Individualität zahlt sich aus

Pressearbeit oder Öffentlichkeitsarbeit effektiv nutzen

Deutsches Ingenieurblatt 03/2020
Management

Pressearbeit und Public Relations (PR) kosten Zeit und Geld. Entsprechend gezielt sollten Selbständige sie einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen – egal, ob diese eher unternehmerischer oder persönlicher Natur sind.

Durch Pressearbeit oder den strategischen Einsatz von Öffentlichkeitsarbeit (PR) wollen viele Selbständige meist ihre Bekanntheit steigern oder sich den Ruf als Spezialist aufbauen. Doch dies ist kein Selbstzweck. Dahinter stecken in der Regel unternehmerische Ziele. Zum Beispiel das, Neukunden zu gewinnen. Oder höhere Preise zu erzielen. Also sollten Sie sich, bevor Sie sich für die Pressearbeit entscheiden, fragen:

  • Welche unternehmerischen Ziele möchte ich hiermit erreichen? Und:
  • Welchen Beitrag kann die Pressearbeit bzw. PR hierzu leisten?

Klarheit über die unternehmerischen Ziele gewinnen

Diese Fragen lassen sich nicht allgemein beantworten, denn so unterschiedlich wie die Unternehmerpersönlichkeiten sind meist auch ihre Ziele. So gibt es zum Beispiel Unternehmer, die sagen: „Ich möchte durch meine Öffentlichkeitsarbeit primär dafür sorgen, dass ich auch in fünf Jahren noch so nachgefragt bin und eine so gute Auslastung wie heute habe.“ Andere haben die Vision: „Ich plane, in den kommenden fünf Jahren ein Unternehmen mit 50, 100 oder gar 500 Mitarbeitern aufzubauen, das zu den Marktführern in seinem Segment zählt.“ Und wieder andere haben das primäre Ziel, ihr Unternehmen in einem festgelegten Zeitrahmen für einen möglichst hohen Betrag zu verkaufen.
Hieraus ergeben sich für Selbständige zwei Folgefragen:

  • Bei welchen Personen oder Organisationen möchte ich meine Bekanntheit steigern? Und:
  • Bezogen auf welche Themen kann ich den Ruf eines Spezialisten erwerben?

Funktion der PR in einer Marketingstrategie

Dass Sie dies wissen, ist wichtig. Denn hieraus ergibt sich,

  • inwieweit Ihr Ziel mittels Pressearbeit überhaupt erreichbar ist und
  • auf welche Medien Sie diese fokussieren sollten.

Hierfür ein Beispiel: Angenommen, Sie wären ein auf den Straßenbau spezialisierter Ingenieur und Ihre Kunden kämen, weil Ihr Büro in Frankfurt ist, weitgehend aus dem Rhein-Main-Gebiet. Dann wäre es relativ unnötig, Ihre Zielgruppe mittels Pressearbeit ansprechen zu wollen. Zum einen stellt sich die Frage, welchen Kunden sie über einen Artikel nachhaltig ansprechen könnten, und zum anderen interessieren sich die regionalen Medien für das Thema Straßenbau nicht ständig– außer, es betrifft ein besonderes Bauprojekt, das von öffentlichem Interesse ist.
Auch einige wenige Male pro Jahr in einer regionalen Tageszeitung oder einem Anzeigenblatt einen Artikel hierzu zu platzieren, zeigt erst dann einen Erfolg, wenn sich in den Köpfen der Zielkunden verankert: „Dieses Ingenieurbüro ist also der Spezialist im Straßenbau“. Und das stellt sich erst durch regelmäßige Wiederholungen ein.
Für die Mehrzahl der Selbständigen wird demnach die Pressearbeit in ihrem Marketingkonzept nur eine unterstützende Funktion haben. Sinnvoller und zielführender wäre in diesem Fall beispielsweise eine auf die regionale Websuche optimierte Webseite als zentrale Säule.

