Hohe Dachsicherheit mittels Roof Management und Monitoring

Paradigmenwechsel im Flachdach

bauplaner Dämmtechnik 12/2018

Das unbelüftete Flachdach, gerne auch als Warmdach bezeichnet, gilt im Flachdachbau als eine übliche Regelkonstruktion. Dabei kommt dem konstruktiven Feuchteschutz entsprechend der DIN 4108-3 besondere Bedeutung zu. Insbesondere die steigende Anzahl von genutzten Dachflächen und die häufige Forderung nach Dachbegrünungen als ökologische Ausgleichsschicht sowie die gestiegenen Anforderungen an den Wärmeschutz durch den Einbau hoher Dämmstoffdicken und die Luftdichtheit des Gebäudes erhöhen das Risikopotenzial von Flachdachkonstruktionen.

Die Norm geht davon aus, dass Flachdachkonstruktionen grundsätzlich trocken sind,   m ihre bauphysikalischen Aufgaben, zum Beispiel des konstruktiven Wärmeschutzes, zu erfüllen. Tatsächlich gibt es aber so gut wie keine trockenen Dachkonstruktionen. Dies ist insbesondere zu beachten, wenn sich Holz oder Holzwerkstoffe zwischen Dachabdichtungund Dampfsperre befinden. So wurde in der Fachwelt schon von selbstkompostierenden Dachkonstruktionen gesprochen. Ein Blick auf die instationären Berechnungsverfahren  zum gekoppelten ein- und zweidimensionalen Wärme- und Feuchtetransport  eigt die Herausforderungen für wirkungsvolle Konstruktionen. So hängt die bauphysikalische Wirkungsweise von Flachdächern  unter anderem vom Feuchtege halt im Flachdach, dem Dachabdichtungstyp mit Farbe, Diffusionswiderstand, der Art der Dampfsperre und ihrem Diffusionswiderstand,  einer möglichen Dachauflage mit Kies und Begrünung, der Ausführung der luftdichten  ebäudehülle, dem Strahlungseinfluss und den daraus resultierenden Oberflächentemperaturen sowie dem Standort und dem Innenraumklima ab.

Gestiegene Anforderungen an das Bauteil Flachdach
 Mit den gestiegenen Anforderungen an Flachdachkonstruktionen  steigt das Risiko feuchteinduzierter Bauschäden. So fordert die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie 2010/31/EU Niedrigstenergiegebäude bis 2020. Zur Effizienzsteigerung der Gebäudehülle werden Bauteile mit höheren Dämmwerten erwartet.  Höhere Dämmstoffstärken und die Optimierung er Gebäudedichtheit können das Risiko von Feuchteschäden erhöhen. So steigen die Temperaturunterschiede von inneren und äußeren Bauteilschichten. Weniger Wärme aus dem Gebäudeinneren gelangt an die äußeren Bauteilschichten, die Gefahr einer Tauwasserbildung steigt. Auch die verstärkte  utzung von energetischen Erträgen aus Photovoltaik und Solarthermie werden das Risiko feuchteinduzierter Bauschäden erhöhen. Hinzu kommen weitere Risikofaktoren wie die intensive Nutzung der Dachflächen durch Dachbegrünung oder Terrassen sowie das  nverständnis für Bauzeitenabfolgen, unvermeidbare Einträge von Feuchtigkeit während  der Bauzeit oder auch fehlerhafte bauphysikalische Berechnungen.

