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Jahresumfrage zur wirtschaftlichen Lage der Ingenieure und Architekten

Deutsches Ingenieurblatt 01-02/2018
Kammer
Jahresumfrage zur wirtschaftlichen Lage der Ingenieure und Architekten

Neue Studie zur wirtschaftlichen Lage von Architektur- und Ingenieurbüros lässt anhaltenden Aufschwung im Jahr 2018 erwarten.

Die wirtschaftliche Lage der Architektur- und Ingenieurbüros in Deutschland hat sich 2016 weiter  verbessert. Die Auslastung der Planungsbüros, ihre Gewinne und die Nachfrage nach Beschäftigten legten weiter zu. Insgesamt ergibt sich so ein überwiegend positives Gesamtbild für die Branche. Das sind die zentralen Ergebnisse der Jahresumfrage zur „Wirtschaftlichen Lage der Ingenieure und Architekten“, die der Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), die Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Verband Beratender Ingenieure (VBI) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Freie Berufe (IFB) an der Universität Erlangen-Nürnberg ermittelt haben.
Erfreulich ist zunächst die rege Beteiligung an der Jahresumfrage: Mit insgesamt mehr als 1700 Ingenieur- und Architekturbüros wurden deutlich mehr Umfrageteilnehmer erreicht als in den Jahren zuvor. Die Datenbasis für berufspolitische Rückschlüsse wird somit breiter und aussagekräftiger. Mit einer Verteilung von gut 40 Prozent Ingenieur- und knapp 60 Prozent Architekturbüros bildet die aktuelle Jahreserhebung zugleich die Struktur der Planerlandschaft in Deutschland sehr gut und nahezu repräsentativ ab. Im Fokus der Studie stehen vier Themenfelder, die das IFB wissenschaftlich intensiv unter die Lupe genommen hat: Die Bürostruktur der Ingenieure und Architekten, ihre Umsätze, ihre Kostensituation sowie Gewinne und Umsatzrenditen. Anhand der gewonnenen und analytisch aufbereiteten Daten lässt sich ein umfassendes Gesamtbild der wirtschaftlichen Entwicklung zeichnen. 

Bürostruktur: viele Kleinunternehmen in der Branche

Aufgefallen ist den Forschern zunächst, dass mehr als neun von zehn befragten Planungsbüros schon vor dem Jahr 2014 gegründet wurden. Der weitaus überwiegende Teil ist damit bereits seit einigen Jahren am Markt etabliert, zwischen Ost und West fallen keine Unterschiede auf. Hinsichtlich der Rechtsform von Ingenieur- und Architekturbüros indes schon: Während rund 70 Prozent Architekturbüros als Einzelunternehmen firmieren, liegt der Vergleichswert bei Ingenieuren mit einem Anteil von gut 40 Prozent deutlich darunter. Auf der anderen Seite gründen Ingenieure häufiger Personengesellschaften: Jedes vierte Ingenieurbüro wählt die Rechtsform der KG oder der GbR. Von den Architekten entscheidet sich hingegen nur jeder zehnte für diese Rechtsformen. Ausgewogenheit herrscht hingegen bei den Kapitalgesellschaften. Zwei von fünf Ingenieur- und Architekturbüros gründen eine GmbH oder AG.
Als nächstes bedeutsames Strukturmerkmal haben sich die Wissenschaftler die Unternehmensgrößen angesehen. Hierbei sticht sofort ins Auge, dass in gut einem Drittel der Büros nur eine Person – also der Inhaber selbst – tätig ist. „Darin spiegelt sich der hohe Anteil an Einzelunternehmen wider“, halten die Studienautoren fest. „Insgesamt zeigt sich, dass kleinere Büros mit bis zu fünf Personen weitaus häufiger im Architekturbereich angesiedelt sind.“ In Zahlen ausgedrückt: Rund 40 Prozent der Architekturbüros beschäftigen neben dem Inhaber keine weiteren Mitarbeiter (Ingenieurbüros: 23,1 Prozent). In weiteren gut 30 Prozent der Architekturbüros arbeiten zwar mehr als einer, höchstens aber fünf Beschäftigte. Insgesamt mehr als 70 Prozent der Architekturbüros bleiben so in einer Größenordnung von höchstens fünf Mitarbeitern. Der Vergleichswert bei den Ingenieuren liegt mit knapp unter der Hälfte erheblich niedriger. Spiegelbildlich finden sich festangestellte Ingenieure häufiger in großen Büros.
Bemerkenswert ist auch der folgende Befund: Kleine Büros beschäftigen nur selten freie Mitarbeiter und setzen stärker auf ihren eigenen Stamm an Festangestellten. 60 Prozent der Architektur- und 56 Prozent der Ingenieurbüros heuern gar keine „Freien“ an. Mit wachsender Bürogröße nimmt die Nachfrage nach freien Mitarbeitern für den flexiblen und projektbezogenen Einsatz jedoch zu. Eine sehr gute Nachricht: 90 Prozent der befragten Unternehmen rechnen für 2018 mit einem steigenden oder wenigstens stabilen Personalbedarf. Besonders für Ingenieure sind die Berufsperspektiven positiv. Mehr als 50 Prozent der Ingenieurbüros will dieses Jahr mehr Ingenieure einstellen. Die Nachfrage nach festangestellten Architekten wird nach Einschätzung von 40 Prozent der befragten Architekturbüros steigen. In der hohen Fachkräftenachfrage kommt die gute Auftragslage zum Ausdruck: Architekten und Ingenieure können sich über einen durchschnittlichen Auftragsbestand von neun Monaten freuen. Architekten sind dabei etwas besser aufgestellt als Ingenieure.