Welche Ziele sollen durch die PR erreicht werden?

Obiges Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass genau analysiert wird,

  • wer die Kernzielgruppen sind und
  • welche Leistungen vermarktet werden sollen.

Denn hieraus lässt sich ableiten, welche (Teil-)Funktion die Pressearbeit in dem Marketing- oder Öffentlichkeitskonzept übernehmen soll. So kann ein Unternehmer das Ziel verfolgen, in den Köpfen der Öffentlichkeit seine Expertise als Spezialist zu verankern, den man für die Lösung eines entsprechenden Problems kontaktieren sollte.
Für einen anderen Büroinhaber hingegen lautet die Zieldefinition vielleicht, dass er sich durch das Veröffentlichen von selbstverfassten Artikeln ein Marketinginstrument schafft, das er geschickt im Vertriebsprozess einsetzen kann. Zum Beispiel, indem er sie auf seine Webseite stellt, einen eigenen Newsletter produziert, sie an Interessenten schickt, etc.
Auch die folgende Zieldefinition ist möglich: „Ich möchte, dass die Leser nach der Lektüre der Artikel unmittelbar mein Produkt kaufen.“ Eine solche Zielsetzung ist jedoch nur bei (aus Kundensicht) niedrigpreisigen Produkten realistisch, bei deren Kauf die Zielkunden ein geringes Kaufrisiko empfinden. Bei komplexen Produkten und Dienstleistungen kann ein realistisches Ziel sein: „Die Leser sollen nach der Lektüre der Artikel meine Webseite aufsuchen, sich über meine Leistungen informieren und mich anschließend kontaktieren, wenn ...“.
Das Bemühen, eine hohe Bekanntheit aufzubauen und den Ruf als Spezialist zu erwerben, ist in der Regel mit konkreten Erwartungen verknüpft – zum Beispiel,

  • schneller und leichter an Aufträge zu kommen,
  • höhere Preise zu erzielen,
  • häufiger von potenziellen Kunden kontaktiert zu werden,
  • weniger Überzeugungsarbeit beim Akquirieren der Aufträge leisten zu müssen oder
  • ausreichend Aufträge zu haben, um ein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern aufzubauen.

Welche Medien spreche ich an?

Hinter diesen Erwartungen verbergen sich in der Regel die wahren Motive, Pressearbeit zu betreiben. Auch diese sollte jeder für sich ermitteln. Denn hieraus ergeben sich Konsequenzen für den Umfang, in dem Pressearbeit betrieben werden sollte und deren thematische Ausrichtung.
Hierfür ein Beispiel. Angenommen Sie wären ein auf das Thema Gebäudesicherheit spezialisierter Weiterbildungsanbieter. Und das Ziel Ihrer Pressearbeit wäre primär, Teilnehmer für Ihre offenen Seminare zu gewinnen. Dann könnte Ihre PR-Strategie wie folgt aussehen: Sie verfassen regelmäßig Artikel zu Themen wie „Wie lässt sich integrale Gebäudesicherheit bei einem Objekt gewährleisten“ und versuchen diese in den Print- und Online-Medien zu platzieren – möglichst mit einem Hinweis auf Ihr nächstes Seminar. Und welche Medien würden Sie bevorzugt ansprechen? Primär Fach-, Verbraucher- und Mitgliederzeitschriften, da diese sich an Interessierte zu dem speziellen Thema wenden und oft Artikel über solche Themen publizieren.
Wie sollte die Strategie aussehen, wenn das Ziel wäre, ein Beratungsunternehmen mit 25 Mitarbeitern aufzubauen? Hier ginge es darum, die eigene Kompetenz als Experte in den Mittelpunkt zu stellen.
In diesem Fall läge der Fokus der Ziel-Medien für die Pressearbeit weniger bei Endverbrauchermedien wie Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen und Illustrierten sondern vielmehr auf den sogenannten B-to-B-Medien, die sich an die Entscheider in Unternehmen wenden. Auch hier also eher bei Fachzeitschriften.

