Unterstützung für die ökonomische Bewertung von Wärmepumpen

Erdreichwärme kombiniert mit solarer Wärme

Deutsches Ingenieurblatt 12/2018

Immer mehr Gebäude werden mit Wärmepumpen beheizt. In den vergangenen Jahren dominierten hierbei Luft-Wasser-Wärmepumpen. Doch zur Außenluft als Wärmequelle  gibt es energieeffizientere Alternativen. Beispielsweise Erdwärme, Grundwasser, Abluft oder solare Wärme. Die Vielfalt an möglichen Wärmequellen und der sie erschließenden Wärmeüberträger ist für Planer durchaus anspruchsvoll. Deshalb sind validierte Konzepte, objektive Entscheidungshilfen und Analysen gefragt. Zwei Forschergruppen leisten dazu Beiträge.

Erdwärmekollektoren benötigen vergleichsweise viel Fläche, weshalb sie eher selten vorkommen. Eine Forschergruppe des Instituts für Solarenergieforschung in Emmerthal  will deshalb über eine Regeneration des Erdreichs mit solarer Wärme die benötigte Erdwärmekollektorfläche stark reduzieren. Zur genaueren Analyse des Konzepts haben die Forscher in Kooperation mit dem Bundesverband Wärmepumpe und der tewag GmbH ein Simulationsmodell für Erdwärmekollektoren entwickelt und mit Daten einer prototypischen Anlage experimentell validiert. Parameterstudien  eigen, wie solche hybriden Anlagen optimal ausgelegt werden, ohne dass es im Betrieb zur thermischen Erschöpfung des Erdreichs kommt.

In einem weiteren Projekt wollen Forscher am Institut für Gebäude- und Solartechnik in Braunschweig die Planung von Wärmepumpensystemen unterstützen, indem sie für die frühe Planungsphase übersichtliche und objektive Entscheidungshilfen bereitstellen. Dazu wird ein einfaches, Excel-basiertes Werkzeug entwickelt. Geeignete Wärmequellen   und Wärmeübertrager können damit ausgewählt  nd auf Basis von aktuellen Marktdaten und empirischen Anlagenparametern schnell bewertet werden. Für verschiedene  Gebäude- und Nutzungstypen ist ein energetischer und ökonomischer Vergleich möglich. Die Berechnungensind über Messdaten realer Anlagen und Simulation validiert.

Das Erdreich zeigt saisonal bereits in einem Meter Tiefe erheblich geringere Temperaturschwankungen als die Umgebungsluft.   Die höhere mittlere Temperatur in der Heizsaison macht es für Wärmepumpensysteme als Wärmequelle attraktiv. So verwundert es schon, dass der Anteil erdgekoppelter  Wärmepumpensysteme unter den neu installierten Anlagen leicht rückläufig ist. Gegenüber den mit Bohrungenins Erdreich eingebrachten Erdwärmesonden verursachen  die horizontal verlegten Erdwärmekollektoren (EWK) oft   einen geringeren baulichen und genehmigungsrechtlichenAufwand. Auch sind sie weitgehend unabhängig von der  geologischen Situation des Untergrunds.

Solarkollektoren ergänzen Erdwärmekollektoren 
 Doch zum Problem wird häufig die benötigte Fläche zur  erlegung der Kollektoren in ein bis anderthalb Metern Tiefe. Die mit einfachen, unverglasten Solarkollektoren erzeugte ärme kann helfen, so der Ansatz der Forscher am  Institut für Solarenergieforschung (ISFH), mit deutlich kleineren EWK auszukommen, ohne dass es zu kritischen Frostzuständen im Erdreich kommt.

Denn in diesen Fällen muss – mit erheblich verminderter Effizienz – elektrisch direkt nachgeheizt werden.

 › Simulationsmodell und Planungshilfen

Das numerische Rechenmodell „Erdwärmekollektoren“ ist als Trnsys Type 710 kostenfrei beim  Institut für Solarenergieforschung erhältlich.  kontakt: Susanne Schiewe, s.schiewe@isfh.de. Ein Informationsblatt mit praxistauglichen, vereinfachten Auslegungsregeln wurde im dritten Quartal 2018 veröffentlicht (vgl. Abb. 3). 

