Die Stadt Heilbronn ist Ausrichter der diesjährigen Bundesgartenschau und bietet den Besuchern nicht nur Gartenattraktionen, sondern initiierte ergänzend gleich die Gestaltung eines ganzen Stadtquartiers mit vielfältigen Gebäudestrukturen und -konzepten. Passend zum grünen Thema ist das deutschlandweit erste Holzhochhaus „Skaio“ Teil des Stadtausstellungsgeländes am Neckarbogen.
Auf den ersten Blick sieht man dem Skaio nicht an, dass es zum größten Teil aus Holz gebaut wurde. Mit seiner silbermetallisch schimmernden Aluminiumfassade erhebt es sich mit 34 Metern Höhe über die Dachlinie der benachbarten Gebäude und setzt ein Zeichen am Eingang der Stadtausstellung. Entworfen wurde es vom Berliner Architekturbüro Kaden+Lager, das seit vielen Jahren Konzepte für den urbanen Holzbau entwickelt und umsetzt. Auf den insgesamt zehn Ebenen des Hochhauses findet man neben Gewerbe-, Gemeinschafts- und Nebenräumen im Erdgeschoss kleinere Wohnungen, in der Regel mit einer Größe zwischen 40 und 70 m2 in den Obergeschossen. Diese können bei Bedarf zusammengeschaltet werden. Eine Dachterrasse mit einem weiten Ausblick über das Bundesgartenschaugelände sowie ein Fahrradabstellraum und eine Küche mit Waschsalon zur gemeinschaftlichen Nutzung ergänzen das Raumkonzept.
Holz macht den größten Teil der Skaio-Konstruktion aus und wurde hier zusammen mit Stahlbeton, Stahl und einer metallischen Außenhaut eingesetzt: Während der Erschließungskern sowie die tragenden Bauteile in Untergeschoss, Sockelgeschoss und erstem OG aus Stahlbeton gefertigt wurden, besteht die Tragstruktur in den oberen acht Stockwerken aus einer Holz-Stahl-Hybridkonstruktion nach dem Skelettbauprinzip. Sämtliche Decken sind aus Brettsperrholz, die Stützen und Wände des Baus wurden aus blockverleimtem Brettschichtholz gefertigt. Es kamen etwa 1.300 m3 FSC-zertifiziertes Fichtenholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft zum Einsatz, das vorwiegend aus deutschen Wäldern stammt. Gleichzeitig wurde mit vorgefertigten Elementen gearbeitet, was wiederum die Bauzeit deutlich verkürzte. Schutz der Holzkonstruktion vor Brand und Umwelteinflüssen Eine Herausforderung bei Hochhäusern aus Holz ist der Brandschutz. Die Architekten haben dafür zusammen mit Spezialisten eine Reihe effizienter Lösungen gefunden: Nicht nur, dass der Erschließungskern aus Stahlbeton realisiert wurde – einem Material, das per se nicht brennbar ist –, in ihm herrscht dank spezieller Ventilatoren auch ein Überdruck, der das Treppenhaus dauerhaft rauch- und feuerfrei hält.
Eine Hochdruck-Feinnebellöschanlage ergänzt das Konzept, ebenso wie die Tatsache, dass alle tragenden Elemente aus Holz der Feuerwiderstandsklasse F90 entsprechen. Auch die Verwendung einer hinterlüfteten Außenwandverkleidung aus Aluminiumblechen dient dem Brandschutz. Das geringe Gewicht von Aluminium sprach zusätzlich für den Einsatz an dem insgesamt vergleichsweise leichten Baukörper. Das Unternehmen HD Wahl, Spezialist für die Veredlung von Aluminiumbauteilen in der Fassade, hat die Bleche mit der Lackierung „Duraflon“ versehen. Sie ist nicht brennbar und widerstandsfähig gegen Witterungs- und Umwelteinflüsse, sodass die Holzkonstruktion geschützt ist. Farbigkeit und metallischer Schimmer in einem hellen Grauton vermitteln die Leichtigkeit der Hybridbauweise auch nach außen. Duraflon verfügt über eine Umweltproduktdeklaration, EPD, vom Institut Bauen und Umwelt e. V. Die Lebensdauer der Lackierung entspricht der einer gesamten Fassade. Im Werk von HD Wahl in Jettingen-Scheppach wird sie nach höchsten Umweltstandards gefertigt: Die moderne Beschichtungsanlage des Unternehmens unterbindet die Emission schädlicher flüchtiger organischer Verbindungen(VOC) komplett.
Die Frage, warum das Skaio nicht komplett aus Holz ist, beantwortet Architekt Markus Lager in der BR-Fernsehsendung „Gut zu wissen“: „Man erzielt einen sehr viel höheren Impact auf die Klimaziele von Paris, wenn man mehr Gebäude mit einem hybriden Anteil baut, weil es sehr viel einfacher ist, als wenige Gebäude mit einem kompletten Holzanteil zu bauen.“
Bautafel:
Fertigstellung: März 2019
Bauherr: Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, Heilbronn
Architektur: Kaden + Lager GmbH, Berlin
Generalunternehmer: Ed. Züblin AG, Bereich Heilbronn
Metallbau: Christian Pohl GmbH, Köln
Oberfläche: Duraflon RAL 860-M, appliziert von HD Wahl GmbH, Jettingen-Scheppach
Tragwerksplanung: bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, Lauterbach
Technische Gebäudeausrüstung: IFB Ingenieure GmbH, Bad Teinch-Zavelstein
Fassadentechnik: Priedemann Fassadenberatung GmbH, Berlin
Brandschutzkonzept: Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG, Gifhorn
Werk- und Montageplanung Holzbau: Ingenieurbüro von Fragstein GmbH, Landau
Nachhaltigkeitsberater: „Baues Wunder“ Lambertz & Friesdorf Beratende Ingenieure