Batteriespeicher im Eigenheim

green BUILDING 6/2019 (#94)
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Dezentrale Versorgungskonzepte und ein wachsender Anteil regenerativer Energiequellen erfordern neue technische Lösungen auf allen Ebenen der Stromversorgung. Eine der wichtigsten Stellschrauben in einem alternativen Energiesystem sind Speichertechnologien. Sie machen eine stabile, nachhaltige Energieversorgung überhaupt erst möglich und bringen die Energiewende dorthin, wo sie entschieden wird: ins Gebäude.

Dezentrale Energiesysteme stellen die gesamte Stromversorgung vor gänzlich neue Herausforderungen. Wetterbedingte Schwankungen bei der Erzeugung von Solar- und Windstrom beispielsweise gefährden die Stabilität der Stromnetze und damit eine gleichbleibend zuverlässige Versorgung. Die Energiewende kann somit nur gelingen, wenn Erzeugung und Verbrauch beim Konsumenten zusammengebracht, Unregelmäßigkeiten überbrückt und der Energiebedarf nachhaltig gesenkt werden. Gebäude spielen in diesem Kontext eine ganz entscheidende Rolle.
Als sogenannte Prosumers, die Energie sowohl verbrauchen als auch selbst erzeugen und speichern, können sie maßgeblich zur Stabilisierung der Netze und einer nachhaltigen Reduzierung von CO2-Emmissionen beitragen. Immerhin gehören Gebäude mit einem Anteil von rund 40 Prozent zu den größten Energieverbrauchern– rund die Hälfte davon sind Wohngebäude.

Gerade für Eigenheimbesitzer und Betreiber kleinerer Objekte ist es aus ökologischen, aber auch –angesichts sinkender Einspeisevergütungen und steigender Strompreise – aus finanziellen Gründen interessant, Energie möglichst selbst zu erzeugen und maximal zu nutzen. Nicht umsonst steigt die Nachfrage nach Solaranlagen vor allem im Eigenheimbereich weiter an. Deutschlandweit sind dort mittlerweile mehr als eine Million davon im Einsatz. Auf deren Basis lässt sich heute schon ein Autarkiegrad von ca. 40 bis 50 Prozent erreichen, durch die Kombination mit einem zusätzlichen Energiespeicher sogar von bis zu 90 Prozent.

Potenziale von Batteriespeichern

Batteriespeicher ermöglichen es, die Produktion erneuerbarer Energien zeitlich von deren Verbrauch zu entkoppeln. So lässt sich der maximale Anteil der eigenerzeugten Energie, beispielsweise aus Photovoltaik-Anlagen, damit speichern und bedarfsgerecht für den Eigenverbrauch nutzen. Energiebezugskosten werden minimiert und CO2-Emissionen nachhaltig reduziert. Darüber hinaus stabilisiert und entlastet der Speicher das Stromnetz durch eine flexible Verbrauchssteuerung. Das gilt für alle Spannungsebenen, denn auch für größere Anwendungen bzw. Leistungen bis hin zu Mittel- und Hochspannungsnetzen sind entsprechende Speichertechnologien verfügbar.

Photovoltaik-Anlagen, die eine Förderung nach EEG oder KfW-Richtlinien erhalten, sind allerdings verpflichtet, ihre Einspeisewirkleistung auf 70 Prozent (EEG) bzw. 50 Prozent (KfW) der Nennleistung zu begrenzen. Wird der überschüssige Strom dann nicht direkt verbraucht, entstehen sogenannte Abregelungsverluste – trotz Sonnenschein wird also kein Strom mehr produziert. Stromspeicher können diese Verluste reduzieren, aber nur, wenn sie über ein intelligentes, prognosebasiertes Lademanagement verfügen.
Denn während herkömmliche Batterien Produktionsüberschüsse einfach sofort einspeichern und dann zur Mittagszeit trotzdem abgeregelt werden muss, weil sie bereits voll sind, können prognosebasierte Systeme vorausschauend das Laden auf spätere Stunden verschieben und Verluste vermeiden. So hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw) Berlin in einer großangelegten Speicherstudie (https://pvspeicher.htw-berlin.de) festgestellt, dass bei herkömmlichen Speichern ein Ertragsverlust von rund acht Prozent, bei prognosebasierten Systemen aber von weniger als zwei Prozent anfällt. Intelligente Systeme sparen also bares Geld und leisten einen wichtigen Beitrag zur Netzentlastung.

