Der Stapel an dicken Brettern bleibt weiterhin groß

69. BKV: Listenharmonisierung, HOAI, Vergabe, Wettbewerbe

Deutsches Ingenieurblatt 05/2022

Viele Entscheidungen, die auf EU-Ebene getroffen werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen, unter denen Planen und Bauen vor Ort stattfindet. In einem föderal organisierten Staat wie Deutschland, in dem das Bauwesen zudem Ländersache ist, stellt dies eine enorme Herausforderung dar. Mit der Veröffentlichung der „Berliner Erklärung" setzt die Bundesingenieurkammer-Versammlung ein Zeichen für die Harmonisierung der Listenführung unter den 16 Bundesländern.

Alle sechs Monate treffen sich die Delegierten der Länderingenieurkammern, um berufspolitische Fragestellungen zu diskutieren und Initiativen abzustimmen. Die 69. Bundesingenieurkammer-Versammlung, die am 8. April in Berlin stattfand, war reich an Facetten – die Bundestagswahl im Herbst, die Entwicklungen bei der anstehenden Novellierung der HOAI, die Themen Vergabe und Öffentlichkeitsarbeit sowie nicht zuletzt auch die Aktivitäten der BIngK auf EU-Ebene sorgten für eine gut gefüllte Tagesordnung und für engagierte Diskussionen.

Bericht des Präsidenten
Zu Beginn der Tagung berichtete Präsident
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp über die vergangenen Monate. Sie waren in weiten Teilen geprägt von der Bundestagswahl im vergangenen Herbst und den damit verbundenen Änderungen im politischen Berlin. Sprich: Seitens der Bundesingenieurkammer und ihrer Repräsentanten wurden Gespräche geführt mit den neuen politischen Spitzen und den Ansprechpartnern auf Arbeitsebene in den für das Ingenieurwesen relevanten Ministerien.

In seinem Bericht betonte Bökamp, dass es der Bundesingenieurkammer gemeinsam mit weiteren Akteuren des Planens und Bauens gelungen sei, dass sich zahlreiche der in den gemeinsamen Wahlprüfsteinen formulierten Themen im Koalititionsvertrag wiederfänden – unter anderem die Verstetigung der Investitionsmittel im Infrastrukturbereich, die Förderung der Digitalisierung des Planungs- und Bauwesens sowie die nachhaltige Stärkung der freiberuflichen Strukturen in Deutschland.

Ihre Expertise brachte die BIngK beim Brückengipfel des Bundesverkehrsministeriums sowie im Bündnis für bezahlbares Wohnen des neu geschaffenen Bundesbauministeriums ein. Hinsichtlich der Förderung des klimagerechten Bauens intervenierte die BIngK nach dem kurzfristigen Stopp der KfW-Fördermaßnahmen zu Beginn des Jahres gemeinsam mit anderen Organisationen erfolgreich beim Wirtschaftsministerium und mahnte eine dauerhafte Förderperspektive als Grundlage verlässlicher Planungen im Hochbau an.

Harmonisierung der Listen: Berliner Erklärung
Breiten Raum nahm bei der 69. BKV die Diskussion über die Harmonisierung der von den Länderingenieurkammern geführten Listen ein. Dr. Frank Rogmann, der Vorsitzende des neu geschaffenen Arbeitskreises Listenharmonisierung, berichtete über das argumentative Dilemma, in dem sich die Ingenieurkammern auf EU-Ebene befänden. Eine große und nicht immer einfache Aufgabe sei es, in Brüssel das grundsätzliche Konstrukt „Freie Berufe" zu verteidigen und für einen leistungsfähigen Berufsstand zu werben, andererseits jedoch – aufgrund der föderalen Struktur Deutschlands – 16 Länderkammern zu vertreten, die in Sachen Listenführung, Listenbezeichnungen und Zugangsvoraussetzungen für diese Listen ein für viele Europäer verwirrendes, in jedem Fall jedoch uneinheitliches und nur schwer nachvollziehbares Bild abgäben.

