzen sowie für einen Angemessenheitsvorbehalt und die Rückführung der 2009 ausgegliederten Leistungen der Anlage 1. Darüber hinaus appellierte Hans-Ulrich Kammeyer an alle Planer, sich nicht auf einen ruinösen Preiswettbewerb einzulassen. Er betonte, dass Qualität ihren Preis habe. Dies gelte ganz besonders für Ingenieurleistungen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben zwischenzeitlich einen Erlass zur Anwendung der HOAI nach dem Urteil des EuGH für ihre Geschäftsbereiche veröffentlicht. Darin stellen die Bundesministerien ebenfalls klar, dass bei Verträgen, die vor der Urteilsverkündung geschlossen wurden, weiterhin von der Wirksamkeit auszugehen ist – „auch, soweit bei der Vergabe und dem Vertragsschluss von der verbindlichen Geltung der Mindest- und Höchstsätze ausgegangen wurde.“ Reyer-Rohde vertritt die Bundesingenieurkammer seit Jahren auf Bundesebene in allen wichtigen Ressorts und Gremien.

Die weitere Entwicklung der HOAI begleiten BIngK, BAK und AHO in enger Abstimmung mit den zuständigen Ressorts der Bundesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden. Passend zu dem Thema Qualitätssicherung wurden während der BKV auch die Empfehlungen zur Bauvorlageberechtigung und zum Standsicherheitsnachweis vorgestellt. In Abstimmung mit den Länderingenieurkammern hat sich die BIngK zu den Vorschlägen der Argebau positioniert und das Anliegen grundsätzlich begrüßt. Künftig sollen für die Ausübung bestimmter sicherheitsrelevanter Ingenieurtätigkeiten besondere Qualifikationsanforderungen erforderlich und in der Musterbauordnung (MBO) verankert sein. Die Kontrolle der Einhaltung dieser Qualifikationsanforderungen sowie notwendiger weiterer berufsrechtlicher Pflichten bedarf aus Sicht der BIngK zwingend einer obligatorischen Mitgliedschaft der betreffenden Planer in den Ingenieurkammern der Länder. Ist das nicht gegeben, kann es künftig zu einem Durchsetzungsproblem kommen. Angeregt wurden außerdem weitere Änderungen inhaltlicher Art, die im Verfahren eng zwischen Argebau, BIngK und den Länderingenieurkammern abgestimmt werden.

Desweiteren wurde über die aktuellen Entwicklungen des Berufsbildungsmodernisierungsgesetzes (BBiMoG) berichtet. So konnte auf der BKV diesbezüglich zumindest ein Teilerfolg vermeldet werden. Denn die Länder im Bundesrat hatten in den Ausschussempfehlungen explizit von der Verwendung der strittigen Berufsbezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ abgeraten.
Der Vorschlag des Bundesrats lautete stattdessen, die Begriffe „Junior/Senior-Professional“ einzuführen. Bedauerlicherweise ist der Bundestag bei der Überarbeitung des BBiMoG den Empfehlungen des Bundesrats nicht gefolgt. Daher ist eine erneute Befassung des Bundesrats notwendig. Die BIngK dankt in diesem Zusammenhang allen Kammern, die sich entsprechend mit einem Appell an ihre zuständigen Ministerien gewandt haben, und ruft erneut dazu auf, gegenüber den zuständigen Ministerien und/oder den Ministerpräsidenten noch einmal entsprechend zu intervenieren.

Neuer Beirat für Erd- und Grundbau

Die BIngK unterhält einen Beirat für Erd- und Grundbau, der für die staatlich anerkannten Sachverständigen nach Bauordnungsrecht (§§ 32 ff. M-PPVO) die fachliche Beurteilung der Antragsteller durchführt und mit dem Antragsverfahren Empfehlungen zu deren fachlicher Eignung an die jeweiligen Anerkennungsstellen der Länder ausspricht.
Am 3. Juli 2019 fand in Berlin die konstituierende Sitzung des neuen Beirats statt, der aufgrund des altersbedingten Ausscheidens einiger Beiratsmitglieder neu besetzt wurde. Als neuer Vorsitzender des Beirats wurde Dr.-Ing. Jens Mittag (Berlin) gewählt. Als stellvertretender Vorsitzender wurde Prof. Dr.-Ing. Dietmar Placzek (NRW) bestätigt.
Der Beirat, dessen Neubesetzung in Abstimmung mit der Fachkommission Bautechnik der Argebau erfolgt, setzt sich künftig wie folgt zusammen:

