Neubau bei laufendem Spielbetrieb

Wildparkstadion Karlsruhe

bauplaner 04/2021
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Der Karlsruher SC bekommt nach langem Warten ein neues erstklassiges Stadion. Ein Novum auch für die Ingenieure von ASSMANN BERATEN + PLANEN, die bei der Planung zum ersten Mal die BIM-Methode anwendeten. Nach seiner Fertigstellung soll das neue Wildparkstadion rund 34.000 Plätze fassen.

Das 1955 erbaute Wildparkstadion im Hardtwald verfügte ursprünglich über 55.000 Plätze und war seinerzeit eine der modernsten Sportstätten Deutschlands. Im Laufe der Zeit wurde das Bauwerk mehrfach erweitert und modernisiert, etwa durch den 1978er Ausbau der Gegentribüne von 5.000 auf 17.000 Plätze oder – die bislang größte Veränderung – den Abriss und Neubau der Haupttribüne im Jahr 1991. Stand 2006 sollte der zuvor auch für Leichtathletik genutzte Veranstaltungsort in den kommenden Jahren in ein reines Fußballstadion umgebaut werden. In derselben Saison stieg der KSC in die erste Bundesliga auf, der versprochene Umbau fiel jedoch aus. Zwei Spielzeiten später stieg der Verein wieder ab. 2014 verkündeten KSC und die Stadt Karlsruhe, dass man nun aus wirtschaftlichen Gründen statt eines Umbaus ein komplett neues Stadion mit rund 34.000 Plätzen bauen wolle. Die Bauarbeiten hierzu haben im November 2018 begonnen. Für die Tragwerksplanung (LP 1-6) des konstruktiv außergewöhnlichen Neubaus zeichnete die ASSMANN BERATEN + PLANEN AG verantwortlich.

Bei laufendem Spielbetrieb
ASSMANN BERATEN + PLANEN war bereits im Architektenwettbewerb um das Stadion als Tragwerksplaner Teil des Siegerteams. Schon damals spielte die Arbeit des Büros in mehrerlei Hinsicht eine tragende Rolle. „Ein Stadion kann man in weiten Teilen als Ingenieurbauwerk sehen, da die Tragwerksplanung die finale Geometrie bestimmt“, erzählt Projektleiter Manfred Klawonn. Zusammen mit den Architekten werde daraus schließlich eine „runde Sache“. Im Fall des neuen Wildparkstadions ist dies noch etwas fordernder als üblich: Die alte Sportstätte wird im laufenden Spielbetrieb nach und nach abgebaut (Abb. 2), während gleichzeitig die neue sukzessive errichtet wird, so dass jederzeit mindestens 15.000 Plätze für die Zuschauer zur Verfügung stehen. Dementsprechend gilt es beim Tragwerk eine Vielzahl an Bauzuständen zu berücksichtigen. Für eine optimale Planung generierten die Ingenieure daher ein 3D-Modell in Allplan Engineering.
Die Tragwerksplaner bearbeiten Stadien bereits seit sechs Jahren in 3D. Ab Leistungsphase drei wird dabei schon modelliert. „Da ein Stadion geometrisch sehr anspruchsvoll ist, hilft hier das 3D-Modell enorm“, versichert Manfred Klawonn. „Im Tribünenbereich werden viele Details gelöst, die man in 2D nur schwer erkennt.“ Ein gewisses Novum stellte das Wildparkstadion für ASSMANN dennoch dar. Es war das erste Mal, dass die Ingenieure bei einem derart großen Projekt die BIM-Methode anwendeten. Die Modellierung in Allplan wurde daher so umgestellt, dass IFC-Modelle mit den anderen Projektbeteiligten ausgetauscht werden können. Zudem wies man den 3D-Körpern tragwerkstechnische und architektonische Eigenschaften zu, was sowohl bürointerne als auch externe Prozesse enorm erleichterte. So ließen sich die Daten etwa zur Erstellung von Schal- und Bewehrungsplänen oder einer Massenermittlung nutzen, während andere Planer wiederum in ihrer Arbeit auf die ausgetauschten Informationen aufbauen konnten.

Knifflige Konstruktion aus Y-Stützen
Neben dem sukzessiven Bauprozess stellte auch die Konstruktion keine geringe Herausforderung dar. Insbesondere die äußeren Dachstützen erwiesen sich als äußerst knifflige Angelegenheit. Anders als im klassischen Stadionbau, stehen diese nicht in einer Flucht zu den Tribünenbalken, sondern sind um ein halbes Achsenfeld versetzt. Daraus ergibt sich eine außergewöhnliche, Y-förmige Geometrie. Die Schwierigkeit bestand nun darin, in den nicht symmetrisch verlaufenden Kreuzungspunkten die Geometrie so anzupassen, dass ein architektonisch harmonisches Bild entsteht. „Der recht einfach zu bedienende 3D-Modellierer von Allplan war hierbei, wie im restlichen Stadion auch, eine sehr große Hilfe“, resümiert Manfred Klawonn. Dank Allplan konnten die Ingenieure erkennen, dass die ursprünglich geplante Geometrie der Y-Stützen dazu führte, dass die oberen Knickpunkte in der Innenansicht in Z-Richtung teils stark voneinander abwichen. „Im Allplan-Modell konnten wir für die Architekten schließlich Lösungen erarbeiten, die gestalterisch als ausführbar eingestuft wurden.“

Da auch die Montage der speziellen Konstruktion kein leichtes Unterfangen darstellt, wurde bei der Ausführung zunächst – quasi zum „Üben“ – mit den „einfachen“ Stützen im geraden Bereich begonnen, ehe man sich an die komplizierteren wagte. Die inzwischen erfolgreiche Montage letzterer stellte damit unter Beweis, dass die mit Allplan entwickelten Details zuverlässig passten. Wenn alles Weitere ebenso glattläuft, kann der KSC 2022 mit seinem neuen erstklassigen Stadion rechnen. Und spätestens dann wird es wieder Zeit für die erste Liga.

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