Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 BGB in der Praxis

Neues Werkvertragsrecht im BGB

Deutsches Ingenieurblatt 01-02/2018
FKT
Recht

Bei jedem Planervertrag sollte geregelt werden, wie die Parteien die Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im konkreten Fall verstehen, sonst gibt es bereits bei Projektstart Ärger.

Bei Verträgen, welche innerhalb eines VgV-Verfahrens geschlossen werden, sind die Projektziele nach § 31 Vergabeverordnung (VgV) grundsätzlich so ausreichend beschrieben, dass damit eine Planungsgrundlage vorliegt. Bei Verträgen mit eher unbestimmtem Inhalt sollte die Planungsgrundlage z. B. mit Bezug zur DIN 18205 konkretisiert werden. Bei Verträgen zur Tragwerksplanung sollte klargestellt werden, dass die Planungsgrundlage für die Tragwerksplanung vom Objektplaner kommt.

Anfrage 1:
Ein Autraggeber möchte wissen, ob es noch einer Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 BGB bedürfe, wenn er die Aufgabe bereits innerhalb eines europaweiten Vergabeverfahrens beschrieben hat.

Anfrage 2:
Ein Planer möchte wissen, wie er mit einem Vertragsentwurf eines Auftraggebers umgehen soll, der die Leistung wie folgt beschreibt: „Planung des Umbaus der Bahnhofsstraße von (...) bis (...)“.

Anfrage 3:
Ein Tragwerksplaner erläutert, dass ein Auftraggeber einen Vertrag über die Tragwerksplanung für ein Gebäude mit ihm machen möchte, bei dem der Architekt bereits die Vorplanung weitgehend erstellt habe. Er will wissen, was eine Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 BGB in diesem Zusammenhang für seine Leistungen sei.

Vorab:
§ 650p Abs. 2 BGB1 regelt, dass der Planer eine „Planungsgrundlage“ zu erstellen hat, wenn wesentliche Planungsziele noch nicht vereinbart sind. Nach hier vertretener Auffassung entspricht diese „Planungsgrundlage“ der in Leistungsphase 1 lit. a) in jedem Leistungsbild der HOAI genannten Vorgabe oder Bedarfsplanung des Auftraggebers2. Andere Autoren kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass diese Planungsgrundlage lt. § 650p Abs. 2 BGB in der Leistungsphase 1 und 2 der HOAI vom Planer erst noch zu entwickeln sei3. Bei einem solchen Streitstand sollten die Parteien ihr Verständnis der im Gesetz genannten „Planungsgrundlage“ im Vertrag für das konkrete Projekt definieren, um Konflikte zu vermeiden. Da die „Planungsgrundlage“ lt. Gesetz dazu dient, wesentliche Planungsziele zu bestimmen, sind das in der Sprache der Praktiker Qualitäten, Quantitäten und Kosten, im Einzelfall auch Termine.

Zur Anfrage 1:
Auf Nachfrage erläutert der Auftraggeber, dass er die Planung einer Kindertagesstätte vorhabe und im Vorfeld die Anzahl der Kinder, den erforderlichen Raum für jedes Kind, die bei der Stadt üblichen Ausstattungsstandards, die Kosten und die Termine für die zu planende Kindertagesstätte angegeben habe. Im Verfahren habe es noch einige Rückfragen zur Aufgabe gegeben; diese seien aber alle beantwortet worden. Jetzt möchte er den Vertrag schließen und möchte wissen, ob es noch einer Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 bedürfe, die er dann beauftragen und bezahlen müsse.

Antwort GHV:
Der Auftraggeber hat innerhalb eines VgV-Verfahrens eine Aufgabenbeschreibung erstellt, die den Anforderungen lt. § 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV entspricht. Demzufolge war die vom Planer zu lösende Aufgabe so genau beschrieben, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermittelt hat, der Auftraggeber vergleichbare Angebote erhalten hat und er auf Grundlage der Angebote und der verhandelten Rückfragen den Auftrag vergeben kann. Die gewünschten Qualitäten, Quantitäten, Kosten und Termine stehen dementsprechend im Vertrag. Hier würden also die wesentlichen Planungsziele bereits im Vergabeverfahren festgelegt und eine Planungsgrundlage im Sinn von § 650 Abs. 2 BGB liegt vor4. Der Auftraggeber muss also nichts weiter beauftragen oder zusätzlich vergüten.