 › Pre-Check-Tool Wpsource

Alle planungsrelevanten Details finden sich im Excel-basierten Tool Wpsource. Es eignet sich insbesondere für die frühe Planungsphase. Die Software erschien im dritten Quartal 2018 und ist kostenfrei erhältlich.
Kontakt: Franziska Bockelmann,
bockelmann(at)igs.tu-bs.de.

Simulation prüft Effizienz und Nachhaltigkeit
Um Erdreichwärmekollektoren exakt beurteilen und auslegen zu können, wurde ein numerisches Simulationsmodell entwickelt. Es erlaubt eine feine Diskretisierung eines  weidimensionalen Schnitts durch das Erdreich, berücksichtigt Randeinflüsse, Gefriervorgänge im Erdreich und die thermische Kapazität im Erdkollektorfluid. Eingebettet in das Simulationsprogramm Trnsys und optimiert für schnelle, dynamische Systemsimulationen kann damit der Einfluss einzelner Parameter auf das gesamte Systemverhalten untersucht werden.

Experimente validieren Modell und Konzept
Das Simulationsmodell wurde an einer eigens errichteten Versuchsanlage experimentell überprüft. Der 150 Quadratmeter   große EWK besteht aus vier variabel verschaltbaren Teilfeldern. Mit einer Reihenschaltung aus Wärmepumpe und Heizstab kann Wärme auf variierenden Leistungsniveaus zu- oder abgeführt werden. Neben den Ein- und Austrittstemperaturen am EWK und der Wärmepumpe werden auch Erdreichtemperaturen in verschiedenen Tiefen und horizontalen Abständen gemessen.

Die Experimente zeigten: Messungen und Simulation stimmen gut überein. Damit war der Weg frei für umfangreiche Parameterstudien, um wesentliche Dimensionierungsparameter  zu ermitteln. In Simulationen mit  nterschiedlich konfigurierten Erdwärmekollektoren und Solarkollektoren sowie verschiedenen Regelungsstrategien wurden die Flächenreduktionspotenziale für Erdwärmekollektoren bestimmt.

Parameterstudien liefern Planungsempfehlungen
Mit den Simulationsstudien lässt sich zeigen, dass ins Wärmepumpensystem integrierte einfache, unverglaste Solarkollektoren  den Flächenbedarf – je nach Konstellation – um mehr als 50 Prozent gegenüber der aktuellen Dimensionierungsempfehlung der VDI 4640-2 (Entwurf Mai 2015)  reduzieren. Wesentlich sind hierbei verringerte Verlegeabstände er EWK-Rohre. Das steigert die Effizienz und ermöglicht kleinere Flächen. Ohne Regeneration steigt  allerdings die Gefahr kritischer Frostzustände, was für die Effizienz und den Betrieb der Wärmepumpe kritisch wäre.

Bei verringerten Rohrabständen verändert eingespeiste Solarwärme das Systemverhalten deutlich (Abb. 1). Denn solare Wärme regeneriert das Erdreich, wodurch  thermische Erschöpfung unwahrscheinlicher wird. KritischeFrostzustände und eine elektrische Nachheizung  werden vermieden. So sind kleinere Verlegeabstände und araus resultierend deutlich kleinere EWK-Flächen bei  etwa gleicher Effizienz realisierbar. Erdwärmekollektoren werden damit auch bei etwas eingeschränktem Flächenangebot ealisierbar.

Bei nach VDI-Richtlinie dimensionierten EWK ergeben sich mit zusätzlicher Solarwärme keine merklichen Effizienzvorteile. Das liegt an dem Strombedarf für die Fluidpumpen der Solaranlage.

Mehr Übersicht über Wärmequellen und Wärmeübertrager
 Die Auswahl der Wärmequellen und Wärmeübertrager beeinflusst die Wirtschaftlichkeit und auch den  Flächenbedarf sowie die Energieeffizienz von Wärmepumpensystemen.Keine einfache Aufgabe, denn die Vielfalt an Wärmequellen erschließenden Wärmeübertragern hat in den vergangenen Jahren zugenommen.  Neben den bekannten Luft-Wasser-Wärmepumpen, Erdwärmesonden und Grundwasserbrunnen  ibt es viele weitere Wärmequellen bzw. Wärmeübertrager  ie beispielsweise Erdwärmekollektoren,  nergiepfähle, Erdwärmekörbe, Eisspeicher, Luftabsorber sowie Wärmeübertrager für Abwasser und Fließgewässer. Die normalerweise zur Verfügung  stehenden Unterlagen liefern Informationen zu einzelnen Anlagenkonzepten und deren Wärmeübertrager,   jedoch keine direkte Gegenüberstellung unterschiedlicher Systeme und Anlagenvarianten. Und nicht selten kommen Produkte zum Einsatz, zu deren Kosten-Nutzen-Effizienz kaum belastbare Erkenntnisse vorliegen. So scheuen Planer oft den Aufwand, sich einen umfassenden Überblick über die unterschiedlichen  Rahmenbedingungen, Flächenbedarfe, Investitions- und Betriebskosten sowie den Bau- und Installationsaufwand   zu verschaffen.

