Ein Logistikzentrum der Superlative

Bekommt man heute Großprojekte kosten- und termingerecht noch in den Griff?

Bauplaner 10/2022
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Stadt- und Raumplanung
Digitalisierung

Das neue Edeka-Logistikzentrum in Marktredwitz kann mit einigen Superlativen aufwarten, z.B. ist es das weltweit größte je gebaute Holz-Leimbinder-Projekt. Mit einem Bauvolumen von über 300 Mio. Euro stellt es für das Planungsbüro pbb Planung und Projektsteuerung eine enorme Herausforderung dar.

Wie kann man ein solches Projekt termin- und kostengerecht durchführen? Zum einen mit viel Erfahrung, zum anderen mit engagierten und motivierten Mitarbeitern. Letzteres bedarf im Zeitalter der Digitalisierung und des Homeoffice einer gut durchdachten Organisation und setzt natürlich entsprechende Software-Werkzeuge voraus. Gerade neue Mitarbeiter, die teilweise direkt im Homeoffice beginnen, sollten sich schnell mit dem Unternehmen identifizieren können und dürfen nicht mit zu vielen Produkten und Doppelarbeiten „verschreckt“ werden. Durch den Fachkräftemangel ist schließlich eine Bindung zum Unternehmen extrem wichtig.

Bei den einzusetzenden Software-Werkzeugen geht es weniger um eine „einfache Bedienung“, sondern mehr um eine nicht zu hohe Anzahl von Produkten. Denn, je mehr Produkte eingesetzt werden, umso mehr Daten müssen mehrfach eingepflegt werden, z.B. Adressen. Da es wohl kaum ein System geben wird, das alle nötigen Funktionen bietet, sind Schnittstellen und Datenübergabe-Formate gefragt.

Einschaltung von Experten
Der Architekt Franz Madl hat für dieses Projekt die D.E.T.BAU (Digital Expert-Team Bau) gegründet. Die D.E.T.BAU ist eine Gruppe von Experten, die sich zur Aufgabe gemacht hat, den BIM-Gedanken zu vervollständigen und für den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerkes praktikable Softwarelösungen zu untersuchen. Die wesentlichen Punkte dabei sind: die „Kommunikation der Baubeteiligten über das Modell“, eine „Zentrale Datenhaltung und Datenaustausch unter den Baubeteiligten“ und die „Datenübergabe bei Fertigstellung und weiterer Datennutzung“.

Die D.E.T.BAU-Gruppe setzt sich aus Praktikern aus dem Architektur- und Ingenieurbereich und Softwareherstellern mit einzigartiger Philosophie bzw. Technologie zusammen. Aktuell besteht die Gruppe aus Experten mit den Schwerpunkten Projektsteuerung, Planungssoftware, Software für die Ausführung, Visualisierungs-Tools, Terminmanagement, Projektmanagement und AVA.

Vorrangiges Ziel beim Edeka-Logistikzentrum ist es, die wichtigsten Bereiche im Bauablauf durch entsprechende Software-Werkzeuge zu unterstützen. Dies sind Planung, AVA, Ausführung, Projekt-Management und Terminmanagement.

Ausgewählte Planungs-Werkzeuge
Bereits die ersten Gespräche und E-Mails wurden in einem Projekt-Management-System dokumentiert. Hierfür wurde OfficeWare Projekt eingesetzt, das über eine zentrale Adressverwaltung, ein Aufgaben-Management, ein Dokumenten- und E-Mail-Management und die nötigen Funktionen für eine automatische Ablage, die interne Kommunikation (Workflows) und die Archivierung mit zahlreichen Suchfunktionen verfügt.

Die gesamte Konstruktion wird in 3D mit dem System Allplan erstellt. Die Weitergabe der Daten hieraus erfolgt über das IFC-Format. Die Werk- und Montageplanung, insbesondere der Holzbau, wird mit dem System HiCAD durchgeführt, das automatisiert Werkstattzeichnungen und Stücklisten erstellt. Durch eine Direktanbindung an Bearbeitungsmaschinen wird die geforderte Zeit- und Kosteneinsparung erreicht, und aufgrund seiner 2D-/3D-Durchgängigkeit wird eine optimale detailgetreue Darstellung ermöglicht. Für die Visualisierung der Modelle mit allen Bauteilen empfahl D.E.T.BAU pbb das System CADMIUM, da dies die extremen Datenmengen in sehr kurzer Zeit vollständig darstellen kann. Die Architekturvisualisierung erfolgt mit LUMION.

Digitaler Zwilling
Ziel von pbb als Generalplaner ist es, das Logistikcenter von Edeka als Digitalen Zwilling abzubilden, was einer der ganz großen Wünsche aller am Bau beteiligten Unternehmen ist und bis heute so gut wie bei keinem anderen großen Bauprojekt umgesetzt wurde. Möglich ist dies, weil pbb das gesamte Projekt in der Ausführungsplanung detailgetreu in 3D konstruiert.

Für das Termin- und Ressourcenmanagement auf Bauteilebene wurde das System Saprima ausgewählt, das wiederum über eine Schnittstelle zum Projekt-Managementsystem verfügt. Die Kommunikation unter den Baubeteiligten soll möglichst wenig über E-Mails erfolgen. Dazu ist geplant, eine Kommunikation direkt am Modell zu praktizieren. Als Werkzeug dafür soll Bimplus und ein selbst entwickelter Projektserver auf Saprima-Basis eingesetzt werden.

Animiert durch das Großprojekt Edeka-Logistikzentrum und den daraus gewonnenen Erfahrungen, ist das mittelfristige Ziel der D.E.T.BAU, eine zentrale Datenhaltung zu finden, wo mit einem übergeordneten Dashboard Daten abgerufen und Auswertungen erstellt werden. Aber auch hier ist die Idee, so wenig Produkte wie möglich und nur so viele als unbedingt nötig einzubinden, denn zu viele Schnittstellen gefährden die Datensicherheit. Ein schwieriger Weg, den die D.E.T.BAU-Experten noch zu lösen haben – aber letztendlich geht es um noch mehr Planungssicherheit.