Mit Leidenschaft zur Kür

Deutscher Brückenbaupreis 2020: Die Nominierten

Deutsches Ingenieurblatt 03/2020
Kammer

Am. 9. März 2020 sollte in Dresden zum achten Mal der Deutsche Brückenbaupreis verliehen werden. Die Veranstaltung musste aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus kurzfristig auf den Herbst verschoben werden. Wer in den beiden Kategorien ausgezeichnet wurde, bleibt bis zur Verleihfeier geheim und ist nur wenigen Eingeweihten bekannt. Dieser Beitrag stellt aber bereits die sechs Nominierten vor, aus deren Kreis die Jury die beiden Preisträger auswählen durfte.

Brücken üben eine besondere Faszination aus. Sie können beeindrucken und bezaubern, sie erzählen Geschichten, sie sind allgegenwärtig und bieten – unabhängig von ihrer Eigenschaft als gestaltetes Bauwerk – viel Raum für Metaphern, Wortspiele und Projektionen. Welche Bedeutung man auch immer Brückenbauwerken beimisst: Gleichgültig lassen sie uns nicht. Und so hat der Deutsche Brückenbaupreis inmitten zahlreicher anderer wichtiger Baupreise dennoch einen ganz besonderen Stellenwert. Seit er im Jahr 2006 zum ersten Mal vergeben wurde, richten sich alle zwei Jahre die Augen auf besonders auszeichnungs- oder erhaltungswürdige Vertreter dieser – auch als Königsdisziplin bekannten – Bauweise.

Eine anspruchsvolle Tätigkeit: die Jury

Am 11. März 2019 lobten die Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Verband der Beratenden Ingenieure (VBI) den Deutschen Brückenbaupreis zum achten Mal aus. Als Wettbewerbsbeiträge waren Brücken zugelassen, deren Fertigstellung, Umbau oder Instandsetzung zwischen dem 1. September 2015 und dem 1. September 2019 abgeschlossen wurden.
Entsprechend den Auslobungsunterlagen konnten Beiträge für zwei Kategorien eingereicht werden: Straßen- und Eisenbahnbrücken sowie Fuß- und Radwegbrücken. Mit 42 eingereichten Brücken wurden viele preisverdächtige Bauwerke vorgelegt, die einen spannenden und lebendigen Wettbewerb versprachen; 20 Beiträge fielen dabei auf Straßen- und Eisenbahnbrücken und 22 Beiträge auf Fuß- und Radwegbrücken. Die Jury setzte sich auch dieses Mal aus namhaften und im Brückenbau tätigen Ingenieurinnen und Ingenieuren zusammen:

  • Prof. Dr.-Ing. Annette Bögle, Professorin für Entwurf und Analyse von Tragwerken, HCU HafenCity Universität Hamburg
  • Anja Vehlow, Projektleiterin, DB Netz AG
  • MR Prof. Dr.-Ing. Gero Marzahn, BMVI, Leiter des Referats Brücken-, Tunnel- und sonstige Ingenieurbauwerke, Juryvorsitzender
  • Prof. Dr.-Ing. Manfred Curbach, Direktor des Instituts für Massivbau an der TU Dresden und Leiter des Dresdner Brückenbausymposiums
  • Eberhard Pelke, Dezernatsleiter Planung Ingenieurbauwerke, Hessen Mobil – Straßen- und Verkehrsmanagement
  • Ralf Schubart, Ingenieurbüro Meyer + Schubart, Büroleiter und Prüfingenieur
  • Dr.-Ing. Gerhard Zehetmaier, WTM Engineers GmbH Hamburg, Lehrbeauftragter Massivbrücken TU Darmstadt

Was zeichnet ein ganzheitlich gelungenes Bauwerk aus?

