Lösungsansätze für einen ressourceneffizienten Tiefbau

Ressourcenplan kommunaler Tiefbau: RekoTi

Deutsches Ingenieurblatt 11/2022
Gebäudetechnik
Forschung
Tiefbau und Infrastruktur
Management

Der Bausektor weist einen hohen Ressourcenbedarf auf, mit dem nachteilige Umweltwirkungen einhergehen. Gleichzeitig besteht hier aber auch eine großes Innovationspotenzial. Städte und Gemeinden haben im Tiefbau im Zug ihrer Baumaßnahmen einen maßgeblichen Einfluss auf die Ressourceneffizienz. Das durch das BMBF geförderte Projekt RekoTi entwickelt in Zusammenarbeit mit Hochschulen, Kommunen und Bauunternehmen einen Ressourcenplan für den kommunalen Tiefbau. Dieser soll Kommunen die Möglichkeit geben, Potenziale zu erkennen bzw. die Ressourceneffizienz ihrer Verkehrsflächen, Kanalisation und Brücken mittels einer digitalen Toolbox und einem zugehörigen Leitfaden zu steigern.

Das Thema der Ressourceneffizienz gewinnt angesichts der globalen Herausforderungen in Bezug auf Rohstoffknappheit und Energiebedarf zunehmend an Bedeutung. Gerade der deutsche Bausektor besitzt eine erhebliche Ressourcenrelevanz. Durch ein gezieltes Stoffstrommanagement können Kreisläufe geschlossen und damit Primärmaterialien durch Recyclingmaterialien ersetzt werden. Dabei sind Bau- und Rückbauprozesse so zu gestalten, dass rückgewonnene Baustoffe hochwertig wiederverwendet werden können. Damit dies auch im Tiefbau gelingt, ist insbesondere die öffentliche Hand als maßgebliche Akteurin in Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung und Finanzierung gefragt.

Optimierungsansätze für ein ressourceneffizientes Management müssen dabei mit öffentlichen Verwaltungsstrukturen und rechtlichen Vorgaben (z. B. des Vergaberechts) in Einklang stehen. Hierbei sind insbesondere Kommunen relevant, da diese einen Großteil der deutschen Infrastrukturanlagen verwalten. (Z. B. sind ca. 75 % des deutschen Straßen- und Wegenetzes Gemeindestraßen und Wirtschaftswege.) Sie benötigen geeignete Handlungsoptionen, insbesondere aufgrund des Bauwerksbestands mit hohem Alter und einem daraus resultierenden großen Sanierungsbedarf.

Hintergrund und Gesamtziel des Projekts

Um Kommunen dabei zu unterstützen, ihre Handlungsoptionen zu konkretisieren, erarbeiten Forschende der FH Münster, der Ruhr-Universität Bochum und der Hochschule Karlsruhe zusammen mit der Stadt Münster, der Hermann Dallmann Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG (Bramsche-Engter) und der Thomas & Bökamp Ingenieurgesellschaft mbH (Münster) über den Projektzeitraum von drei Jahren einen prototypischen digitalen Ressourcenplan für den kommunalen Tiefbau (RekoTi) anhand der Beispielkommune Münster. Durch die Konstellation der Projektpartner wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gewährleistet, die es ermöglicht, Defizite in den bisherigen Vorgehensweisen zu identifizieren und zu beheben.

Der Ressourcenplan:

  • stellt als Grundlage für ein effizientes Stoffstrommanagement Informationen zu Art, Lage, Menge und ggf. Qualität verbauter Ressourcen bereit,
  • zeigt Ansätze auf, wie Stoffströme im Kreislauf geführt werden können und somit das Stoffstrommanagement verbessert werden kann,
  • bietet Vorschläge zu alternativen, ressourceneffizienten Bauverfahren und Bauweisen für bestehende Infrastrukturanlagen,
  • bietet Anknüpfungspunkte für Asset-Management-Systeme,
  • ermöglicht die Einbindung von Ökobilanzdaten in Entscheidungsprozesse,
  • umfasst eine digitale Lösung (Toolbox) auf Basis von Building Information Modeling (BIM) und Geoinformationssystemen (GIS) und
  • umfasst einen Leitfaden, der Rahmenbedingungen und Anforderungen am Beispiel der Stadt Münster aufzeigt und eine Übertragbarkeit auf andere Kommunen gewährleistet.

