Älteste Familien-Brauerei der Welt ist Vorreiter in der Strom- und Kälteversorgung

green BUILDING 01/2018 (#83)

Die Privat-Brauerei Zötler in Rettenberg im Allgäu gibt Gas bei der Energieeinspar ung und CO2-Minimier ung. Dank eines komplett neuen Energiekonzepts spart die Brauerei jährlich 400.000 kWh ein und damit knapp die Hälfte des bisherigen Strombedarfs. Herzstück des in Deutschland bisher einmaligen Projekts mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 400.000 Euro ist ein 50-kW-Blockheizkraftwerk sowie eine Absorptionskältemaschine, mit der die BHKW-Abwärme zur Kälteversorgung im Minusbereich genutzt wird.

Die Produktion von Bier ist, ähnlich wie bei vielen anderen Lebensmitteln, mit konstant hohen Verbräuchen von Strom, Wärme und Kälte verbunden. Aus der Motivation heraus, den steigenden Energiekosten entgegenzuwirken und Umweltschutz aktiv zu leben, beauftragte die Privat-Brauerei Zötler die Geiger Energietechnik GmbH damit, ein Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Eigenstromversorgung zu planen.

Kein typisches BHKW-Projekt

Um die bei BHKW-Projekten angestrebte hohe Laufzeit zu erreichen, wurde in der Planung ein wesentlicher Schwerpunkt auf eine gründliche Analyse der vorliegenden Energieströme gelegt. Neben ausführlichen Lastgangauswertungen wurden Messungen genutzt, um belastbare Entscheidungsgrundlagen zu erstellen.

Der Ansatz, ein BHKW einzusetzen, scheiterte zunächst daran, dass sich in der Brauerei in der Detailbetrachtung keine geeignete Abnahme für die anfallende Wärme fand. Hieraus entstand die Idee, die Wärme mittels einer Absorptionskältemaschine in Kälte umzuwandeln.

Kälte wird bei Zötler ganzjährig benötigt und erste Anlagen dieser Art sind bereits seit Jahren in Kombination mit BHKWs im Einsatz. Allerdings stellte sich die Herausforderung, dass bei Zötler zum einen Kälte im Minusbereich (-3 °C) eingesetzt wird und zum anderen das BHKW aus verschiedenen Gründen nicht größer als 50 kW elektrisch dimensioniert werden sollte. Absorptionskältemaschinen werden jedoch bislang entweder zur Kühlung (ca. +7 °C) eingesetzt oder im Industrieanlagenformat mit mehreren hundert bzw. tausend kW Leistung. 

Standardanlagen wurden angepasst

Die große Herausforderung war, eine für dieses Projekt maßgeschneiderte Kälteanlage zu finden. Mit der Zimmermann GmbH aus Seevetal fand man einen Spezialisten für Industriekälte, der bereit war, bisherige Anlagenkonzepte für die spezielle Projektanforderung weiterzuentwickeln. Es war außerdem schnell klar, dass das benötigte Kälteniveau nicht mit den üblichen Temperaturen eines Standard-BHKWs zu erreichen ist. Daher wurde ganz gezielt nach einem Hochtemperatur-BHKW im kleinen Leistungsbereich bis 50 kW gesucht. Als einer der führenden Hersteller von BHKWs zeigte das Unternehmen 2G Flexibilität und passte sein Serienmodell g-box 50 auf diesen speziellen Anwendungsfall an. Beide Partner haben erkannt, dass sie hier auch eine Art Business Development betreiben, denn dieses Projekt hat absoluten Leuchtturmcharakter und viel Adaptionspotenzial für die gesamte Lebensmittelindustrie. 

Hohe Laufzeit, hohe Effizienz

Da die Kälte in der Brauerei kontinuierlich benötigt wird, kann mit einer Laufzeit von 8.000 Betriebsstunden pro Jahr bei hundertprozentiger Wärmenutzung gerechnet werden. Die bisher zur Kälteversorgung genutzten Kältekompressoren werden nicht ersetzt, sondern lediglich in ihren Betriebsstunden reduziert und dienen zur Spitzenlast sowie als Redundanz.

Der vom BHKW erzeugte Strom von rund 400.000 kWh wird vollständig von der Brauerei selbst verbraucht. Hinzu kommt die Reduktion des Stromverbrauchs der Kompressoren um weitere ca. 80.000 kWh. Bereits in ca. acht Jahren wird sich die Anlage amortisiert haben.

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