Die erste Jurysitzung erfolgte nach der formalen Prüfung aller Einsendungen am 15. Oktober 2019. Aus der Vielzahl aller Einsendungen wurden jeweils die drei besten Bauwerke je Kategorie für eine weitere Wertungsrunde gekürt. Als Wertungskriterien waren vorgegeben und zu beachten: Gestaltung, Konstruktion, Funktion, Innovation, Wirtschaftlichkeit, Planungs- und Bauverfahren, Nachhaltigkeit. Immer wieder standen zwei zentrale Fragen im Raum:
Was zeichnet die Brücke aus? Wird sie den Anforderungen an ein ganzheitlich gelungenes Ingenieurbauwerk gerecht?
Obwohl die Attraktivität der Bauwerke verführerisch groß war, galt immer der Leitspruch des Deutschen Brückenbaupreises, dass der Preis nicht den Bauwerken, sondern den Bauingenieurinnen und Bauingenieuren gilt, deren geistig-schöpferische Leistung maßgeblich zum Entstehen der jeweiligen Brücke beigetragen hat.
Die Wichtung der Einzelkriterien war dabei durchaus unterschiedlich. Somit konnten sich kleine mit großen Brücken sowie gelungene Instandsetzungen mit ansprechenden Neubauten messen. Die große Bedeutung, die von der Bundesingenieurkammer und dem VBI der Instandsetzung und Ertüchtigung beigemessen wird und damit der Weiternutzung von bestehenden Brücken bis hin zur Pflege des baulichen Erbes, ist nicht nur ein wirtschaftliches Gebot, sondern auch Würdigung der Leistungen vergangener Generationen. Es ist vor allem auch Ausdruck eines gewachsenen Umweltbewusstseins. Von Beginn an begrüßten die Veranstalter ausdrücklich Instandsetzungsmaßnahmen und förderten deren Teilnahme am Wettbewerb.

Vor-Ort-Besuche für den Gesamteindruck

Mit der Bekanntgabe der insgesamt sechs nominierten Brücken für beiden Kategorien begann der zweite Teil der Juryarbeit: Jedes der ausgewählten Bauwerke wurde von einem Jurymitglied besichtigt. Dieser Schritt ist sehr wichtig, um die Wirkung des Bauwerks in seiner Umgebung nach zu empfinden, Detailausbildungen auch mal anfassen und auf Alltagstauglichkeit prüfen zu können und sich vor Ort von der Richtigkeit der Auswahl zu überzeugen.
Die entscheidende zweite Jurysitzung fand am 17. Januar 2020 wieder in Berlin statt, dieses Mal bereichert um neue Informationen, Fotos und die Schilderung der Eindrücke vor Ort. Sachlich, aber auch leidenschaftlich geführte Diskussionen leiteten dann die finale Wertung und letztlich die Kür der Sieger in beiden Kategorien ein. Während bei den Straßen- und Eisenbahnbrücken die Entscheidung einstimmig ausfiel, wurde die Wertung bei den Fuß- und Radwegbrücken durch eine Mehrheitsentscheidung von fünf zu zwei getroffen.
Insgesamt stimmt es zuversichtlich, dass sich der Deutsche Brückenbaupreis einer wachsenden Aufmerksamkeit und Bedeutung erfreut. Die Anzahl der Einreichungen übertraf die Erwartungen aller Beteiligten. Die Qualität der Beiträge war insgesamt sehr hoch, weshalb sich die Jury insbesondere darüber freut, dass auch noch weitere Auszeichnungen durch die Auslober verliehen werden.