  • Dr.-Ing. Jens Mittag (Vorsitzender)
  • Prof. Dr.-Ing. Dietmar Placzek (stellv. Vorsitzender)
  • Dipl.-Ing. Peter Bahnsen
  • Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley
  • Prof. Dr.-Ing. Matthias Vogler

Mit dem neuen Beirat wird durch das Anerkennungsverfahren auch in Zukunft eine hohe Qualifikation der anerkannten Sachverständigen für den Erd- und Grundbau sichergestellt.

BIM auf Bundesebene

Die von der BIngK mitinitiierte planen-bauen 4.0 GmbH hat den Zuschlag für den Betrieb des Nationalen BIM-Kompetenzzentrums erhalten. Auftraggeber sind das Bundesverkehrs- und das Bundesbauministerium. Inhaltlich soll sich das Kompetenzzentrum vor allem folgenden Aufgaben widmen:

  • Qualitätssicherung und Koordination der BIM-Aktivitäten,
  • Entwicklung und Umsetzung einer einheitlichen Normungs- und open-BIM-Strategie,
  • Aufstellung von Aus- und Fortbildungskonzepten,
  • Erarbeitung von Anforderungen und Benchmarks und
  • Einrichtung und inhaltliche Pflege eines BIM-Portals mit Datenbank, Prüfwerkzeugen und BIM-Objekten.

Die BIngK ist über die Mitwirkung im Aufsichtsrat sowie weiteren Arbeitskreisen eng in die Aktivitäten und Vorhaben des Nationalen BIM-Kompetenzzentrums eingebunden.
Eine andere Kooperation hat sich bereits als sehr erfolgreich erwiesen: Gemeinsam mit den Architektenkammern haben die Ingenieurkammern das Curriculum zum BIM-Basiskurs („BIM Standard Deutscher Architekten- und Ingenieurkammern“) entwickelt. Dieser hatte auch die Übernahme der Fort- und Weiterbildung von Mitarbeitern der Auftragsverwaltungen des Bundes zum Inhalt. Aufgrund der guten Ergebnisse wird die Zusammenarbeit jetzt bei der Entwicklung des Fort- und Weiterbildungskurses „BIM Professional“ fortgesetzt. Ziel ist die Erarbeitung eines Curriculums bis Ende 2019; die zugrundeliegende Richtlinie bS/VDI 2552 Bl.8.2 soll Ende 2019/Anfang 2020 veröffentlicht werden. Den Länderingenieurkammern wird im Anschluss das Curriculum zum BIM Professional als Vorlage zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus zeichnet sich auch eine weitere Fortsetzung und Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem BMI und dem Amt für Bundesbau (ABB) ab. Derzeit wird geprüft, ob die zu entwickelnden Fort- und Weiterbildungsangebote der Länderingenieurkammern auch von den Bediensteten der Auftragsverwaltungen des Bundes (ganz oder teilweise) in Anspruch genommen werden können oder ob unter Umständen sogar die Entwicklung eines gemeinsamen Labels mit dem Bundeshochbau möglich ist.
Ein seit langem intensiv diskutiertes Thema ist der digitale Bauantrag. Neben zahlreichen Pilotvorhaben in den einzelnen Ländern, Landkreisen und einzelnen Kommunen, gibt es auf Bundesebene ein durch den IT-Planungsrat initiiertes Modellvorhaben, das zugleich eines der Referenzprojekte des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist. Hiernach soll der gesamte Bauantragsprozess über ein zentrales Zugangsportal digital abgebildet werden. Hauptansprechpartner im Hinblick auf die Umsetzung ist dabei die Leitstelle XPlanung/XBau in Hamburg. Federführend sind die Länder Mecklenburg-Vorpommern als Flächenland und Hamburg als Stadtstaat.
In einem bereits existierenden Musterprozess sieht dieser ab einer bestimmten Stufe die automatisierte Abfrage der Bauvorlageberechtigung vor. Martin Falenski, BIngK-Hauptgeschäftsführer, appellierte an die Anwesenden, bei dieser Art von Projekten frühzeitig aktiv mitzuarbeiten und ihre Expertise einzubringen. „Die Leitstelle XPlanung/XBau ist sehr an einer Zusammenarbeit interessiert“, betonte Falenski. Ein Vertreter der Leitstelle hat aus diesem Grund an der letzten Konferenz der Geschäftsführer der Länderkammern teilgenommen und den Musterprozess dort vorgestellt. Die Aufgabe der Ingenieurkammern müsse nun sein, die von ihnen verwalteten Daten der Bauvorlage berechtigten dem IT-Planungsrat über eine Schnittstelle zur Verfügung zu stellen– idealerweise in Zusammenarbeit mit den Architektenkammern. Hierzu wird es zeitnah eine übergeordnete Projektgruppe geben, die diese Form der Zusammenarbeit konkretisieren soll und die die weiteren Schritte der Umsetzung begleitet. „Ungeachtet dessen“, so der BIngk-Hauptgeschäftsführer weiter, „sollten sich die Kammern und ihre Mitglieder darüber hinaus auch in die regionalen Pilotvorhaben einbringen.“ Unterstützt wurde er dabei von Wilhelmina Katzschmann, der Vizepräsidentin der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz. Sie richtete deutliche Worte an die Versammlung und hob hervor, dass sie in zahlreichen Arbeitskreisen und Gremien häufig die einzige Ingenieurin sei. Andere Berufsgruppen aus dem Baubereich seien zahlenmäßig stark vertreten – die Ingenieure hingegen würden häufig nur durch einige wenige Engagierte repräsentiert. Und sie rief dazu auf, dass alle Ingenieure sich stärker einbringen müssen, wenn sie mitgestalten und gehört werden wollen.