Auch wenn es eigentlich das planerische und praktische Ziel ist, bildet das „trockene Dach“ die absolute Ausnahme. Diese Diskrepanz zwischen den Anforderungen und den tatsächlichen Leistungen einer Konstruktion  haben Untersuchungen am IFB – Institut  für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung (Wien) ergeben. Die Ursachen für Feuchtigkeit in der Dachkonstruktion können sehr vielfältig sein. Feuchtigkeit kann beispielsweise schon während der Bauphase eingedrungen und eingebaut sein, auch über konvektive Vorgänge an An- und Abschlüssen kann Feuchtigkeit  n die Konstruktion gelangen und zu Tauwasser ausfallen. Selbstverständlich sind auch Diffusionsvorgänge am Feuchteeintrag wie auch Feuchteaustrag beteiligt. Feuchtigkeit kann auch durch einen Schaden, durch Undichtigkeiten in der Abdichtungsebene, durch  Verschleiß der Abdichtung sowie durch mögliche Verarbeitungsfehler oder Bauteilbewegungen eingetragen werden. Feuchtigkeitsschäden im Flachdach können zur Reduktion der statischen Tragfähigkeit, der Reduktion der Wärmdämmeigenschaften sowie zur Schimmelbildung und Ungezieferbefall mit Hausschwammbildung führen und sind im allgemeinen ein Ungemach für die Nutzer der entsprechenden Gebäudeteile.

Wartung und Inspektion – Dichtigkeitsprüfungen
Die Flachdachrichtlinien des ZVDH sehen die regelmäßige Inspektion und Wartung für  Flachdächer vor. Tatsächlich können Inspektionen aber nur die Feststellung des Zustandes der Abdichtung nach dem Augenschein ergeben. Eine tatsächliche Feststellung der geforderten Dichtigkeit einer Abdichtungsebene kann tatsächlich nur mit einer zerstörungsfreien Dichtigkeitsprüfung vorgenommen werden bzw. ist einem konstanten Monitoring vorbehalten. Dichtigkeitsprüfungen und Leckageortungen sind dabei wichtige Maßnahmen eines professionellen Roof Managements (RM). So können Dichtigkeitsprüfungen im Rahmen von Abnahmen, zu Status-Quo- Feststellungen nach einer Sanierung oder Reparatur sowie vor dem Aufbau beispielsweise einer Solaranlage zum Einsatz kommen. In der Vergangenheit wurden Dichtigkeitsprüfungen häufig durch Fluten der Dachfläche durchgeführt. Nicht nur, dass hierfür eine Unmenge Wasser verbraucht wird; diese Methode kann keinen zuverlässigen Nachweis der Dichtigkeit einer Dachabdichtung bieten. So kann allein aus der Tatsache, dass auf der Dachunterseite nach einem gewissen Zeitraum kein tropfendes Wasser festgestellt wird, nicht zuverlässig darauf geschlossen werden, dass die Dachabdichtung auch tatsächlich dicht ist.  Vielmehr kann beispielsweise eine vollflächig  erschweißte, bituminöse Dampfsperre auf einer Betontragdecke ein Durchtropfen verhindern.

Im Sinne eines professionellen Roof Managements ist die technische Dichtigkeitsprüfung oder Leckageprüfung vorzuziehen. Als  wesentlicher Bestandteil des RM ist die zerstörungsfreie Dichtigkeitsprüfung und Leckageortung mit dem SLD-(Sensor Leak Detection) zertifizierten Messverfahren Grundlage für die Vermeidung kostenintensiver Sanierungsarbeiten. Abgestimmt auf die jeweilige Flachdachkonstruktion sowie die speziellen Rahmenbedingungen werden nach den europäischen SLD-Standards ausgereifte und zerstörungsfreie Messverfahren zur Leckageortung eingesetzt. Die Messverfahren werden als Varianten des Impulsstromverfahrens sowie  des Hochspannungsimpulsverfahren beschrieben. Dabei kommen das Nass-Ortungsverfahren (LV-SLD), Trocken-Ortungsverfahren (HV-SLD) sowie als weitere Variante die Spotund Nahtprüfung zum Einsatz, um Störungen in der Abdichtungsebene punktgenau zu erkennen.  Grundsätzlich können alle nicht leitenden Dachabdichtungen mit einem elektronischen Ortungsverfahren überprüft werden. Die Beurteilung d  er Zustände innerhalb einer Konstruktion bleibt bislang einer Dachöffnung oder einer Revisionsöffnung vorbehalten. Aber selbst beim Nachweis von beispielsweise stehendem Wasser auf einer Dampfsperre kann noch keine Aussage über die Funktionsfähigkeit oder ein Versagen eines Dämmpaketes in einer Flachdachkonstruktion getroffen werden. Seit einiger Zeit werden Monitoringsysteme  eingesetzt, die eine zuverlässige Feststellung und kontinuierliche Feststellung des Feuchtezustands einer Dachkonstruktion  ermöglichen und auch in der Lage sind bei plötzlichem Wassereinbruch entsprechend Alarm zu geben.