Projektschwerpunkte: wichtige Infrastrukturanlagen

In dem Projekt RekoTi werden die Verkehrsflächen, die Kanalisation und die Brücken in der Beispielkommune Münster, als wichtigste Infrastrukturanlagen des Tiefbaus betrachtet. Grundlage ist zunächst eine Ermittlung der verbauten Massen und Materialien und damit des anthropogenen Materiallagers. Die Qualität und Vollständigkeit der Daten jedes Objekts bestimmt, mit welcher Herangehensweise seine Massen berechnet werden. Auch für Objekte mit unvollständigen Daten können so Massen abgeschätzt werden, die dann jedoch größeren Unsicherheiten unterliegen. Bei Vorliegen eines vollständigen, hochwertigen Datensatzes zu einem Objekt wird dieser verwendet, um ein möglichst genaues Ergebnis zu erhalten. Mit dieser Vorgehensweise wird die heterogene Datenlage innerhalb der Kommunen berücksichtigt. Durch gesetzliche Vorgaben liegt, bspw. im Bereich der Kanalisation, bereits ein hohes Maß an Informationen vor, das für die Abschätzung des anthropogenen Materiallagers verwertbar ist. Dagegen liegen im Bereich der Verkehrsflächen aufgrund der im Regelfall historisch gewachsenen, sich vielfältig veränderten Straßenaufbauten weit weniger Detaildaten vor.

Desweiteren werden im Projekt alternative, ressourceneffiziente Bauverfahren und Bauweisen für die einzelnen Infrastrukturanlagen hinsichtlich Einsatzmöglichkeit und Einsparpotenzial untersucht. In diesem Zusammenhang wird u. a. im Bereich der Verkehrsflächen eine Versuchsstrecke in Asphaltbauweise messtechnisch (z. B. mit Photoionisationsdetektoren) begleitet, bei der die Fragestellungen Temperaturabsenkung und erhöhte Wiederverwendung von Asphaltgranulat bei einer Splittmastixasphalt-Deckschicht im Mittelpunkt stehen. Damit bei derartigen Verfahren die Ressourceneffizienz aufgezeigt werden kann, werden zusätzlich die Methodik der Ökobilanzierung (ISO 14040)für den Bereich des Tiefbaus spezifiziert und derzeit bestehende Defizite vorhandener Datensätze sowie Verbesserungsmöglichkeiten
aufgezeigt. Um künftig Ökobilanzierungsergebnisse auch in strategische Entscheidungsprozesse integrieren zu können, ist innerhalb des Projekts zudem eine Weiterentwicklung der im Pavement-Management-System hinterlegten Algorithmen vorgesehen.

Im Bereich des Datenmanagements und der digitalen Umsetzung des RekoTi-Konzepts wird die Anwendbarkeit von Building Information Modeling (BIM) geprüft. Dazu ist zu definieren, welche Informationen wann und in welchen Beziehungen zueinander erfasst werden müssen, um als Grundlage für eine optimale Ressourcenstrategie zu dienen. Die gesammelten Informationen werden über eine digitale Toolbox zusammengeführt, abfragbar und auswertbar gemacht. Die einzelnen Funktionseinheiten werden formal beschrieben und in der Folge prototypisch umgesetzt. In diesem Zusammenhang werden vorhandene Softwaremodule (z. B. Visualisierungskomponenten) eingesetzt und
weiterentwickelt.

Um die gesammelten Erfahrungen zur Aufstellung eines digitalen Ressourcenplans für die Beispielkommune Münster gebündelt darzustellen, wird ein beschreibender Leitfaden formuliert, der andere Kommunen auf dem Weg zu mehr Ressourceneffizienz und einem nachhaltigeren Tiefbau unterstützt.

Fazit und Ausblick

Das Projekt RekoTi soll einen langfristigen Beitrag zur Steigerung der Ressourceneffizienz im kommunalen Tiefbau leisten. Dazu werden unterschiedliche ressourcenrelevante Fragestellungen, wie die Abbildung des anthropogenen Materiallagers, alternative Bauverfahren und Bauweisen sowie die ökobilanzielle Bewertung bearbeitet und mithilfe einer generisch digitalen Toolbox in Kombination mit einem Leitfaden für die kommunale Anwendung bereitgestellt. Im Lauf des Projekts sind Detailveröffentlichungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten geplant.

Das Projekt RekoTi wird unter dem Förderkennzeichen 033R264 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) der Bundesrepublik Deutschland gefördert.

Um die Übertragbarkeit auf möglichst viele Kommunen zu gewährleisten, werden assoziierte Partnerkommunen gesucht. Bei Interesse melden Sie sich gerne bei FH Münster, Iwaru, Franziska Struck Tel: 0251 83 65 278, f.struck@fh-muenster.de 

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