Vergaberecht:
Rügerecht der Kammern

Der Vorsitzende des Arbeitskreises Vergabe und 2. Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, Dr.-Ing. Werner Weigl, informierte die Anwesenden über den aktuellen Stand zum Thema Rügerecht. Er berichtete, dass sich der Arbeitskreis – im Auftrag der 64. BKV – intensiv mit der Frage beschäftigt habe, ob und inwiefern ein Rügerecht ein geeignetes Mittel sein könnte, um Einwände der Kammern in einem Vergabeverfahren außerhalb eines förmlichen Rechtsschutzverfahrens gegenüber Auftraggebern anzubringen.
Nach Abwägen der Vor- und Nachteile empfehle der Arbeitskreis, ein Rügerecht der Kammern lediglich für die erste Verfahrensstufe nach Veröffentlichung der Bekanntmachung. Für eine Klagemöglichkeit der Kammern nach einer Eröffnung des Bieterverfahrens bestand im Arbeitskreis keine Mehrheit. Darüber hinaus sei man sich einig gewesen, dass vor einer politischen Forderung zu diesem Thema unbedingt eine Abstimmung mit den anderen Kammern/Verbänden durchzuführen sei. Die Delegierten der 65. BKV beschlossen mit vier Enthaltungen und keiner Gegenstimme, ein Rügerecht der Kammern für die erste Verfahrensstufe nach Veröffentlichung der Bekanntmachung anzustreben. Damit solle jedoch explizit keine Pflicht zur Rüge durch die Kammer verbunden sein.

Die Arbeit der BIngK in politischen Gremien

Die BIngK hat am 28. Mai 2019 dem BMWi eine Stellungnahme zum Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes übermittelt. Nach ihrer Auffassung lässt sich das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 auf Grundlage des festgeschriebenen Niveaus der energetischen Anforderungen von 2016 nicht erreichen. Die BIngK spricht sich ferner kritisch zu den Vollzugsreglungen sowie zur Erweiterung des Kreises der Ausstellungsberechtigten für den Energieausweis aus.
Am 23. Oktober 2019 hat das Bundeskabinett den vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie und vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat vorgelegten Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen.
Die BIngK hat sich sowohl beim Wohngipfel als auch in der Baukostensenkungskommission für die Einführung einer Folgekostenabschätzung in der Normung eingesetzt. Baustaatssekretärin Anne Katrin Bohle (BMI) hat gegenüber der BIngK ebenfalls die Implementierung einer Folgekostenabschätzung angekündigt. Hierzu hat das BMI ein Forschungsvorhaben zur „Prüfung der Kostenauswirkungen von Baunormen auf den Wohnungsbau und Einsparpotenziale – Umsetzung von Empfehlungen der Baukostensenkungskommission“ ausgeschrieben. Gegenstand der Ausschreibung sind insbesondere die Konzeptionierung einer unabhängigen Stelle zur Begrenzung der Folgekosten durch die Normung sowie die Simulation des Aufgabenspektrums dieser Stelle. Das Forschungsvorhaben hat im Herbst begonnen, soll eine voraussichtliche Laufzeit von zwei Jahren haben und von einem Begleitkreis unterstützt werden. Auf Bitte des BMI wird auch die BIngK daran teilnehmen.