Die Jury zu den ausgewählten Fuß- und Radwegbrücken

Der Trumpf-Steg in Ditzingen
Die Aufgabe war klassisch: Das Werksgelände der Firma Trumpf im schwäbischen Ditzingen wird durch eine vielbefahrene Straße in zwei Teile zerschnitten. Ein Steg sollte hier die Verbindung herstellen. Die Lösung dieser Ingenieuraufgabe ist jedoch alles andere als gewöhnlich, denn der Entwurf basiert auf einer Schale, die zugleich Tragwerk und Gehweg ist. Mit ihrer durchbrochenen Struktur erinnert die Brücke an ein elastisches Netz, das beiderseits der Straße in der Böschung festgezurrt wurde.
Die Schale, geschweißt aus lediglich 2 Zentimeter dicken, gekrümmten Edelstahlblechen, spannt quer zwischen den vier Kämpfergelenken. In Querrichtung wird der Bogenschub durch Stahlbeton-Zerrbalken kurzgeschlossen, in Längsrichtung über Mikropfähle abgeleitet. Zu den hochliegenden Widerlagern ist die Schale durch Ausleger verlängert und dort verschieblich gelagert.
Mit einer Vielzahl von Öffnungen in der Edelstahlschale wird der Kraftfluss in Szene gesetzt. Zugleich wird die Leichtigkeit und Eleganz der Struktur unterstrichen. Anzahl und Größe der Öffnungen korrespondieren mit den Beanspruchungen der Schale und illustrieren damit Hauptspannrichtungen und Ausnutzungsgrad der hocheffizienten Konstruktion. Die auf ein Minimum zurückgenommene Ausstattung der Brücke lässt der Tragstruktur den optischen Vortritt. Das reflektionsfreie Glas des Geländers und die glasgefüllten Bohrungen in der Lauffläche sorgen für größtmögliche Transparenz.
Neben modernsten Verfahren – wie der Herstellung der Öffnungen mit Laserschneidanlagen der Firma Trumpf – kamen hier auch klassische Techniken zum Einsatz, etwa beim Verformen der Bleche zu gekrümmten Schalenelementen. Das Ergebnis ist ein unverwechselbares und ganzheitlich gelungenes Bauwerk, das auf das Wesentliche reduziert ist.
Der Trumpf-Steg in Ditzingen führt eindrücklich vor, wie eine alltägliche Aufgabe durch die konsequente Umsetzung einer außergewöhnlichen Tragwerksidee, die Nutzung hochentwickelter Technologien und den gemeinsamen Gestaltungswillen von Auftraggeber und Ingenieur zu einem außergewöhnlichen Bauwerk führen kann.

Nominiert für den Deutschen Brückenbaupreis 2020 ist Professor Dr. Mike Schlaich, von Schlaich Bergermann Partner für den Trumpf Steg in Ditzingen

Die Stuttgarter Holzbrücke an der Birkelspitze in Weinstadt in Baden-Württemberg

Angesichts der Klimaschutzherausforderungen rückt der Baustoff Holz mit seiner hervorragenden CO2-Speicherung wieder in den Fokus der Bauingenieure. Die sogenannte Stuttgarter Holzbrücke inszeniert die Wiederbelebung des Holzbrückenbaus durch beeindruckende Details. Sie passt mit ihrer sanft geschwungenen Gestalt ideal in die Parklandschaft der Rems.
Der frei sichtbare und nur konstruktiv geschützte Holzüberbau betont den Anspruch der Planer, nachhaltig zu bauen. Bis auf eine Hirnholzversiegelung im Kontaktbereich zum Stahlbetonwiderlager benötigen die Holzoberflächen keine konservierenden Beschichtungen. Darüber hinaus ist das monolithische Tragwerk nicht nur wirtschaftlich in der Herstellung, sondern ohne Fugen und Lager sehr wartungsarm. Kurzum: eine moderne Brücke im Einklang mit ihrem natürlichen Umfeld, der Remstaler Gartenschau.
Holz- und Betonbauteile wurden entsprechend ihrer Eigenschaften sinnvoll kombiniert. Der ca. 30 Meter lange und bis zu 93 Zentimeter hohe Brückenträger aus massiven, blockverleimten Brettschichthölzern wird monolithisch– über eingeklebte Gewindestangen– in Stahlbetonwiderlager eingespannt. Vorgefertigte Großplatten aus karbonfaserbewehrtem Mörtel bilden den Gehweg. Hier erhielt also eine integrale Massivholzbrücke erstmalig ein Textilbetondeck.
Der Überbau wurde weitgehend im Werk vorgefertigt und vor Ort mit einem Autokran eingehoben und vergossen. Die kurze Gesamtbauzeit von nur fünf Monaten spricht für sich. Die Querschnittsgeometrie folgt dem Kraftfluss von den Einspann-Aufweitungen an den Widerlagern auf ein Minimum an den Momenten-Nullpunkten und einer erneuten Aufweitung in der Feldmitte, um Platz zum Verweilen zu schaffen.
Die Stuttgarter Holzbrücke ist ein ebenso innovatives wie schönes Bauwerk. Sie überzeugt dank ausgefeilter Planung und dem Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen. Die Brücke erfüllt hohe ästhetische sowie ingenieurtechnische Ansprüche.