Büroumsätze: Erlöse pro Mitarbeiter legen zu

Die Analyse der Umsätze erlaubt weitere vertiefte Einblicke in die Branche und die aktuelle Verfasstheit der Unternehmen. Über alle Büros hinweg erwirtschaften die Beschäftigten im Schnitt einen Jahresumsatz von 93.000 Euro pro Kopf für ihr Unternehmen. Auffällig dabei: Bei Ein-Mann-Ingenieurbüros fällt der Umsatz mit 140.00 Euro pro Kopf mit Abstand am höchsten aus. Architekturbüros hingegen erzielen bei einer Bürogröße von 10 bis 50 Beschäftigten die höchsten Pro-Kopf-Umsätze (110.000 Euro), während es die Einzelkämpfer unter den Architekten „nur“ auf rund 85.000 Euro Jahresumsatz bringen. Hinsichtlich der Rechtsform sind signifikante Unterschiede erkennbar – der größte Umsatz pro Mitarbeiter wird in Personengesellschaften erlöst. Die Entwicklung ist positiv: Der Büroumsatz je Mitarbeiter insgesamt hat nach einer mehrjährigen Stagnationsphase infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2014 wieder zugelegt. Ein Blick auf die absoluten Zahlen gibt einen groben Anhaltspunkt für die Umsatzgrößen: Im Mittel erwirtschaften Architekten und Ingenieure Jahresumsätze von 1,1 Millionen Euro. Architekturbüros liegen im Schnitt bei gut einer halben Million Euro Jahresumsatz, Ingenieure bei knapp zwei Millionen.
Besonders interessant ist schließlich die Frage, welcher Umsatzanteil innerhalb der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) erwirtschaftet wird. Sie bildet schließlich das gesetzliche Regelwerk für die Berechnung der Entgelte für die Grundleistungen von Architekten und Ingenieuren. Nahezu 40 Prozent der Büros gaben an, ihre Leistungen ausschließlich innerhalb des Geltungsbereichs der HOAI abzurechnen. Hier zeigt sich indes ein markanter Unterschied zwischen Architekten und Ingenieuren: Nahezu die Hälfte (46,4 Prozent) der Architekten bewegen sich mit ihren Umsätzen ausschließlich innerhalb der HOAI, bei den Ingenieuren beläuft sich der Vergleichswert auf 22,6 Prozent (siehe auch Abb. 2).