Roofmonitoring
Für das professionelle Management von Flachdächer ergibt sich aus diesen Erkenntnissen ein Paradigmenwechsel. So ist der Feuchtegehalt im Flachdach die einzige bestimmende  Größe, die eine Aussage zum Zustand des Dachpaketes eines Warmdaches ermöglicht und somit auch Aussagen über die zu erwartende Lebens- bzw. Nutzungsdauer einer Konstruktion zulässt. Dabei sind folgende Fragen zu klären:

  • Wann ist ein Dach wirklich so nass, dass es funktionsunfähig ist? 
  • Ab welchem Feuchtegehalt wird die Situation für das Dachpaket kritisch? ›
  • Besteht die Möglichkeit, „nasse“ Dächer  ohne zusätzlichen Energieaufwand natürlich zu trocknen?

Für diese Aufgaben im Rahmen eines professionellen Roofmanagements sind Erkenntnisse zum Feuchteverhalten der Konstruktion  erforderlich. Mit neuen Messtechniken kann ein permanentes Roofmonitoring zu Feuchtigkeitsüberwachung im Flachdach führen. Dies kann unabhängig beim Neubau, aber auch nachträglich bei bestehenden Dächern erfolgen. Die Funktionsweise ist einfach erklärt: Über die Dachfläche regelmäßig verteilte Messsensoren messen nicht nur Wasser in seinem flüssigen Aggregatzustand, sondern auch in seinem gasförmigen Zustand als Wasserdampf. Die dabei kontinuierlich gewonnenen Daten werden entweder von Hand ausgelesen oder via Funk an einen Datenserver versendet, welcher die Messwerte überwacht. Bei zu hohen Feuchtigkeitswerten bzw. Wassereinbrüchen wird der Kunde umgehend  alarmiert, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Mit diesem Monitoringsystem  kann der Feuchtezustand, aber auch die Austrocknung von feuchten und sanierten Stellen im Flachdach exakt dokumentiert werden. Diese Vorgehensweise zum Roofmonitoring mit Überwachung der Leistungsdaten einer Dachkonstruktion mit einem Roofprotector ermöglicht  eine lange Lebensdauer der Dächer, durchaus auch über die natürliche Nutzungsdauer hinaus. Da Schadstellen schon in einer  frühen Phase identifiziert werden können, lassen sich auch Interventionsmaßnahmen wie Sanierungen, Abriss und Neuaufbau kosteneffizienter   und sicherer planen. Bei entsprechendem  Verhalten ist beispielsweise die Entscheidung, bereits eingebaute durchfeuchtete Dämmstoffe in der Konstruktion zu belassen und die Austrocknung zu überwachen, eine Möglichkeit, bei anstehenden Sanierungen den Kostenaufwand zu minimieren.

Durch die gestiegenen Nutzungsanforderungen der Flachdächer mit der Positionierung von Haustechnikanlagen, Dachbegrünungen,  Solaranlagen etc. sind neue Kriterien für eine lange Nutzungsdauer einer Flachdachkonstruktion entstanden. Hier ist das konstante Roofmonitoring mit dem Roofprotector ein wichtiger Ansatz für überwachte Dachsicherheit. Die kontinuierliche Überwachung der Feuchtezustände ist auch ein Teil der Anforderungen an das Nachhaltige Bauen. Der Einbau eines Roof Protectors bei einer Dachreparatur dokumentiert sichtbar die erfolgreiche Sanierung und macht das Dach zukünftig multifunktional nutzbar. Primär gilt, dass nicht die Größe einer Schadstelle für die Höhe des Schadens entscheidend ist, sondern der Zeitraum zwischen der Entstehung und der Reparatur.

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