Neue Plattform für Modellierung, Berechnung und Konstruktion

bauplaner 10/2019
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Die Digitalisierung hat die Bauindustrie erreicht: Laut einer Studie von PwC zur „Digitalisierung der deutschen Bauindustrie“ vom Juli 2019 soll inzwischen mehr als die Hälfte der deutschen Bauunternehmen (52 Prozent) BIM-Erfahrungen gesammelt haben. In den nächsten Jahren wollen fast 80 Prozent der Unternehmen mit BIM arbeiten – wenngleich auch bislang weniger als jede fünfte Firma über eine ausgereifte Strategie für das digitale Bauen verfügt. Doch was für die Planung von Gebäuden immer breitere Akzeptanz findet, steht im Infrastrukturbaubereich noch am Anfang.

Dabei ist das Optimierungspotenzial groß: Allein bei 9 von 10 Infrastrukturprojekten werden die geplanten Termine und Kosten nicht eingehalten. So liegen die Baukosten bei Brückenprojekten im Durchschnitt um 30 Prozent höher als ursprünglich geplant, wie eine umfangreiche Untersuchung des dänischen Experten für Großprojekte Bent Flyvbjerg ergeben hat. Neben der komplizierten Brückengeometrie tragen dazu die immer noch gebräuchliche 2D-Planung sowie die mangelnde interdisziplinäre Abstimmung bei. Ähnlich wie im Hochbau, ist BIM auch im Infrastrukturbau dazu prädestiniert, bessere Qualität und die zuverlässige Einhaltung von Termin- und Kostenplänen zu gewährleisten. 

Da die bestehenden BIM-Lösungen für den Hochbau nicht für die Anforderungen bei der Planung von Infrastrukturbauwerken geeignet sind, sind neue technische Lösungen gefragt. ALLPLAN hat im Rahmen seiner Infrastrukturstrategie eine komplett neue Plattform für die parametrische Brückenmodellierung entwickelt: Allplan Bridge. Seit April 2018 ist der neue parametrische Allplan Bridge Modeler als erster Baustein dieser Produktfamilie verfügbar. Im Oktober 2018 folgte Allplan Bridge Prestressing zur Planung der Vorspannung und im April 2019 Werkzeuge zur Abbildung des Bauablaufs. 

Modellierung, Berechnung und Konstruktion in einem Modell
Ab Oktober 2019 wird die Brückenbau-Lösung Allplan Bridge 2020 um das Modul Allplan Bridge Linear Analysis ergänzt und ermöglicht damit auch statische Berechnungen. Darunter fallen die Definition des statischen Systems, Materialeigenschaften und Einwirkungen sowie die Berechnung von Schnittgrößen, Verformungen und Spannungen. Selbstverständlich werden nichtlineare zeitabhängige Effekte wie Kriechen, Schwinden und Relaxation unter Beachtung des Bauablaufs berücksichtigt. Das statische Modell und das Eigengewicht wird automatisch aus dem parametrischen Brückenmodell abgeleitet.

„Damit ist Allplan Bridge 2020 die weltweit erste voll integrierte Lösung, in der ein gemeinsames parametrisches Modell sowohl für die statische Berechnung als auch für die Konstruktion genutzt wird (Abb. 1). Durch diesen Ansatz werden die Abläufe in der Brückenplanung enorm beschleunigt. Durch den minimalen Zeitaufwand für Änderungen oder Variantenvergleiche kann mit iterativen Verbesserungen ein nahezu optimales Design entwickelt werden. Dazu haben wir unsere ganze Erfahrung im Brückenbau und neueste IT-Technologie kombiniert, um trotz weitgehender Automatisierung den Ingenieuren keinerlei Beschränkungen bei Freiheit und Kreativität aufzuerlegen”, erläutert Vanja Samec, Geschäftsführerin von ALLPLAN Infrastructure.
Änderungen am Brückenmodell sind arbeitsintensiv und fehleranfällig. Mit Allplan Bridge können Brückenmodellierer, Tragwerksplaner und Konstrukteure diese Herausforderungen meistern. Das geometrische und das statische Modell sind aufgrund ihres hohen Detaillierungsgrades ideal für die visuelle Planung und Koordination: Wenn das Modell an einer Stelle geändert wird, passen sich alle zugehörigen Brückenelemente – inklusive des statischen Modells – automatisch an (Abb. 2). Die enorme Verbesserung der Planungseffizienz bestätigen auch die Anwender. Marina Pütz, BIM-Koordinator bei der Pöyry Deutschland GmbH sagt: „Die Brückenplanung kann bereits begonnen werden, ohne die endgültigen Trassierungsachsen der Verkehrsanlage vorliegen zu haben. Änderungen an Achse und Gradiente können nun einfach und schnell vorgenommen werden.“

