Ehemalige Produktionshalle erstrahlt im nachhaltigen Industrielook

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Deutsches Ingenieurblatt 3/2021
Objekte

Im Zuge von Um- und Neubaumaßnahmen ist auf dem Schüco Campus in Bielefeld ein hochmodernes neues Bürogebäude, das „Digital Hub One“, entstanden. Bei der Revitalisierung der ehemaligen Produktionshalle durch das Bielefelder Bau- und Immobilienunternehmen Goldbeck stand vor allem das Thema Nachhaltigkeit im Vordergrund. Die Innengestaltung nach New-Work-Prinzipien schafft Raum für flexibles und kreatives Arbeiten.

Im ehemaligen Gebäude G auf dem Bielefelder Schüco-Campus ist einiges passiert: Noch bis vor wenigen Jahren diente das Objekt einem Zulieferer für Automobil- und Maschinenhersteller als Produktionshalle. Nun steht hier das „Digital Hub One“. Innerhalb von nur 15 Monaten wurde die Produktionshalle in ein zeitgemäßes Bürogebäude im modernen Industrielook verwandelt.

Aufgrund der guten Substanz des Objekts und des erhaltenswerten Industriecharmes stand eine Revitalisierung des Produktionsgebäudes von Anfang an außer Frage.

Offene, hochwertig ausgebaute Büroflächen nach New-Work-Prinzipien sollten dem Gebäude zu neuer Funktionalität verhelfen und gleichzeitig möglichst viel Historie der alten Produktionshalle erhalten.

Die Unternehmen Schüco und Goldbeck, die gemeinsam bereits andere Gebäude in Bielefeld realisiert haben, legten für die Revitalisierung gemeinsam einen Schwerpunkt fest: Das Vorhaben sollte nicht nur schneller und kosteneffizienter durchgeführt werden als ein Neubau, vor allem sollte es sich bei den verarbeiteten Materialien um nachhaltig zertifizierte Produkte handeln.

Nachhaltigkeit als Gebäudemerkmal
Die hohen Ansprüche an Nachhaltigkeit konnten sowohl bei der Fenster- und Fassadensanierung als auch beim Innenausbau des Gebäudes erfüllt werden: Die energetische Sanierung führte zu einer neuen Gestaltung der Außenfassade mit eloxierten Aluminiumprofilen. Darüber hinaus wurde Wert auf die Wiederverwertbarkeit der verarbeiteten Produkte am Ende ihres Lebenszyklusses gelegt. So wurden die alten Türen und Fenster beispielsweise mit Hilfe des A/U/F-Kreislaufes (Aluminium und Umwelt im Fenster- und Fassadenbau) recycelt. Dafür wird der Wertstoff Aluminium stofflich getrennt, geschreddert und eingeschmolzen. Aus dem so entstandenen Rohmaterial können wieder neue Aluminiumprofile erstellt werden.

Produkte sind Cradle-to-Cradle-zertifiziert
Ein heute entstandenes Bürogebäude als Rohstoffdepot für morgen: Dieser Idee folgend kam im Digital Hub One ein neu entwickeltes, recyclingfähiges Fenstersystem zum Einsatz. Die verbauten Aluminium-Produkte sind nach dem „Cradle-to-Cradle“-Prinzip gestaltet (dt. „von der Wiege bis zur Wiege“), das sich durch eine hohe Wiederverwendbarkeit der Materialien auszeichnet. Cradle-to-Cradle-zertifizierte Produkte können entweder nach Gebrauch als biologische Nährstoffe in die Natur zurückgeführt oder in einem technologischen Wertstoffkreislauf gehalten werden, indem jedes Produkt recycelt und wiederverwertet wird.