Entwicklungsziele definieren!

Häufig sind auch persönliche oder unternehmerische Entwicklungsziele der Anlass, aktiv Pressearbeit zu betreiben. Hierfür ein Beispiel: Angenommen, Sie wären ein Rechtsanwalt und hätten bisher Unternehmen primär bei Arbeitsrechtsprozessen unterstützt. Nun haben Sie sich jedoch weitergebildet, sodass Sie Unternehmen zum Beispiel auch beim Gestalten von internationalen Verträgen mit Großkunden oder Lieferanten beraten könnten. Doch woher die gewünschten Kunden nehmen? Ihre Bestandskunden trauen Ihnen das (noch) nicht zu, weil diese Sie als Arbeitsrechtsexperten kennen. Und bei Neukunden? Dort fehlen Ihnen die nötigen Referenzkunden, um sich gegen Mitbewerber durchzusetzen.
Also beschließen Sie, einen Fachartikel zu einem bestimmten Thema zu schreiben, um Neukunden auf sich aufmerksam zu machen. In der Folge können die erschienenen Artikel auf der Webseite platziert sowie über Social-Media-Kanäle verbreitet werden, um die eigene Kompetenz zu unterstreichen. Im Zentrum der Pressearbeit stünde dann ein anderes Thema als das, mit dem Sie heute Ihr Geld verdienen.

Ziel: Den (Verkaufs-)Wert des Unternehmens steigern

Ein häufiges Motiv für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist auch der Wunsch, den (Verkaufs-)Wert der eigenen Unternehmung zu steigern –insbesondere bei Selbständigen, die mühsam ein Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern aufgebaut haben. Irgendwann stellt sich Ihnen die Frage: Was passiert mit meinem Betrieb, meiner Kanzlei, meiner Agentur, wenn ich mich zur Ruhe setze? Löst sich mein Unternehmen dann in Luft auf oder kann ich es lukrativ verkaufen?
Einen angemessenen Verkaufspreis zu erzielen, gelingt Ihnen in der Regel nur, wenn das Unternehmen eine Marke ist – mit einer hohen Bekanntheit bei den relevanten Zielgruppen und einem guten Renommee. Auch deshalb beschließen Selbständige oft: Ich investiere in den kommenden Jahren noch einmal Geld in die PR – obwohl dies kurzfristig keine Rendite bringt. Doch dann kann ich mein Büro in einigen Jahren einfacher (und teurer) verkaufen.

Ziel: Anerkennung und Wertschätzung erfahren

Weit häufiger ist die Triebfeder, Pressearbeit zu betreiben, gerade bei etablierten Freiberuflern jedoch viel profaner: Sie haben es schlichtweg satt, No-Names zu sein. Es nervt sie zunehmend, dass ihren Kollegen x fast jeder kennt, während sie bei Neukunden (und im Bekanntenkreis) regelmäßig erklären müssen, was sie tun. Sie wollen, dass endlich auch mal zu Ihnen jemand sagt: „Neulich las ich einen Artikel von Ihnen in der Zeitung“, um dann bescheiden zu erwidern: „Stimmt, da hat mich mal wieder ein Journalist angerufen und ...“
Von solchen Eitelkeiten ist kein Mensch frei– auch der Autor dieses Artikels nicht.
Jeder genießt es, Anerkennung zu erfahren. Gestehen Sie sich diesen Wunsch, sofern Sie ihn verspüren, also ein. Kein PR-Berater schaut Sie schräg an, wenn Sie zu ihm zum Beispiel sagen: „Ich möchte, dass mein Name so oft wie der meines Kollegen in der Zeitung steht, denn es nervt mich, wenn ich dort regelmäßig sein Konterfei sehe ... und meines nicht.“ Im Gegenteil, der Berater denkt „Endlich mal eine klare Ansage“ und wird seine Arbeit an Ihrer Erwartung orientieren.

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