Nominiert für den Deutschen Brückenbaupreis 2020 ist Dipl.-Ing. Thorsten Helbig von der Knippers Helbig GmbH für die Stuttgarter Holzbrücke in Weinstadt.

Die Instandsetzung der König-Ludwig-Brücke in Kempten

Die 1852 eingeweihte König-Ludwig-Brücke quert in drei Sprüngen die Iller bei Kempten. Sie ist ein einzigartiges Denkmal des frühen Eisenbahn-Zeitalters und eine der letzten erhaltenen großen Holzbrücken, die nach dem amerikanischen „System Howe“ erbaut wurden. William Howe entwickelte Holzfachwerkbrücken, die dank vorgefertigter Bauteile auch von ungelernten Arbeitskräften realisiert werden konnten. Eiserne Gewindestangen bilden hier die Vertikalstreben.
Nach fast 170 Jahren erforderte der Zustand der König-Ludwig-Brücke eine denkmalgerechte Instandsetzung. Der Wunsch nach Erhaltung der hölzernen Howe-Träger führte zum innovativen Einsatz des Impulstomographieverfahrens. Damit konnte die Tragfähigkeit der alten Bauteile zerstörungsfrei überprüft werden. Das Zusammenspiel mit einer digitalisierten Bauaufnahme ermöglichte den höchstmöglichen Erhalt des Bestehenden und verknüpfte Nachhaltigkeit mit Denkmalschutz.
Durch die Anwendung modernster Ingenieurmethodik bei der messwertunterstützten Tragwerksmodellierung kam die Tragkonstruktion mit wenigen maßvollen Ergänzungen aus. Mit der Wiederherstellung deskonstruktiven, seitlichen Holzschutzes durchaerodynamisch gestaltete, windlast-reduzierende Lamellen wurde der notwendige Witterungsschutz, der bei einer früheren Sanierung 1985 entfernt worden war, erneuert.
Aus der Eisenbahnbrücke ist nun eine Fuß- und Radwegbrücke geworden. Neu geschaffene Bereiche nahe der Brücke bieten einen imposanten Blick auf das historische Tragwerk, das die Kunst des Konstruierens und das Ausformen des Kraftflusses sichtbar macht. Hier gehen Bautechnikgeschichte und moderne Stadtplanung eine geschickte Symbiose ein.
Die Instandsetzung der König-Ludwig-Brücke vereint in gelungener Weise Denkmalschutz und Anforderungen an eine moderne Holzbrücke. Der Authentizität und Integrität von Material und Tragstruktur ist durch minimale Eingriffe sowie sorgsame Aufarbeitung der historischen Bausubstanz Rechnung getragen worden. Hier hat ein einzigartiges Monument der Bautechnikgeschichte durch innovative Ingenieurkunst eine sinnvolle neue Aufgabe gefunden.

Nominiert für den Deutschen Brückenbaupreis 2020 sind Dipl.-Ing. Rainer Böhme und Professor Dr.-Ing. Jörg Schänzlin der Konstruktionsgruppe Bauen AG für die König-Ludwig-Brücke in Kempten.

