Der Sound, der aus der Erde kommt

JazzHall in Hamburg

Deutsches Ingenieurblatt 06/2022
Hochbau
Bildung, Forschung und Kultur
Die Hamburger Kulturszene ist um einen atmosphärischen Konzertsaal reicher: die neue JazzHall am Alsterufer. Sie ist vorrangig auf die Bedürfnisse des Jazz-Studiengangs abgestimmt, bietet jedoch – weit über das reine Jazz-Format hinaus – allen Kunstformen eine Bühne. Zum Open-Air-Erlebnis wird die Spielstätte, wenn an milden Sommerabenden die Glasfassade vollständig geöffnet wird und die Zuschauer nicht im Saal, sondern auf den Sitzstufen des kleinen Amphitheaters ihre Plätze einnehmen. 

Bereits während der zweijährigen Bauphase hat die neue JazzHall am Ufer der Außenalster ihren Spitznamen erhalten: Maulwurfshügel. Grund dafür ist die außergewöhnliche topografische Lage des Veranstaltungsraums. Denn nur Richtung Alsterwiesen lugt er mit einer raumhohen Glasfassade aus dem Erdreich. Das eigentliche Gebäude bleibt unter einem mit Gras bewachsenen Hügel verborgen. Dass die neue Wirkungsstätte des Jazz-Studiengangs der HfMT Hochschule für Musik und Theater in Hamburg fast vollständig in die Erde eingegraben wurde, ist den beengten Verhältnissen auf dem Campus geschuldet. Auch durfte die Sicht auf den denkmalgeschützten Budge-Palais, der seit 1959 von der Hochschule genutzt wird und mit modernen Anbauten erweitert wurde, keinesfalls verdeckt werden.

Das Planungsbüro MPP Meding Plan Pro-jekt GmbH entwarf einen wasserundurchlässigen Stahlbetonbau mit Tonnengewölbe, der unmittelbar an die Tiefgarage des Campus angrenzt. Erschlossen wird der unterirdische Saal über eine Treppe, die mit 16 Stufen von der Hochschule hinab zur JazzHall führt. Zum Raumprogramm gehören neben dem rund 320 m² großen Veranstaltungsraum mit integrierter Bar, Bühne und zwei Rängen, die WC-Räume, ein Backstage-Bereich, das Bühnenlager und die Lüftungszentrale. Einen barrierefreien Zugang gewährt die Schleuse zwischen Tiefgarage und Bühne.

Atmosphärische Innenraumgestaltung
Geschwungene Holzrippen entlang der gerundeten Decke strukturieren den Raum und verleihen ihm eine einmalige Atmosphäre. Darüber hinaus sind die Rippen in Kombination mit den dazwischen liegenden Akustik-Elementen für die gute Klangqualität des Konzertsaals verantwortlich. Und auch die aufwendige Ton- und Aufnahmetechnik, die für Musiker unentbehrlich ist, konnte in den Rippen-Zwischenräumen optimal untergebracht werden.

Viel natürliches Tageslicht erhält die Jazz-Hall über die große Glasfassade direkt hinter der Bühne. Diese ließ sich aus zwei Gründen raumhoch verwirklichen: Zum einen fällt das Grundstück zu den Alsterwiesen sanft ab, zum anderen wurde das Erdreich vor der Glasfassade zusätzlich abgegraben und ein Amphitheater errichtet. Dort können sich auf sieben Terrassenstufen die Zuschauer niederlassen, wenn an milden Sommerabenden die Fassade fast vollständig geöffnet wird und sich die JazzHall in eine Open-Air-Bühne verwandelt.  

Jazz live erleben – mal drinnen, mal draußen
Damit sich die JazzHall-Bühne von zwei Seiten bespielen lässt, indem sich die Musiker einfach um 180 Grad drehen, wünschten sich die Planer eine Fassade mit beweglichen Glasflächen, die im geöffneten Zustand einen schwellenlosen Übergang zwischen Innen- und Außenraum erlauben. Die Wahl fiel auf das Schiebefenster cero von Solarlux, das explizit ausgeschrieben wurde. Zur Anwendung kam das cero III Schiebefenster mit sechs Schiebeflügeln in einer dreispurigen, barrierefreien Bodenschiene, integriert in eine Pfosten-Riegel-Konstruktion.

Stehen Open-Air-Veranstaltungen ins Haus, werden drei dieser beweglichen Fensterflächen nach links und drei nach rechts geschoben. Für die größtmögliche Öffnungsbreite von 9,30 m wurde auf eine sogenannte Wandtaschenfunktion zurückgegriffen: Dafür wird die Bodenschiene links und rechts so weit verlängert, bis die Schiebefenster als Pakete hinter den seitlichen Pfosten-Riegelfeldern geparkt werden können.  

Auf die passende Verglasung kommt es an
Eine weitere Besonderheit der Fassadenkonstruktion ist der Nutzung des Hauses als Konzerthaus geschuldet: Lärm soll nicht nur draußen bleiben, sondern der Schall soll auch nicht aus den Räumlichkeiten herausdringen. Die Lösung waren Funktionsgläser als kombinierte Wärme- und Schallschutzgläser mit Silence-Folien auf der Innen- und Außenseite. Mit diesem Aufbau ergibt sich eine Glasdicke von 54 mm und ein Flügelgewicht von 330 kg. Trotz dieses doch beeindruckenden Gewichts sind die cero Bauelemente mit ihren schmalen Rahmen- und Profilansichten so leichtgängig, dass sie sich mühelos manuell bedienen lassen. Auf einen motorischen Antrieb konnte komplett verzichtet werden. Ferner weisen die Schiebefenster einen erhöhten Einbruchschutz auf sowie einen hervorragenden Ug-Wert von 0,5 W/(m2K).

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