Wahl des richtigen Systems

Die Speicherung selbst kann auf verschiedenen Wegen erfolgen: Im Eigenheimbereich sind Wechselstrom-Speichersysteme am weitesten verbreitet. Eine Photovoltaik-Anlage produziert zwar Gleichstrom, sie speist diesen aber über einen Wechselrichter in das Wechselstromnetz des Hauses ein. An dieser Stelle misst eines der im Speicher integrierten Messgeräte die Einspeisung. Am Netzeinspeisepunkt wird zusätzlich die Einspeisung aus dem Stromnetz gemessen. Aus der Differenz kann der Speicher den jeweiligen Verbrauch berechnen und so die intelligente Speicherung von Überschüssen regeln. Daneben bestehen weitere Verfahren, wie etwa Gleichstrom-Speichersysteme, die direkt am Photovoltaik-Modul angeschlossen werden.

Heimspeicher für Privathaushalte bieten üblicherweise Speicherkapazitäten von zwei bis zu 20 Kilowattstunden (kWh), seltener auch bis zu 60 kWh. Sie sind idealerweise modular aufgebaut und lassen sich so jederzeit flexibel an den individuellen Bedarf anpassen. Bei der Dimensionierung bildet der Nutzstromverbrauch die Basis für die Auslegung.
Hierzu muss im ersten Schritt der durchschnittliche Tagesverbrauch errechnet werden. Wenn angenommen wird, dass nachts genauso viel verbraucht wird wie tagsüber, entspricht die minimale und zugleich empfohlene Batteriekapazität also der Hälfte des durchschnittlichen Tagesverbrauchs. Um mit genaueren Werten zu rechnen, empfiehlt es sich, die Werte des Stromzählers an mindestens sieben Tagen um 17:00 und um 07:00 Uhr abzulesen. Die Differenz zeigt den ungefähren Nachtbedarf. Noch genauere Daten liefert ein Energiemessgerät.

Auch der individuell verfügbare Platz muss bei der Planung berücksichtigt werden. Jeder Stromspeicher auf dem Markt hat unterschiedliche Abmessungen. So eignen sich flache Speicher zur Installation in schmalen Gängen, hinter Türen oder in engen Technikräumen. Auch die Sicherheitsabstände der Lüftungen sind zu beachten. Einige Hersteller bieten zudem Outdoor-Systeme an, die beispielsweise in der Garage oder außen an der Hauswand angebracht werden können. Solche Systeme sind allerdings in der Regel ineffizienter als Indoor-Speicher, denn sie benötigen sowohl eine Wasserpumpe zur Kühlung als auch eine integrierte Heizung, die einen kontinuierlichen Eigenverbrauch verursachen.

Sicherheit und normative Anforderungen

Die meisten Hersteller von Heimspeichern verwenden Lithium-Ionen-Batterien, denn sie besitzen die höchste Energiedichte. Damit sind sie die idealen Energiespeicher – vorausgesetzt, ihre Sicherheit ist gewährleistet. Als elektrotechnische Komponenten unterliegen sie dabei diversen normativen Anforderungen, allen voran der VDE-AR-N 2510. Darum ist es essenziell, dass das System inklusive aller Komponenten als Ganzes vom VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.) als Prüfinstitut zertifiziert ist. Zusätzlich sollte die Fertigung zertifiziert sein, sodass sichergestellt ist, dass alle Geräte vor der Auslieferung geprüft werden und eine konstant hohe Qualität gewährleistet ist.

Zudem sollte immer nach der anspruchsvollsten Norm getestet werden, d. h. bei z. B. Materialfestigkeit nach Industrienorm. Dies garantiert zum einen eine maximale Personensicherheit – auch im Fehlerfall – und zum anderen die zuverlässige Einhaltung der erforderlichen Standards in Bezug auf die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) des Geräts.

Nicht zuletzt ist ein dreistufiges Sicherheitskonzept sinnvoll, das ebenfalls über die VDE-Norm hinausgeht: So können sowohl das Batterie-Managementsystem als auch der Wechselrichter und die Kontrolleinheit unabhängig voneinander die Batterien im Fehlerfall ausschalten und mögliche Gefahren verhindern.

Sektorkopplung im Eigenheim

Durch den Einsatz neuer Technologien werden in naher Zukunft völlig klimaneutrale, energieautarke Gebäude auch im privaten Wohnumfeld möglich sein. Intelligente Batteriespeicher, die über die reine Speicherung von Strom auch die Kopplung mit anderen energierelevanten Bereichen, wie Wärme und Mobilität, ermöglichen, schaffen die technische Basis dafür.

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