Ingenieure in Europa

Bis zuletzt gab es bei den Verhandlungen über die Reform des Notifizierungsverfahrens – einer der verbleibenden Vorschläge aus dem im Januar 2017 vorgestellten Dienstleistungspaket– keinerlei Fortschritte. Insbesondere gegen das abschließende Beschlussrecht, dass die Europäische Kommission (KOM) für sich beanspruchte, regte sich massiver Widerstand bei der Mehrheit der Mitgliedsstaaten.
Dieses würde die KOM in die Lage versetzen, ohne den „Umweg“ über den EuGH nationale Gesetzgebungsvorhaben der Mitgliedsstaaten endgültig verhindern zu können. Neu ist, dass die Europäische Kommission offensichtlich dazu übergeht, das schon jetzt nach der Dienstleistungsrichtlinie geltende Notifizierungsverfahren (Art. 15 Abs.7 DL-Richtlinie) aus ihrer Sicht „operabler“ auszugestalten.
Faktisch beansprucht die KOM damit jedoch z. T. Befugnisse, die ihr im Trilogverfahren von den Mitgliedsstaaten im Rat verwehrt wurden und die sie nun unter dem Mantel der besseren Operabilität – quasi durch die Hintertür –dennoch einfordert bzw. umsetzt. Dies geht aus einem Arbeitspapier der KOM hervor, das beim jüngsten Treffen der Expertengruppe zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie vorgestellt wurde. Die „operativen Anpassungen“ sind bereits seit dem 1. Juni 2019 in Kraft. Auf dieser Expertensitzung haben 20 der 28 Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Ansinnen der KOM klar zum Ausdruck gebracht. Dessen ungeachtet scheint sie aber offenkundig gewillt, es bewusst auf einen Konflikt mit den Mitgliedsstaaten – auch notfalls vor dem EuGH– ankommen zu lassen. So hat sie Fälle angekündigt, an denen das neue Verfahren zeitnah durchexerziert werden solle. Sollte der EuGH die Auslegung bzw. das Vorgehen der KOM billigen, erhofft sie sich darüber Schützenhilfe für die festgefahrenen Verhandlungen zur Reform des Notifizierungsverfahrens.
Ungeachtet dessen ist das Beispiel „Dienstleistungspaket“ sehr gut geeignet, darzustellen, was gebündelte und koordinierte Interessenvertretung zu leisten imstande ist. Von den drei ursprünglichen Legislativvorschlägen der KOM konnte eines, die Dienstleistungskarte, ganz verhindert und die übrigen soweit korrigiert werden, dass die aus Sicht der deutschen Freiberufler strittigsten Punkte zum großen Teil weggefallen sind.
Am 5. Juni 2019 hatte die Europäische Kommission außerdem ihre länderspezifischen Empfehlungen veröffentlicht. Damit reagiert sie im jährlichen Turnus formal auf die jeweiligen Rückmeldungen der Mitgliedsstaaten auf die nationalen Reformprogramme. Sie werden anschließend im Rat der EU behandelt. Wie in den Vorjahren vertritt die KOM die Auffassung, dass die Wettbewerbsschranken bei den (Unternehmens-) Dienstleistungen in Deutschland nach wie vor zu hoch seien. Explizit genannt wird hierbei auch das Ingenieurwesen, bei dem „rechtliche Beschränkungen wie Exklusivitätsrechte und Preis- und Gebührenordnungen“ den Wettbewerb aus Sicht der KOM behindern würden. Sie ist daher der Überzeugung, dass wettbewerbsfördernde Änderungen erhebliche positive Auswirkungen auf „Effizienz und Wirksamkeit von Investitionen und Wirtschaftstätigkeit“ haben würden. Es steht insgesamt nicht zu erwarten, dass die KOM in ihren Bemühungen nachlassen wird, die aus ihrer Sicht wettbewerbsbeeinträchtigenden regulatorischen Anforderungen bei den Freien Berufen in Deutschland anzugreifen. Neben den bereits laufenden bzw. abgeschlossenen Vertragsverletzungsverfahren wegen der Mindest- und Höchstsätze der HOAI, der Auftragswertberechnung nach § 3 Abs. 7 VgV und der (vermeintlich) fehlerhaften Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie sind der KOM nach eigener Aussage bspw. auch Anforderungen im Hinblick auf Kapitalbeteiligungsgrenzen oder auch Rechtsformvoraussetzungen in Deutschland ein Dorn im Auge. Interessant werden in diesem Zusammenhang die weiteren Entwicklungen im Nachgang zum Urteil des EuGH-Verfahrens C-209/18 sein, in dem die KOM Österreich wegen des Festhaltens an den entsprechenden Anforderungen des österreichischen Ziviltechnikergesetzes (ZTG) vor dem EuGH verklagt und obsiegt hat. Diese monierten Anforderungen entsprechen zum Teil denen in Deutschland. Insofern bleibt abzuwarten, auf welche Regelungen sich KOM und Österreich hier nun verständigen. Je nachdem, wie diese Verhandlungen ausgehen, kann das Ergebnis als Indiz dafür gesehen werden, dass auch Deutschland demnächst vor einem ähnlichen Verfahren steht.
Die Empfehlung des Rats zum nationalen Reformprogramm Deutschland 2019 kann auch auf der BIngK-Website (www.bingk.de) nachgelesen werden.