Seit 2010 verleiht das „Cradle to Cradle Products Innovation Institute“ C2C-Zertifizierungen, die unter anderem Aspekte wie Materialgesundheit und Kreislauffähigkeit verschiedener Produkte bewerten. Im neu entstanden Digital Hub One fanden C2C-zertifizierte Systeme ihren Platz in unterschiedlichen Bereichen: Das im Erdgeschoss verbaute Fenstersystem AWS 75.SI (Aluminium Window System, 75 mm Bautiefe, Super Insulated) ist C2C-silberzertifiziert. Die beiden Treppenhäuser haben mit der Pfosten-Riegel-Konstruktion FWS 35 PD.HI eine Fassade im Panoramadesign (35 mm Ansichtsbreite) erhalten – auch sie sind mit dem Cradle-to-Cradle-Silberzertifikat ausgewiesen. Die wiederum in den Bürobereichen verbaute
Fensterbandkonstruktion hat das Cradle-to-Cradle-Bronzezertifikat und zeichnet sich durch die Verschmelzung von Flügel und Tragwerk aus. Auf diese Weise sind die Fensterfelder von außen nicht von den Öffnungselementen zu unterschieden und ermöglichen eine maximale Transparenz. Lediglich der Fenstergriff und eine filigrane Schattenfuge machen die Fensterflügel auf der bündig geschlossenen Innenseite erkennbar.

Doppelte Installation der Technischen Gebäudeausstattung
Neben den hohen Anforderungen an das Thema Nachhaltigkeit konnten auch aufkommende Herausforderungen innerhalb des Bauprozesses gelöst werden. Diese ergaben sich unter anderem bei der gebäudetechnischen Sichtinstallation. Hier musste eine doppelte Installation für die TGA-Gewerke erfolgen: Nachdem Befestigungsmöglichkeiten und Unterkonstruktionen im Rohzustand des Gebäudes ausgerichtet und vormontiert werden mussten, erfolgte ein Rückbau der wesentlichen TGA-Komponenten, um Trockenbau und Malerarbeiten ausführen zu können. Mit höchster Vorsicht wurde die TGA im Anschluss wieder auf den fertiggestellten Oberflächen installiert.

Das Ergebnis: eine hochmoderne Arbeitswelt
Das Ergebnis der Revitalisierungsmaßnahmen kann sich sehen lassen: Mit dem Digital Hub One hat das Unternehmen Schüco 159 feste und zahlreiche temporäre Arbeitsplätze hinzugewonnen. Gleichzeitig konnte der Charakter des Gebäudes als ehemalige Industriehalle unterstrichen werden. Die neu gestalteten Büroflächen entsprechen den New-Work-Prinzipien – auf 4.500 Quadratmetern sind gläserne Büroräume, offene Arbeitsbereiche, Meetingräume und Whiteboard-Nischen entstanden. Hier soll dynamisches, kreatives Arbeiten im Team genauso möglich sein wie konzentriertes Arbeiten in Stille. Dafür wechseln sich die Arbeitsbereiche mit wohnlichen Lounge- und Küchenbereichen ab, die zu mehr Kommunikation unter den Mitarbeitenden beitragen sollen.

Und auch im neuen Bürokonzept spielen nachhaltig zertifizierte Materialien eine große Rolle: Küchen, Sitzgelegenheiten und Wandverkleidungen sind individuelle, zertifizierte Sonderanfertigungen vom Tischler. Die Büro- und Besprechungsräume sind mit Platten aus schnell nachwachsenden Seekiefern verkleidet. Der textile Bodenbelag, der aus wiederverwerteten PET-Flaschen besteht, trägt ebenfalls zum Ansatz des C2C-inspierierten Bauens bei. Neben der Auswahl dunkler, gedeckter Farben unterstreicht auch die größtenteils sichtbare Installation der technischen Gebäudeausstattung den Industriecharme des Gebäudes: Auffällige Aufputz-Verkabelungen, sichtbare Rohrsysteme und Stahlelemente vervollständigen das Erscheinungsbild der Büroflächen genauso wie der alte, aufgearbeitete Indus-trieboden.

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