Die Jury zu den ausgewählten Straßen- und Eisenbahnbrücken

Die Retheklappbrücke in Hamburg

Im Hamburger Hafen übernimmt eine neue Klappbrücke die Aufgabe, den Elbarm Rethe sowohl für den Bahn- als auch für den Straßenverkehr zu überqueren. Sie ersetzt eine alte Hubbrücke und beendet mit ihrem zweiflügeligen Klappmechanismus die bisherige Begrenzung der Durchfahrtshöhe.
Beide Verkehrsarten nutzen getrennte Überbauten. Durch unterschiedliche Querschnitte – für die Straßenbrücke ist er geschlossen, für die Eisenbahnbrücke offen – gelingt die Optimierung des Konstruktionsgewichts.
Die beweglichen Teile einer Klappbrücke sind die neuralgischen Punkte einer solchen Konstruktion. Daher wurde hier die Anzahl der beweglichen Teile reduziert und auf eine mechanische Verriegelung verzichtet. Dies ist möglich, weil die Hauptträgerspitzen als sogenannte Finger ausgebildet sind. Durch das gegenseitige Übergreifen der Finger beim Schließvorgang stützen sie sich aufeinander ab. So können Querkräfte übertragen werden.
Allerdings setzt dieser Mechanismus eine anspruchsvolle Steuerung voraus. Der präzise Gleichlauf der Klappen muss gewährleistet sein, auch bei unterschiedlichen Temperaturverformungen und Bauteilsetzungen. Hierfür wurde eine komplexe Steuerung entwickelt.
Mit einer Länge von über 141 Metern und einer nutzbaren Breite von 24 Metern ist die Retheklappbrücke Hauptbauwerk eines Brückenensembles, das auch die Vorlandbrücken und eine anschließende Straßenbrücke umfasst. Bei einer Gesamtlänge von 450 Metern kommt auch der Gestaltung eine besondere Bedeutung zu: Dank reduzierter Farben, ruhiger Oberflächen und Sorgfalt bis ins Detail wird die Brücke auch dieser Aufgabe gerecht. Trotz ihrer Masse erscheint die Klappbrücke aus Stahl grazil und elegant.
Die Retheklappbrücke löst in vorbildlicher Weise eine anspruchsvolle Aufgabe durch eine innovative Konstruktion. Darüber hinaus wird sie den Anforderungen an einen nachhaltigen Brückenentwurf gerecht. Als eine der größten Klappbrücken europaweit ist sie in ihrer Art und insbesondere durch ihren neuartigen wartungsarmen Schließmechanismus prototypisch und einzigartig.

Nominiert für den Deutschen Brückenbaupreis 2020 ist Dipl.-Ing. Michael Borowski, Projektleiter in der Ingenieurbüro Grassl GmbH, für die Retheklappbrücke in Hamburg

Die Brücke bei Schwaig im Zuge der A3 bei Nürnberg

Die schlanke Brücke überführt einen Privatweg am Ortsrand der Gemeinde Schwaig über die A 3 und verbindet diesen mit dem südlich gelegenen Laufamholzer Forst.
Das elegante einfeldrige Rahmenbauwerk wurde als Pilotprojekt zur Umsetzung des Gestaltungshandbuchs der Bundesautobahn A3 und dem darin beschriebenen „Typ 2“ für Wirtschafts- und Forstwege ausgewählt. Gewünscht waren kurze Bauzeiten, minimale Sperrpausen der Autobahn und eine wirtschaftliche Bauweise.
Entsprechend der Aufgabe, die sechsstreifige Autobahn stützenfrei zu überspannen, wurde die Überführung als filigrane Stahlverbundkonstruktion aus luftdicht verschweißten Stahlhohlkästen und aufgelegten Halbfertigteilen vorgeschlagen. Der Hauptträger mit bogenförmiger Unterkante und geknicktem Untergurt besticht durch Einfachheit und Eleganz. Die geringeren Lasten sowie die kleineren Spannweiten ermöglichen die sprengwerkartige Auflösung der Stahlkonstruktion, sodass sich horizontal angeordnete Sichtfenster und schmale Ansichtsflächen ergeben. Die veränderliche Konstruktionshöhe des Überbaus beträgt 1,5 Meter im Feld und 3,5 Meter an den Widerlagern. Bei einer Spannweite von ca. 57 Metern ergibt sich ein elegant wirkendes Bauwerk mit äußerst schlanken Traggliedern und großer Transparenz.
Die nach hinten geneigten Widerlagervorderseiten wirken als optische Vermittler zwischen dem bogenförmig ausgebildeten Überbau und der Böschung.
Beim Entwurf wurde großer Wert auf Einfachheit, funktionale und tragwerkstechnische Sinnhaftigkeit und damit auf eine nachhaltige Gestaltung gelegt. Auch der sparsame Einsatz von Ressourcen und die wartungsarme integrale Bauweise lassen den Entwurf allen Anforderungen des ökonomischen und ökologischen Bauens gerecht werden.
Mit seiner eleganten Leichtigkeit und seiner Effizienz ist dieses schlanke Überführungsbauwerk ein hervorragendes Beispiel für modernen und nachhaltigen Brückenbau. Die klare Formensprache überzeugt.