Ingenieurleistungen sichtbar gemacht

Am 22. November 2019 ist das von der BIngK herausgegebene Jahrbuch „Ingenieurbaukunst 2020 – Made in Germany“ erschienen. Das Jahrbuch wird auch in diesem Jahr vom Bauressort des BMI wieder mit einem Druckkostenzuschuss von 10.000 Euro gefördert.
Am 11. September 2019 ist der bundesweite Schülerwettbewerb „Junior.ING“ offiziell in seine 15. Runde gestartet. In diesem Jahr geht es darum, einen Aussichtsturm zu planen und als Modell zu bauen. Dabei ist neben der Tragkonstruktion auch eine Aussichtsplattform gefragt. Ausgeschrieben ist der Wettbewerb wieder in zwei Alterskategorien. Anmeldeschluss war der 30. November 2019. Weitere Informationen rund um den Wettbewerb sind auf der neu gestalteten Seite www.junioring.ingenieure.de zu finden.
Die Bundespreisverleihung findet am 12. Juni 2020 im Deutschen Technikmuseum in Berlin statt. Der Bundeswettbewerb steht erneut unter der Schirmherrschaft des BMI.
Auch die Deutsche Bahn vergibt wieder einen Sonderpreis für ein besonders innovatives Projekt. Der Wettbewerb wird von der BIngK sowie von 15 Länderkammern getragen.
Anfang des Jahres hatten die Bundesingenieurkammer und der Verband Beratender Ingenieure VBI zum achten Mal den Deutschen Brückenbaupreis ausgelobt. Bis zum Stichtag am 15. Oktober 2019 wurden 22 Fuß-/Radwegbrücken sowie 20 Straßen- und Eisenbahnbrücken für den Deutschen Brückenbaupreis eingereicht. Das sind erfreulicherweise 20 Prozent mehr Einreichungen als 2018.
Die erste Jurysitzung fand am 15. Oktober in Berlin unter der Leitung von Prof. Gero Marzahn (BMVI) statt. Die zweite Sitzung ist für Ende Januar geplant. Die Preisverleihung wird am 9. März 2020 in Dresden stattfinden. Der 2006 von BIngK und VBI ins Leben gerufene Deutsche Brückenbaupreis zählt zu den bedeutendsten Auszeichnungen für Bauingenieure in Deutschland und steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, das den Preis mit 60.000 Euro unterstützt.
Weitere Informationen gibt es unter

www.brueckenbaupreis.de.

Die nächste Bundesingenieurkammerversammlung wird im kommenden April in Berlin stattfinden.
Bei der Sitzung wird turnusmäßig der neue Vorstand der Bundesingenieurkammer für die nächsten vier Jahre gewählt.

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