Marktrecherche und Betriebsanalysen
So entstand am Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS) die Idee eines Informations- und Planungswerkzeugs   ür die frühe Planungsphase. Eine einfache, Excelbasierte Software soll eine differenzierte energetischökonomische Bewertung für konkrete Gebäude undderen Wärme- oder Kühlbedarf ermöglichen. Für Wärmepumpenkonzepte  können geeignete Wärmequellen und Wärmeübertrager identifiziert und bewertet werden. 

zunächst wurden in einer Literatur- und Marktrecherche die wesentlichen planungsrelevanten Daten zu möglichen Wärmequellen sowie marktverfügbaren Wärmepumpen und Wärmeübertragersystemen erfasst. Weiterhin haben die Braunschweiger Forscher das Betriebsverhalten von 14 Gebäuden mit unterschiedlichen Wärmepumpensystemen messtechnisch analysiert. Mittels Parameterstudien und Sensitivitätsanalysen wurden  einzelne thermodynamische Effekte und Szenarien für  estimmte Systeme genauer untersucht. Auf diese Weise konnten die Leistungsfähigkeit, die Energieeffizienz und  die Bet riebscharakteristik unterschiedlicher Niedertemperatur- Wärmequellen und zugehöriger Wärmeübertrager dokumentiert und das Berechnungsverfahren für das zu entwickelnde Planungswerkzeug auf Basis realer Anlagendaten und mittels Simulation validiert werden.

Entscheidungshilfe für frühe Planungsphasen
Mit Wpsource steht seit dem dritten Quartal 2018 ein einfach verwendbares Planungshilfsmittel zur Verfügung. Es bietet einen Überblick über verschiedene Wärmequellen,   eren Randbedingungen sowie spezifische Kennwerte und Leistungen, die resultierende energetische  Effizienz der Systeme und deren Investitions- und Betriebskosten. Fachplaner und Architekten können iermit eine bedarfsgerechte und an projektspezifische Rahmenbedingungen angepasste Vorauswahl von Wärmepumpensystem- Komponenten vornehmen, geeignete Niedertemperatur-Wärmequellen für Wärmepumpen identifizieren und die Wärmeübertrager überschlägig    dimensionieren. Der Einsatzbereich liegt bei der Grundlagenermittlung, n der Planung und der Erstellung von  ebäudeenergiekonzepten (Abb. 3).

In der ersten Version beinhaltet Wpsource die Gebäudetypen Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Bürogebäude. Für Wohngebäude sind Wärmepumpensysteme zur Gebäudebeheizung und Trinkwassererwärmung darstellbar. Für Bürogebäude beurteilt das Werkzeug nur die  Gebäudebeheizung.

Aufgrund seines modularen Aufbaus lässt sich das Werkzeug erweitern und anpassen. Mit einem Folgeprojekt soll auch die Eigenstromnutzung von Photovoltaik- Anlagen und die Solarthermie zur Regeneration oder als  rimäre Wärmequelle berücksichtigt werden. Auch ist eine Erweiterung auf Siedlungen denkbar.

› Projektbeteiligte

Projekt Terra-Solar-Quelle:
Forschung und Projektleitung:
Institut  für Solarenergieforschung GmbH 
 www.isfh.de
Anlagenpraxis und Systemauslegung:  tewag Technologie – Erdwärmeanlagen – Umweltschutz GmbH www.tewag.de
Marktanalyse und Technologietransfer: 
Bundesverband Wärmepumpe e.V.,
 www.waermepumpe.de
Projekt future: heatpump:
Marktanalyse, Simulation, Toolentwicklung:  TU Braunschweig, Institut für Gebäude- und Solartechnik IGS, 
www.tu-braunschweig.de/igs

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