Nachträgliche Mikropfahlgründung unter beschränkter Höhe

Sanierung: WDR-Filmhaus in Köln

Deutsches Ingenieurblatt 05/2021
Bauen im Bestand
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Das 1974 gebaute WDR-Filmhaus mit neun Ober- und vier Untergeschossen wird grundsaniert und zu einem modernen Medienhaus umgebaut. Das alte Gebäude entspricht in vielen technischen Bereichen nicht mehr den Anforderungen. Vorhandene Wände und Decken werden abgebrochen und durch neue Treppenhäuser sowie Stützen- und Unterzugsysteme ersetzt. Dies erfordert zusätzliche Tiefgründungen und dauerhafte sowie temporäre Verankerungen.

Im ersten Abschnitt wurden Ende 2019 die ersten 73 Mikropfähle nach DIN EN 14199 im dritten Untergeschoß des Gebäudes hergestellt. Der zweite Bauabschnitt startete Anfang 2021. Bis April 2021 wurden zusätzliche temporäre und dauerhafte Anker hergestellt. Insgesamt sind bisher rund 2.000 m Mikropfähle und 750 m Anker eingebaut. Ein dritter Bauabschnitt folgt noch.

 

Geringe Arbeitshöhe
Das Einbringen der Mikropfähle wurde durch komplexe Bedingungen auf der Baustelle erschwert. Die verfügbare Arbeitshöhe war mit knapp 3 m sehr begrenzt. Bohrpunkte waren teilweise schwer zu erreichen, da notwendige Stützen für höherliegende Zwischendecken nicht herausgenommen werden konnten. Zudem war der Abstand von Bohrachse zu Bestandswänden des Gebäudes mit in Teilen 25 cm sehr gering. Eine besondere Herausforderung: Aufgrund der beengten Bedingungen war in einigen Bereichen keine Kampfmittelfreiheit vorhanden.

Das Bohrgerät bzw. die Bohrlafette wurde im Vorfeld auf dem unternehmenseigenen Bauhof des vom Generalunternehmer Kögel Bau mit den Tiefbauarbeiten beauftragten Unternehmens Stump-Franki Spezialtiefbau in Colbitz, Tochterunternehmen der Porr Deutschland, speziell für den geringen Abstand angepasst und für den Einsatz in Köln vorbereitet. Um einige Bohrpunkte erreichen zu können wurden Öffnungen in Zwischenwänden hergestellt. Diese mussten groß genug sein, um arbeiten zu können, aber klein genug, um die Tragfähigkeit der Wände nicht zu gefährden. Die Bewegungsfähigkeit des Bohrgerätes war bei diesen Bohrpunkten entsprechend eingeschränkt. Teilweise wurden auch Anker von der zweiten Ebene durch die Decke bzw. ein bestehendes Stockwerk gebohrt, da nicht genügend Freiraum in den unteren Stockwerken vorhanden war.

Kompetenz bei Kampfmittelverdacht
In Bereichen, in denen keine Kampfmittelfreiheit vorlag, wurde das Bohrgerät für drucksensibles Bohren aufgerüstet. In Begleitung eines Sachverständigen nach § 20 Sprengstoffgesetz konnten die Verdachtsflächen abgebohrt werden, um eine Bohrfreigabe zu erzielen. Hierzu besitzt Stump-Franki nach § 7 Sprengstoffgesetz eine besondere Erlaubnis.

Aufgrund der beengten Bedingungen und des Baugrundes (Sand/Kies), kam ein vergleichsweise kompaktes, dieselbetriebenes Kellerbohrgerät zum Einsatz. Dieses besteht aus zwei separaten Einheiten, die über Hydraulikschläuche miteinander verbunden sind. Der vordere Teil besteht aus einer Bohreinheit, die ca. drei Meter lang und mindestens 75 cm breit ist, und einem Hydraulikaggregat, in dem sich das Dieselaggregat befindet. Durch die geringe Breite der Bohreinheit ist im Fall schmaler Öffnungen der jeweilige Bohransatzpunkt erreichbar.

Gesundheitsschutz für die Mitarbeiter
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren keinen Gefahren durch Abgase ausgesetzt. Der Dieselmotor kann bis zu 25 m von der Bohreinheit stehen. Zusätzliche Abgasschläuche beförderten die Abgase des Dieselaggregats nach draußen. In besonders kritischen Bereichen wurde die Frischluftversorgung über Ventilatoren gewährleistet. Die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Zementstaub wurde vermieden, indem die Misch- und Verpressstation außerhalb des Gebäudes platziert und die Bohreinheit über Verpressschläuche versorgt wurde.

Hohe Anforderungen an Logistik
Das individuell angepasste Bohrgerät musste durch eine schmale Öffnung mit einem Kran in das Gebäude gehoben werden. Die äußerst beengte Lage des WDR im Zentrum von Köln, eine sehr begrenzte Einrichtungsfläche auf der Baustelle sowie mehrere gleichzeitig arbeitende Gewerke erforderten logistische Präzisionsarbeit.

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