Eine Alternative zum Programmieren

Visual Scripting

bauplaner Ingenieurbüro
BFE Studio und Medien Systeme GmbH
Ingenieurbüro

Das „Visual Scripting“ erregt in der Branche für Konstruktionssoftware im Bereich Architektur, Ingenieur- und Bauwesen (AEC) immer mehr Aufmerksamkeit, da es den Anwendern ermöglicht, selbst mit geringen Programmierkenntnissen parametrische Modelle zu erstellen.

Die Parametrik ist eine Methode, bei der –anders als bei der klassischen CAD-Planung –nicht ein einzelnes Planungsergebnis definiert wird. Sie beschreibt vielmehr den Prozess der Konstruktionsplanung. Mit diesem Prozess lassen sich in kurzer Zeit viele Entwurfsvarianten erzeugen. In einem parametrischen Bauwerksmodell werden die Bauteile von Algorithmen erzeugt. Mit Algorithmen lassen sich darüber hinaus Abhängigkeiten beschreiben, die zwischen Bauteilen bestehen. So lassen sich tektonische Beziehungen definieren. Das erhöht nicht nur die Effizienz bei wiederkehrenden Planungsprozessen, sondern auch die Effizienz bei der Umsetzung von Planungsänderungen, denn bei Änderungen der Rahmenbedingungen aktualisieren sich auf Wunsch alle Bauteile eines parametrischen Modells automatisch.
Während Menschen bei der Planung versuchen, Zeit zu sparen, indem sie möglichst wenige unterschiedliche Bauteile planen müssen, spielt es für den Rechner keine Rolle, ob die automatisch generierten Bauteile identisch sind oder individuell. Das führt zu neuen Möglichkeiten in der Konstruktion, die als parametrische Architektur bezeichnet wird. Besonders spannend ist die Verbindung von Parametrik und BIM. Dadurch können auch geometrisch komplexe Konstruktionen in den BIM-Prozess integriert werden. Durch die Parametrik-Lösungen wird der Planer zum Gestalter von Informationsketten, deren Zusammenhänge er selbst definieren kann. Viele Ingenieure haben die Systeme auf eine kreative Art genutzt. Es entstand in der Architektur in kurzer Zeit eine hohe Vielfalt an neuen konstruktiven Ansätzen.
Das wurde auch dadurch möglich, dass die Softwareindustrie es geschafft hat, ihren Kunden Co-Creation-Lösungen zu bieten, die sie gerne benutzen. Der Planer wurde zum Programmierer seiner eigenen maßgeschneiderten Systemlösung.

Eine der größten Herausforderung bei der parametrischen Modellierung war in der Vergangenheit, dass Benutzer umfangreiche Kenntnisse in Skriptsprachen benötigten. Üblicherweise mussten Algorithmen durch das Schreiben von Codes erstellt werden, was fortgeschrittene Programmierkenntnisse erfordert. War der Code erstellt, konnte er in der Regel nur vom jeweiligen Programmierer verstanden und gepflegt werden. Wer heute parametrische Modelle entwickeln möchte, wird durch Visual Scripting unterstützt. Mit Visual Scripting können Programmkomponenten durch die visuelle Anordnung von Knoten, den sogenannten Nodes, auf einer grafischen Oberfläche geschaffen werden, die einfach zu verstehen sind – auch ohne Programmierkenntnisse. Diese Nodes können dann zu Informationsketten verbunden werden. Im Wesentlichen gleicht es dem Erstellen eines Flussdiagramms. Die abstrakte Logik des Programmcodes wird visuell einfach erfassbar, was es auch Planern mit einer geringen Programmiersprachenkenntnis ermöglicht, selbst Funktionen und Prozesse entsprechend den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu entwickeln und anzupassen.

Warum Visual Scripting?

Visual Scripting beschränkt sich nicht nur auf die automatisierte Generierung von 3D-Modellkomponenten. Skripte können erstellt werden, um bestehende Objekte mit Informationen anzureichern, das Modell zu analysieren oder sein Verhalten unter Nutzungsbedingungen zu simulieren. Visual Scripting ist für Planer daher von vielfältigem Nutzen und findet in unterschiedlichen Bereichen Anwendung. So wurde beispielsweise im Außenbereich des Verwaltungsgebäudes des Textilverbandes Münster mittels parametrischer Modellierung die genaue Drehung jedes einzelnen Steins berechnet, um eine schwungvolle, strukturierte Fassade zu erhalten. Ohne die parametrische Modellierung hätte jeder Stein manuell berechnet und im Modell platziert werden müssen.
Mit Visual Scripting kann die Position der Mauerwerkssteine in Relation zu unterschiedlichen Informationsquellen (z. B. gekrümmten Flächen, Pixelbildern oder Analyseergebnissen) gebracht werden. So passt sich die Fassade bei entsprechenden Änderungen im Designprozess automatisch an. Das spart Planungszeit, reduziert die Risiken und Kosten von Umplanungen und ermöglicht sogar, den Roboter, der das Mauern übernimmt, direkt zu steuern.

Vorteile für Ingenieure

Der größte Vorteil von Visual Scripting liegt darin, dass es nicht mehr notwendig ist, eine Programmiersprache zu erlernen, um spezifische Komponenten und Prozesse zu erstellen. Der Planer wird zum Programmierer seiner eigenen Tools und kann so maßgeschneiderte Workflows und benutzerdefinierte Komponenten entwickeln, die zu seiner Arbeitsweise und den Projekten passen, an denen er regelmäßig arbeitet. Dies gibt ihm die Flexibilität und Kreativität, die während der Konstruktion benötigt wird.
Visual Scripting eignet sich für die parametrische Modellierung komplexer Formen, die Erstellung häufig verwendeter benutzerdefinierter Objekte sowie die Automatisierung von Workflows. Nachdem alle Parameter definiert sind, werden Beziehungen zwischen Komponenten aufgebaut. Wenn Änderungen erforderlich sind, wird weniger Zeit benötigt, diese zu implementieren, da die Komponenten üblicherweise automatisch aktualisiert werden, basierend auf ihren definierten Beziehungen und Verhaltensweisen. Wenn beispielsweise eine Industriehalle breiter gemacht werden soll, müssen im herkömmlichen Planungsprozess viele Objekte gelöscht und neu konstruiert werden. Bei einem parametrisch beschriebenen Modell muss nur das entsprechende Feld (Breite) angepasst werden, da die restlichen Komponenten automatisch reagieren. Diese Flexibilität sorgt für eine Effizienzsteigerung gegenüber herkömmlichen Methoden und macht Visual Scripting für jedermann zugänglich.

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