Volle Kontrolle über das Gesamtmodell
Dank eines technologischen Durchbruchs leitet sich das statische Modell automatisch aus dem geometrischen Modell ab (Abb.3). Arbeitsaufwand und Fehleranfälligkeit werden dadurch enorm reduziert. Der Ingenieur behält dabei die volle Kontrolle, indem er beispielsweise gezielt festlegen kann, welche Brückenteile zum Tragverhalten beitragen und welche nur Lasten darstellen oder ob ein Stab- oder Trägerrostmodell verwendet werden soll. Der Brückenbauingenieur analysiert den definierten Bauablauf und erzeugt in einem automatisierten Prozess alle notwendigen Berechnungsdefinitionen, wie Lastfälle, Elementaktivierungen und Berechnungsaktionen. Das beinhaltet auch die Daten zur Berechnung nichtlinearer zeitabhängiger Effekte wie Kriechen, Schwinden und Relaxation. Auch dabei ist völlige Transparenz gewährleistet und der Ingenieur behält stets die volle Kontrolle. 

Das Gewicht und die Position von Eigenlasten aus nichttragenden Elementen (wie Gehweg, Fahrbahn usw.) werden automatisch aus dem geometrischen Modell abgeleitet. Der Benutzer muss nur die Zeit angeben, zu der das Element installiert wird, und die Last wird entsprechend aufgebracht. Alle anderen Zusatzlasten, wie Temperatur oder Windlasten, können ebenfalls komfortabel definiert und angewendet werden. Die Benutzerfreundlichkeit der Überlagerung in Allplan Bridge ist bahnbrechend. Die schematische Definition der Überlagerung kombiniert maximale Flexibilität und mit optimaler Übersicht. Es ist möglich, mehrere Spannungskomponenten in benutzerdefinierten Spannungspunkten auszuwählen und eine spannungsführende Überlagerung durchzuführen. Der Überlagerungsprozess ermöglicht außerdem das Speichern von zugehörigen Schnittgrößen zwischen verschiedenen Elementen. 

Für alle zuvor im Bauablauf automatisch und manuell definierten Berechnungsaktionen wird eine globale statische Berechnung basierend auf der Bernoulli-Balkentheorie durchgeführt. Die Theorie wurde erweitert, um auch die Änderung des Querschnitts korrekt zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird die nichtlineare Berechnung von zeitabhängigen Effekten unter Beachtung der genormten Bemessungsregeln durchgeführt. 

Fazit
Mit Allplan Bridge wurde eine völlig neue Plattform für die Modellierung, Berechnung und Konstruktion geschaffen, die konsequent auf einfachste Bedienung, effiziente Arbeitsabläufe und kompromisslose Qualität ausgelegt ist. Indem für Berechnung und Konstruktion nicht mehr zwei getrennte, sondern ein gemeinsames Brückenmodell verwendet wird, wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessert. Durch das parametrische Modell und die weitgehende Automatisierung von Arbeitsschritten verringert sich die Bearbeitungsdauer dramatisch, insbesondere bei den bislang äußerst zeitaufwendigen und fehleranfälligen Planungsänderungen. Mit Allplan Bridge steht eine BIM-Lösung der neuen Generation bereit, die Planung und Ausführung von Brückenprojekten verändern wird.

www.allplan-infra.com 

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