Nominiert für den Deutschen Brückenbaupreis 2020 ist Diplomingenieurin Manuela Theis, Konstrukteurin in der Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG in Dresden für die Brücke bei Schwaig im Zuge der A3

Die Sanierung der Elster-Brücke im Zuge der L 673 bei Neudeck im Land Brandenburg

Die Brücke über die „Schwarze Elster“ im südlichen Brandenburg ist für die Menschen der Umgebung von großer kultureller Bedeutung –nicht zuletzt wegen der Rettung des Bauwerks durch einen ortsansässigen Bauern, der die Sprengung der Stampfbeton-Brücke am Ende des Zweiten Weltkrieges verhinderte. Die Instandsetzung der über die Jahre sehr baufällig gewordenen – und schließlich sogar gesperrten– Brücke war damit aus baukultureller Sicht dringend geboten.
Mit einer Länge von 70 Metern überspannt die Brücke in der Nähe des Orts Neudeck – ca. 25 Kilometer östlich von Torgau – den Mittellauf der „Schwarzen Elster“. Die drei Beton-Bögen mit Spannweiten von 18, 27 und 18 Metern variieren in der Dicke zwischen 87 und 92 Zentimetern. Sie wurden im Jahr 1905 aus dem damals neuen Werkstoff Beton, ganz ohne Bewehrung, gebaut. Auch die Stirnseiten wurden damals aus Beton errichtet, wobei die Sichtseite durch Scheinfugen, die ein Natursteinmauerwerk nachahmen, gegliedert wurde.
Der nun erfolgte Umbau, der das ursprüngliche Erscheinungsbild der Bogenbrücke für die Nachwelt erhält, ist beispielgebend gelungen. Flankiert durch Probebelastungen zur Ermittlung der tatsächlich noch vorhandenen Tragfähigkeit und durch intensive rechnerische Untersuchungen konnten die über 100 Jahre alten, wertvollen Betonbögen erhalten werden. Zur Reduktion der Belastung wurde eine Füllung aus Leichtbeton statt der alten Schlackefüllung verwendet.
Die Seitenwände wurden, analog zur alten Brücke, erneut aus Beton ausgeführt. Das ursprüngliche Erscheinungsbild der gefugten Außenseite, der Pfeileraufbauten und der Geländer und die Nischenausbildung der geschwungenen Gesimsköpfe wurden wiederhergestellt.
Die Instandsetzung wurde unter Einsatz experimenteller Tragsicherheitsuntersuchungen mit großem Sachverstand und unter Anwendung traditioneller Handwerksmethoden außerordentlich vorbildlich und mit hoher Qualität realisiert.
Auch in ästhetischer Hinsicht konnte auf diese Weise eine wertvolle Brücke für die Anforderungen des heutigen Verkehrs, des Denkmal- und des Umweltschutzes erhalten werden.

Nominiert für den Deutschen Brückenbaupreis 2020 ist Dipl.-Ing. Manfred Ragotzky vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, für die Sanierung der Elster-Brücke im Zuge der L 673 bei Neudeck

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