Freier Mitarbeiter oder Subplaner?

Eine wichtige Frage in der Berufshaftpflichtversicherung

Deutsches Ingenieurblatt 10/2021
TVN Production GmbH & Co. KG
Ulf Genzel Consulting
Ingenieurbüro – Recht & Finanzen
HOAI
Eine Besonderheit in der Berufshaftpflichtversicherung der Ingenieure und Architekten ist die Gleichstellung von freien Mitarbeitern mit Angestellten. Die persönliche gesetzliche Haftpflicht von freien Mitarbeitern gilt gemäß Bedingungswerk als mitversichert und die „Freien“ haben daran großes Interesse, da sie Prämien für einen eigenen Versicherungsvertrag sparen möchten. Bei Subplanern ist dagegen nur das Vergaberisiko des Versicherungsnehmers versichert (sofern die Leistung des Subauftragnehmers nicht über das eigene versicherte Berufsbild hinausgeht), nicht dagegen die persönliche gesetzliche Haftpflicht des Subplaners.

Die Fachliteratur belegt, dass die Zuordnung zu einer der beiden Gruppen schwierig ist, weil in verschiedenen Rechtsgebieten Abgrenzungskriterien entwickelt wurden – in der komplexen Rechtsprechung spielt dabei die sozialversicherungsrechtliche Abgrenzung zwischen freien Mitarbeitern und Angestellten (Scheinselbständigkeit) eine größere Rolle als arbeits- oder vertragsrechtliche Fragen. Um so erstaunlicher ist es, dass die Berufshaftpflicht- Versicherer die Zuordnung vollständig den Versicherungsnehmern überlassen. Dabei hat diese Unterscheidung in der Praxis erhebliche Konsequenzen und führt im Schadensfall nicht selten zu Problemen, weil die Schadensabteilung des Versicherers zu einer anderen Einstufung kommt und die Regulierung demzufolge unter Umständen ablehnen kann. Aus den einschlägigen, teils widersprüchlichen Leitfäden lassen sich einige Fragen herauslesen, die die meisten Versicherer bei der Unterscheidung zugrunde legen.  

  • Werden die geschuldeten Leistungen persönlich erbracht? Oder unter Einsatz von eigenen Mitarbeitern? (Bei Sub-Subauftragnehmern ist die Sache eindeutig.)
  • Werden sie im Team mit Mitarbeitern des Auftraggebers erbracht? Oder sind sie frei von dessen Arbeitsorganisation?
  • Werden eigene Arbeitsmittel verwendet, ein eigenes Büro genutzt oder das des Auftraggebers? 
  • Liegt ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag zugrunde? 
  • Wird stundenweise oder nach HOAI vergütet?

Ein eindeutiges und einheitliches Prüfschema ergibt sich freilich daraus nicht. Um eine sichere Rechtslage zu erhalten und alle Beteiligten umfänglich zu schützen, sollten sowohl das auftraggebende Planungsbüro als auch der/die Beauftragten auf ihren Versicherer zugehen, um den Status zu klären und dafür richtig versichert zu sein. Ideal ist eine namentliche Bestätigung des Versicherungsschutzes für die konkreten Personen durch den Versicherer des auftraggebenden Büros. Auch der freie Mitarbeiter sollte ein großes Interesse daran haben, eine personalisierte Versicherungsbestätigung zu erhalten, da er sonst Gefahr läuft, ohne persönlichen Haftpflichtversicherungsschutz dazustehen. Die Folge wäre ein Regress ins Privatvermögen des freien Mitarbeiters.  

Auf keinen Fall sollte das auftraggebende Büro eine Haftungsfreistellung für Dritte abgeben. Diese kann schon darin bestehen, dass die Mitversicherung schriftlich zugesichert wird. Der Versicherer kann die Leistung verweigern, wenn seine Regressmöglichkeiten durch eine solche Haftungsfreistellung beschränkt sind! Beispielsweise dann, wenn die Schadensabteilung den vom Planungsbüro als „Freien“ eingestuften Auftragnehmer als – nur eingeschränkt mitversicherten – „Subplaner“ einstuft.  

Prämienzahlung: Angabe von Vergabeleistungen an Subplaner
Die Versicherer machen durch entsprechende Klauseln in den Versicherungsbedingungen den Versicherungsschutz davon abhängig, dass auch die durch freie Mitarbeiter oder Subplaner miterwirtschafteten Honorare innerhalb der alljährlichen (Umsatz-)Abfrage zur Prämienregulierung gemeldet werden. Während diese Praxis im Hinblick auf freie Mitarbeiter für jeden Kunden nachvollziehbar ist, kommen immer wieder Fragen auf, weshalb für Fremdvergabeleistungen an Büros mit eigener Berufshaftpflichtversicherung (Subplaner) ein Prämienanteil bezahlt werden muss. 

Dieser Frage liegt die Annahme zugrunde, dass bei Fehlern des Subplaners dessen Berufshaftpflichtversicherung für alle Kosten einzustehen hat. In der Theorie ist es auch so, dass es sich um eine sogenannte „Durchgriffshaftung“ handelt, deren Risiko (insbesondere das eines erfolglosen Regresses) für den Versicherungsnehmer durch den Versicherungsschutz gedeckt ist. Demgemäß müsste der eigene Versicherer bei einem Schaden, den ein Subplaner zu verantworten hat, zunächst in die Regulierung eintreten, sich dann aber die Auslagen bei dem Subplaner bzw. dessen Versicherer im Weg des Regresses wiederholen. In der Praxis ist es leider oft anders. Selbst wenn die Verantwortlichkeit des Subplaners eindeutig ist, könnten Lücken in dessen Versicherungsschutz, unzureichende Deckungssummen oder ähnliches den Regress verhindern.  

Zudem hätte die Schadensregulierung grundsätzlich keine Bindungswirkung für den Versicherer des Subplaners. Der Versicherer wird folglich vorab versuchen, den Versicherer des Subplaners direkt zur Regulierung heranzuziehen oder notfalls während der Streitverkündung die rechtswirksame Einbindung des Subplaners zu erzielen.  

Fazit
Dieses Thema ist so komplex, dass dabei Unterstützung durch einen spezialisierten Versicherungsmakler hilfreich ist. 

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