OMNITURM – Nachwuchs für Frankfurts Skyline

Bollinger + Grohmann Ingenieure setzen auf Allplan Engineering

bauplaner 09/2018
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Die Skyline von Frankfurt am Main ist europaweit einzigartig. Allein neun der etwa 30 Gebäude von über 100 Metern Höhe zählen zu den zehn höchsten der Bundesrepublik. Bis 2019 soll dieses Ensemble um einen weiteren Wolkenkratzer reicher werden. Dann wird der OMNITURM mit ca. 190 Metern das fünfthöchste Gebäude Frankfurts und gleichzeitig das erste Hochhaus in Deutschland mit echter Mischnutzung sein,das neben Büro- und Wohnraum auch öffentliche Flächen bereithält (Abb. 1). Bauherr TishmanSpeyer hat bereits mit MesseTurm, OpernTurm und TaunusTurm drei Ikonen des Frankfurter Stadtbildes aus der Wiege gehoben.

Im Architektenwettbewerb um den OMNITURM konnte sich der Entwurf von BIG (Bjarke Ingels Group) in Zusammenarbeit mit Bollinger+ Grohmann Ingenieure durchsetzen: Ein zunächst klassisch linear anmutender Hochhausbau, der mit raffiniert verschobenen Ebenen über ein aufsehenerregendes Alleinstellungsmerkmal verfügt.

Parallel zum Wettbewerb fertigten Bollinger + Grohmann Ingenieure eine Machbarkeitsstudie an.

Im Anschluss an das gewonnene Auslobungsverfahren zeichneten die Ingenieure zu weiten Teilen für die Tragwerks- und Fassadenplanung (LP 1-3 sowie LP 6), eine vorgezogene Lastermittlung mit prüffähiger Aussteifungsberechnung sowie für die Genehmigungs und Ausführungsplanung für die Bohrpfähle (Gründung) und Teildeckel (Baugrube) verantwortlich.

Anspruchsvolles Stützsystem

Das ambitionierte Bauvorhaben brachte eine Reihe von Herausforderungen für Bollinger +Grohmann Ingenieure mit sich. So verzichtet der OMNITURM auf die üblichen Eckstützen und bietet seinen Nutzern uneingeschränkte Ausblicke aus den beliebten Eckräumen.

Dementsprechend galt es, zusammen mit BIG und B & V Braun Canton Architekten ein Stützensystem zu entwickeln, das ohne diese Tragwerksteile auskommt. Ebenso musste dem Alleinstellungsmerkmal des Turms Rechnung getragen werden: Die als öffentlicher Raum konzipierten Sockelgeschosse sowie die Wohngeschosse in der Gebäudemitte sind entlang der Vertikal achse verschoben. Das bedeutete, dass die Geometrie der Stützenstränge auf diesen Etagen optimiert werden musste, um Schrägstellungen bzw. Umlenkungen der Stützen zu minimieren (Abb. 2).

Anspruchsvoll war auch die Gründung des Turms, welche eine kombinierte Pfahl-Platten-Gründung (KPP) inklusive Abstimmung der Federsteifigkeiten mit dem Bodengutachter erforderte. Des Weiteren bedurfte es einer Baugrube in Teildeckelbauweise. Diese sollte in zwei Teildeckeln (Decke über 2. und 4. UG)und – da es sich um einen separaten Auftrag handelte – mit vom Rohbau unabhängigen Primärstützen ausgeführt werden.

Aufgrund der Schlankheit der Teildeckel waren diese stabilitätsgefährdet, so dass Schalenbeulen zu entstehen drohten. So mussten in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, der A.R.G.E. Tiefbau TESSUTO, quasi „schwebende“ Teildeckel mit Aufhängung an der Bohrpfahlwand und nachjustierbarer Aufhängung an den Primärstützen entwickelt werden.

Die hochbewehrten Teildeckel erforderten zudem an verschiedenen Stellen extreme Bewehrungskonzentrationen, so etwa in den Durchstanzbereichen ,Anschlusspunkten der späteren Hochhausstützen und Lasteinleitungspunkten am Deckelrand, mit entsprechend komplexer Planung (Abb. 3).

Exakte Planung mit hochfestem Bewehrungsstahl

Die Entwicklung des speziellen Stützensystems ohne Eckstützen, inklusive einer optimierten Geometrie in Hinblick auf Stützenstellung und -verzug in Schnitt und Grundriss,erfolgte zunächst mithilfe parametrischer Modelle in der Software Rhino.

Nachdem die Grundgeometrie definiert war, konnten die Daten zur weiteren Bearbeitung und schließlich zur Erstellung der Planunterlagen der Entwurfsplanungproblemlos in Allplan Engineering übertragen werden. Da für die Stützen zur Reduzierung der Bewehrungsfläche eine Bewehrung 3 aus hochfestem Bewehrungsstahl SAS 670 vom Stahlwerk Annahütte (SAH) vorgesehen war, kam hier den Ingenieuren der in Allplan Engineering integrierte Katalog für Schraubmuffensysteme zugute.

Der Bewehrungsstahl SAS 670 vom Stahlwerk Annahütte (SAH) kann bis zu 34 Prozent mehr Last übertragen als herkömmlicher Betonstahl B500B. Dadurch lässt sich die erforderliche Bewehrungsfläche erheblich reduzieren, was Kostenvorteile bei Material und Verlegearbeit einbringt. Der Gewindestahl besitzt ein endlos schraubbares Grobgewinde, wodurch die Stäbe an jeder Stelle gekürzt oder verlängert sowie Übergreifungsstöße durch Muffenstöße vermieden werden können.

Das warmgewalzte Grobgewinde ist überdies gegen mechanische Beschädigung unempfindlich (Abb. 4).

Die Hochleistungsbewehrung kam bereits beim One World Trade Center, der 432 Park Avenue oder dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York zum Einsatz.

Beim OMNITURM wie auch bei den vorgenannten Projekten ermöglicht die Bewehrung aus SAS 670 eine sehr viel schlankere Bauweisein den aufgehenden Betonstützen, was letztendlich zu mehr nutzbarer Fläche führt.

In Städten mit hohen Mietpreisen ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor.

Hochkomplexe Bewehrungsführung in 3D

Die Geometrie bzw. der Schalplan der„schwebenden“ Teildeckel wurde aufgrund des vom Rohbau losgelösten Auftrags- und Bearbeitungsumfangs mit Allplan Engineering klassisch in 2D geplant.

Auch die Berechnung der Grundbewehrung erfolgte in 2D. Insbesondere bei der Planung der Stellen mit extremer Bewehrungskonzentration machte sich die Software bezahlt. So wurden alle hochbelasteten Knotenpunkte mit 3D-Modellen geplant. Dabei konnte die hochkomplexe Bewehrungsführung präzise und übersichtlich entwickelt und anhand von Mockups mit der Baustelle abgestimmt werden.

Gleichermaßen profitierten die Ingenieure von Allplan Engineering bei der Erstellung der Pläne für die teilweise doppelreihig mit D40 bewehrten Gründungspfähle der KPP, welche auch die Entwicklung der Bewehrungsstöße (Schraubmuffen) umfasste.

www.allplan.com
www.bollinger-grohmann.com 

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