Zur Anfrage 2:
Der Planer erläutert, dass der Vertragsentwurf auf Basis des aktuellen BGB 2018 beruhe und § 1.4 des Vertrags die Regelungen von § 650p Abs. 2 BGB sinngemäß wiedergebe. Er wisse aber gar nicht, welche Leistungen er konkret im Sinn einer Planungsgrundlage erbringen solle. Er habe den Auftraggeber gefragt und der konnte ihm auch nichts weiter dazu sagen, außer dass das so im Gesetz stehe und er das Vertragsmuster verwenden müsse.

Antwort GHV:
Eine in dieser Form sehr allgemein gehaltene Leistungsvereinbarung im Vertrag wird so zu bewerten sein, dass damit noch keine wesentlichen Planungsziele vereinbart sind5. Denn mit der gewählten Formulierung ist das konkrete Ziel völlig offen und könnte von einem verkehrsberuhigten Bereich bis zu einer Hauptverkehrsstraße alle denkbaren Ziele umfassen. Genau bei solchen Formulierungen greift § 650p Abs. 2 BGB und eine Planungsgrundlage ist zu erstellen. Damit klar ist, was die Parteien unter einer Planungsgrundlage für den konkreten Fall verstehen, sollten sie eine eindeutige Vereinbarung treffen. So könnte im Vertrag stehen, dass der Auftragnehmer noch eine Bedarfsplanung nach DIN 18205:2016-11, Checkliste 4 Punkt 1 in Verbindung mit Checklisten 1 Punkte 1 und 2 und Checkliste 2 Punkt 1 zu erstellen hat, dafür z. B. 5.000 € erhält und dies als Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung nach § 650p Abs. 2 BGB verstanden wird. Damit ist klar, mit welchen Unterlagen die Planungsgrundlage mangelfrei vorgelegt werden kann.

Zur Anfrage 3:
Geht es um eine Tragwerksplanung für ein Gebäude und liegt die Vorplanung des Architekten schon weitgehend vor, dann sind die wesentlichen Planungsziele für das Gebäude bereits bestimmt. Denn aus einer Vorplanung ergeben sich ohne Frage alle wesentlichen Qualitäten, Quantitäten, Kosten und auch Termine für das Projekt. Für eine Planungsgrundlage im Sinn des § 650p Abs. 2 BGB ist für das Tragwerk kein Bedarf mehr. Dies gilt zumindest bei üblichen Gebäuden mit einer üblichen Tragwerksstruktur. In diesem Fall sollten die Parteien in dem Vertrag aufnehmen, dass die Tragwerksplanung auf der Basis der bestehenden Vorplanung des Architekten zu erfolgen hat und die Parteien sich im übrigen einig sind, dass eine Planungsgrundlage im Sinne von § 650b Abs. 2 BGB daher nicht mehr erforderlich ist. Dies gilt entsprechend bei üblichen Ingenieurbauwerken für eine daran anknüpfende Tragwerksplanung. Einzig bei schwierigen Tragwerken mit ungewöhnlichen Anforderungen oder bei dem Bedarf von besonderen Baumaterialien könnte das anders sein. Dann könnte für den Tragwerksplaner der Einsatz von Faserbeton, CFK-Lammellen oder anderer spezieller Materialien weitere Planungsgrundlage sein.

Fazit
Das neue BGB fordert in § 650p Abs. 2 BGB, dass eine Planungsgrundlage zu erstellen ist, wenn wesentliche Planungsziele noch nicht vertraglich vereinbart sind. Da das Gesetz nicht selbst klärt, was hierunter zu verstehen ist, sollten die Parteien dies in jedem Vertrag individuell regeln. 

Ähnliche Beiträge