Mit vereinfachter Planung zu leistungsfähigen Wänden

Trennung von Bauteilschichten

bauplaner 3/2019

Im mehrgeschossigen Wohnungsneubau bestehen an die Gebäudehülle hohe Anforderungen zur Erfüllung verschiedenster normativer Vorgaben und Standards: hohe Tragfähigkeit, baulicher Schall- und Brandschutz sowie in möglichst lückenloser Wärmeschutz, um nur einige zu nennen. Gleichzeitig sollen trotz erhöhter Anforderungen an die Gebäudehülle die Baukörper kostengünstig realisiert werden. Die Trennung von Bauteilschichten bietet hier die notwendige Flexibilität, um die einzelnen Schichten unabhängig voneinander zu optimieren.

Bei funktionsgetrennten Wänden werden  je Schicht Materialien mit den jeweils günstigsten Eigenschaften kombiniert. Eine Bauweise,  die dieses Prinzip konsequent nutzt, ist das Bauen mit Kalksandstein, oder kurz: KS-Bauweise. Kalksandstein ist ein bauphysikalisch leistungsfähiger Wandbaustoff, der aus den natürlichen Rohstoffen Kalk, Sand und Wasser umweltschonend hergestellt wird. Was mit kleinformatigen Mauersteinen vor 125 Jahren begann, hat sich durch das Angebot von rationellen Bausystemen und großformatigen Plan- und Rasterelementen heute zu einer eigenständigen Bauweise weiterentwickelt. Der funktionsgetrennte Wandaufbau in Schichten – Tragen, Dämmen und Witterungsschutz – ist ihr charakteristisches Merkmal. Jede Schicht für sich wird an die jeweiligen Anforderungen eines individuell oder seriell geplanten Gebäudes angepasst – bei der Statik ebenso wie beim Wärmeschutz und der architektonisch prägenden Fassadengestaltung.

Kraftvoll tragend und natürlich geschützt
Bei der funktionsgetrennten KS-Bauweise wird die Außenwand hauptsächlich nach statischen Erfordernissen geplant. Hoch belastbare Kalksandsteine, deren Steindruckfestigkeiten standardmäßig zwischen 12 bis 20 N/mm² betragen, übernehmen die tragende Funktion. Die Tragfähigkeit von Kalksandstein ermöglicht die Konstruktion schlanker Außenwände und bietet damit insbesondere im mehrgeschossigen Wohnungsneubau Vorteile: Bis zu fünf Vollgeschosse lassen sich mit einer Wanddicke von 150 Millimetern realisieren – mit 175 Millimeter Wanddicke bereits sieben. Grundsätzlich sind mit homogenen Tragwerkskonstruktionen aus Kalksandstein bis zu zehn Vollgeschosse ausführbar. Die im Optimalfall materialgleichen tragenden Innen- und Außenwände werden dabei genau nach den statischen Anforderungen in der Dicke dimensioniert. Hinzu kommt dann die wärmedämmende Schicht. Losgelöst von der Erfüllung der grundlegenden Anforderungen an die Tragwerkskonstruktion 

wird diese durch frei wählbare Dämmsysteme für den Wärmeschutz optimiert. Dadurch ist der Wärmeschutz individuell planbar und lückenlos möglich – unabhängig, ob eine  Putzoberfläche, eine vorgehängte oder eine vorgemauerte Fassade realisiert wird. Planer behalten die volle Flexibilität sowohl bei der bauphysikalischen als auch bei der architektonischen Gestaltung. Die Dicke der Außenwand wird beim Bauen mit KS nicht von Bausystem und Material vorgegeben, sondern nach den  vom Planer ermittelten Anforderungen festgelegt.

Die hohe flächenbezogene Masse mit Rohdichten bis 2,0 kg/dm³, regional auch bis   2,2 kg/dm³, garantieren darüber hinaus einen hohen baulichen Schall- und Brandschutz. Der Schallschutz ist also stets inklusive und muss nicht durch eine Erhöhung der Massen und/ oder Wanddicken zusätzlich eingeplant werden. Ähnliches gilt für den Brandschutz der Konstruktion, der mit dem rein mineralischen, nicht brennbaren Mauerwerk schon ab 11,5 Zentimeter Dicke den Nachweis der feuerbeständigen Ausführung (REI 90) zulässt.  Ein Kalksandsteinmauerwerk ist nach Eurocode 6 eingestuft und in der Brandschutzklasse A (nicht brennbar) gelistet. Das vereinfacht die brandschutztechnische Bemessung des Mauerwerks, weil die tabellierten Werte für die genormten Kalksandsteine für alle gängigen Wandkonstruktionen gelten – von der nicht tragenden Wand bis zur Brandwand.