Kostenstruktur: Personalausgaben überwiegen

Nach den Umsätzen hat sich das IFB die Kostenstrukturen in den Unternehmen genauer angesehen. Zentrales Ergebnis der Umfrage: Bruttogehälter und Sozialabgaben stellen im Mittel mit knapp 43 Prozent der Gesamtkosten (ohne Fremdleistungen) den größten Kostenblock für die Unternehmen dar. Auf dem zweiten Rang folgen Bruttogehälter für Inhaber und Geschäftsführer (33 Prozent) und mit deutlichem Abstand auf Platz drei die Sachkosten (20 Prozent). Das durchschnittliche Ingenieurbüro muss knapp 70 000 Euro im Jahr für jeden Mitarbeiter kalkulieren, das Architekturbüro kommt mit rund 57 000 Euro aus. Das erklärt sich unter anderem durch die höheren Gehälter für Ingenieure. Während ein Architekt mit zehn Jahren Berufserfahrung ein Bruttojahresgehalt von 56.000 Euro erwarten kann, verdient der Ingenieur mit gleicher Berufserfahrung im Mittel 60.000 Euro – im Vorjahresvergleich ein Plus von zwölf Prozent (Architekten: plus 8,6 Prozent).
Last but not least:
Der mittlere Stundensatz für einen Ingeni-eur/Architekten beträgt unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Jahresgehalts von 60.000 € ca. 95 €. Zur Erläuterung: Hierbei handelt es sich um den reinen Stundensatz für den Arbeitseinsatz (produktive Stunden). Hierin enthalten sind Unternehmensbedarf (10 %), Wagnis und Gewinn (5 %). Ingenieurbüros müssen über alle Betriebsgrößen hinweg höhere Kosten als ihre Architektenkollegen ansetzen. Ihr Gemeinkostenfaktor für die Kalkulation ist etwas höher.

Gewinne und Renditen: Es geht weiter aufwärts

Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Unterm Strich stellt sich die Gewinnsituation der befragten Unternehmen 2016 sehr erfreulich dar. Im Mittel erzielten die Büros einen Gewinn von 146.000 Euro vor Steuern. Die heute solide wirtschaftliche Gesamtsituation muss man allerdings auch als Normalisierung nach der Krise, als dringend notwendigen Nachhol-effekt nach den substanzzehrenden Jahren infolge der Wirtschaftskrise nach 2007 begreifen. Einen Verlust verkraften musste 2016 glücklicherweise nur jedes fünfte Unternehmen, der mit weniger als 25.000 Euro in aller Regel auch noch überschaubar ausfiel. Architekturbüros schlitterten allerdings häufiger in die Verlustzone als Ingenieure. Zugleich fielen die Gewinne vor Steuern bei den Ingenieuren höher aus als in den Architekturbüros. Einen aussagekräftigen Wert für die Gewinnsituation der befragten Büros stellt der Gewinn vor Steuern je Projektperson dar: In den Ingenieurbüros trägt jede Fachkraft im Schnitt 20.274 Euro zum Gewinn bei, in den Architekturbüros sind es 22.266 Euro.
Bei einer zentralen Kennziffer für den Unternehmenserfolg schnitten indes die Architekten am besten ab. Ihre mittlere Umsatzrendite stieg 2016 auf bemerkenswerte 25,2 Prozent – und lag damit über jener der Ingenieurbüros von 19 Prozent. Das hängt auch mit der Unternehmensgröße zusammen: Mit zunehmender Bürogröße fällt die Umsatzrendite kontinuierlich. Im Vergleich zum Vorjahr legte die durchschnittliche Umsatzrendite der Planungsbüros jedoch insgesamt von 15,6 auf 21,9 Prozent zu. Der positive Trend verstetigt sich: Seit 2010 ist die Umsatzrendite von damals 2,2 Prozent infolge der Wirtschaftskrise bis heute kontinuierlich gewachsen. Zur Einordnung: Grob zehn Prozent muss man abziehen, um zu einer realistischen Einordnung der Umsatzrendite zu gelangen – Unternehmensbedarf, Wagnis, Gewinn und Steuern sind bei den Umsatzrenditen schließlich noch nicht berücksichtigt.
Inzwischen geht es der Branche besser, das ist unübersehbar. Aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Jetzt ist es wichtig, dass die steigenden Gewinne auch in höhere Gehälter investiert werden – damit Planungsbüros für Architekten und Bauingenieure auch in Zukunft attraktive Arbeitgeber bleiben. Ein Vergleich etwa mit Rechtsanwälten zeigt, dass Architekten und Ingenieure in den planenden Büros keineswegs üppig verdienen. Nach den aktuellsten Zahlen der „STAR-Erhebung“ des IFB für das Jahr 2013 erwirtschaften Rechtsanwälte einen durchschnittlichen Honorarumsatz von 163.000 Euro pro Kopf und Jahr, die persönlichen Jahresüberschüsse beziffert der Report im Schnitt mit 80.000 Euro pro Anwalt. 

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