Das Ziel des Arbeitskreises ist es daher, kontinuierlich auf eine Harmonisierung der in den Ländern geführten Listen und auf eine gegenseitige Anerkennung hinzuarbeiten. Dieses Ziel wird von allen Länderkammern einhellig verfolgt. Das zeigte, nach engagierter und umfassender Diskussion, das Abstimmungsergebnis: Die Delegierten beschlossen die Verabschiedung einer „Berliner Erklärung" (s. Info-Kasten), mit der die Bundesingenieurkammer-Versammlung ihren unbedingten Willen ausdrückt, auf bundesweit einheitliche Regeln zur Berufsausübung für Ingenieurinnen und Ingenieure hinzuarbeiten, und die hieran beteiligten Partner aus Politik und Gesellschaft auffordert, dieses Ziel aktiv zu unterstützen.

Dauerthema HOAI
Die im Vorstand für die HOAI zuständige Vizepräsidentin Sylvia Reyer-Rohde referierte über die Aktivitäten von Bundesingenieurkammer, Bundesarchitektenkammer und AHO hinsichtlich der HOAI. Die im Verbändegespräch geforderte Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure hat Einzug in den Koalitionsvertrag gehalten. Damit tickt allerdings auch die Uhr für einen ambitionierten Zeitplan, denn um das Thema bis zur letzten Bundesratssitzung dieser Legislaturperiode im Juni 2025 erfolgreich unter Dach und Fach zu bringen, ist noch viel zu tun. Aufgenommen werden soll in die künftige HOAI ein neues Leistungsbild für den städtebaulichen Entwurf. In angemessener Weise abgebildet werden sollen in den Neuregelungen auch die Themen „BIM" und „Nachhaltigkeit". Die Überarbeitung der Grundleistungen in nahezu allen Leistungsbildern ist bereits abgeschlossen. Der derzeitige Fokus der Arbeit liegt auf den Besonderen Leistungen, den Paragrafen zu den Leistungsbildern sowie den Objektlisten.

Ingenieurwettbewerbe
Angenommen wurde von den Delegierten ein Antrag der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau, der darauf abzielt, auf das Bundesverkehrsministerium einzuwirken, zwei derzeit veröffentlichte Leitfäden zur Durchführung von Ingenieurwettbewerben zu überarbeiten. Die Leitfäden weichen von der RPW 2013 ab und benachteiligen durch die in ihnen enthaltenen Empfehlungen Ingenieurinnen und Ingenieure bei ihrer Teilnahme an Wettbewerben. Nicht hinnehmbar, so die einhellige Meinung in der Diskussion während der BKV, – die Gespräche mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr sollen nun Abhilfe schaffen.

Weiterentwickelte Imagekampagne: Kein Ding ohne ING.
Der Geschäftsführer der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen, Christoph Spieker, stellte die Weiterentwicklung der Imagekampagne „Kein Ding ohne ING." vor (kdoi.de). Sie setzt auf den Grundlagen der ursprünglichen Kampagne auf, die die Tätigkeitsfelder von Ingenieurinnen und Ingenieuren erläuterte. Die neue Kampagne rückt nun die Akteurinnen und Akteure und ihre Werke, also „ING." und „Ding”, in den Mittelpunkt, skizziert Beweggründe für die Berufswahl, präsentiert Kompetenzen und dokumentiert Projekte. Die NRW-Kammer hat für diese Kampagne neben ihrer Website und Werbe-Produkten auch eine Vielzahl an öffentlichen Werbemaßnahmen geplant, wie beispielsweise großflächige Plakatierungen im öffentlichen Raum sowie an Baustellen – zahlreiche der vorgesehenen Maßnahmen können durch Kammermitglieder übernommen und individualisiert werden. Die ursprüngliche Kampagne wurde von einigen anderen Länderingenieurkammern sowie der Bundesingenieurkammer mit genutzt – laut Spieker wird derzeit geprüft, in wie weit dies auch mit der neuen Kampagne möglich sein wird.

Vorstand entlastet
Bei aller wichtiger inhaltlicher Arbeit geht es bei Bundesingenieurkammer-Versammlungen immer auch um Formales: Bei der Frühjahrssitzung steht die Entlastung des Vorstands an. Nachdem die Kassenprüfer ihren Bericht vorgetragen und keinerlei Beanstandungen an der Buchführung und der satzungsgemäßen Verwendung der Haushaltsmittel artikuliert hatten, erfolgte diese Entlastung auch durch die Delegierten der BKV.

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