Rationell-wirtschaftliche Wandbauweise 
Mit der KS-Bauweise lässt sich durch rationelle Bausysteme und großformatige, vorgefertigte  Elemente wirtschaftlicher und zielgenauer Wohnraum erstellen. Tragwerkskonstruktionen it großformatigen Kalksandsteinen zählen im Wohnungsbau und bei steigenden Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz zu den effizienten Bauweisen. Dies zeigen immer wiederStudien und Typenhaus-Aufbauten wie die „Machbarkeitsstudie Teil 2: Stufe II“ des Kieler  Modells der ARGE für zeitgemäßes Bauen e. V.  u den untersuchten Rohbauweisen gehörten neben den funktionsgetrennten Außenwänden mit Kalksandstein der vorgefertigte Holzrahmenbausowie Mauerwerk aus Leichthochlochziegeln, Poren- und Leichtbeton. Als Fassade  wurden Putzoberflächen oder Verblender vorgesehen. Der Wandaufbau mit Kalksandstein erwies sich jeweils als kostengünstigste Variante. Darüber hinaus erfüllt die Bauweise alle Kriterien der Baukostensenkungskommission für den seriellen Bau preisgünstiger Wohnungen. Die regional vorgefe rtigten, modularen Elemente verkürzen die Bauzeit mehrgeschossiger  Wohngebäude signifikant, reduzieren Baukosten und sichern zugleich ein hohes Qualitätsniveau.

Auch der Raumgewinn ist zu beachten: Schon mit einer 15 Zentimeter dicken Dämmschicht  in der üblichen Wärmeleitfähigkeit von 0,032 W/(mK) lässt sich der Wärmedurchgangskoeffizient eines Referenzgebäudes nach Energieeinsparverordnung deutlich unterbieten. Die Gesamtwand mit beidseitigem Putz bleibt dabei mit 34,5 Zentimetern schlank, was Ressourcen schont und die Nutzfläche im Gebäude optimiert – ein Raumgewinn von 7 Prozent gegenüber alternativen Wandaufbauten ist so möglich. Die Einsparung durch einen schlanken Wandaufbau erhöht sich dabei mit jedem laufenden Meter Außenwand. Bei einem viergeschossigen  Gebäude mit einer Grundfläche von 10 x 15 Metern bedeuten 9 Zentimeter weniger Wanddicke bereits einen vermietbaren Flächengewinn von 18 Quadratmeter.Gleichzeitig werden mit normal tiefen  Fensterlaibungen die gewohnten architektonischen Proportionen der Gebäudeansicht gewahrt und der „Schießscharteneffekt“ vermieden.

Systemvorteile von der Planung bis zur Nutzung 
Innerhalb der KS-Bauweise stehen mit KSOriginal, KS-Plus und KS-Quadro verschiedeneSysteme zur Verfügung, mit denen Planer  flexibel auf die Anforderungen des jeweiligen Bauvorhabens reagieren können. KSPlus ist beispielsweise ein System mit auf Maß vorkonfektionierten Wandbausätzen. Es kombiniert die Vorteile des Elementbaus mit vollständiger planerischer Freiheit, denn die individuelle Konfektionierung funktioniert ohne Bindung an Vorzugs- und Rastermaße. Auf der Grundlage abgestimmter Wandplanungen entstehen die Bausätze mit großformatigen Planelementen, die mit allennötigen Pass- und Ergänzungssteinen vervollständigt werden. Mit nur einem Versetzvorgang werden bis zu 0,65 Quadratmeter maß und passgenaues Kalksandsteinmauerwerk  erstellt.

Eine andere Interpretation des Systemgedankens stellt das nach dem Baukastenprinzip aufgebaute KS-Quadro-Portfolio dar. Es  basiert auf großformatigen, klar definierten Regel- und Ergänzungselementen für die konsequente Planung im oktametrischen (12,5 cm) Raster. Das System erlaubt vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten sowie die Anpassung an verschiedene Wandlängen und Wandhöhen ohne Schnittaufwand. Unabhängig vom gewählten System führt das breite Angebot an Systemergänzungen wie Kimmsteinen, U-Schalen, KS-Flach- und -Fertigteilstürzen auch an Anschlüssen und Übergängen zu sicherem und schnellem Bauen.

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