Radon – eine Gefahr, auch für die Planung

Aufklärungs- und Informationspflichten bei den Bauschaffenden

Deutsches Ingenieurblatt 9/2021
FKT
Energie, Umwelt, Betriebssicherheit
Objekte
Recht

Radon ist ein bewegliches, radioaktives Edelgas, das weder gesehen, gerochen noch geschmeckt werden kann. Es entsteht beim radioaktiven Zerfall von Uran und kommt zum Beispiel im Erdboden oder in Baumaterialien vor. Radon ist nach dem Rauchen die häufigste Ursache, an Lungenkrebs zu erkranken. Deshalb ist das Thema Radon auch beim Planen und Bauen längst zu einem haftungsrechtlich relevanten Thema geworden.

Durch die Richtlinie 2013/59/Euratom des Rats vom 5. Dezember 2013 wurden erstmals europaweit Vorgaben für die Radonbelastung in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsplätzen getroffen. Mit dem am 27. Juni 2017 ausgefertigten und am 31. Dezember 2018 in Kraft getretenen Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) wurde in Deutschland das Recht zum Schutz vor schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung umfassend neu geordnet. Am 20.05.2021 wurde bereits die erste Änderung des StrlSchG im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. 2021 Teil I Nr. 27, S. 1194 ff.). Das StrlSchG verpflichtet Staat, Arbeitgeber und Bauherren zu Maßnahmen zum Schutz vor Radon. Hieraus ergeben sich weitreichende haftungsrechtliche Konsequenzen auch für Planerinnen und Planer insbesondere in Bereichen wie: 

  • Edelgas Radon in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsplätzen,
  • radioaktiven Altlasten,
  • Radioaktivität in Bauprodukten.
  • Übersteigt die Radonbelastung in Aufenthaltsräumen den maßgeblichen Referenzwert, liegt ein Mangel vor, der Gewährleistungs- bzw. Mängelansprüche auslösen kann. Dies ist insbesondere bei der Planung von Neu- oder Umbauten zu beachten.

In diesem Zusammenhang hat jetzt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit einer Broschüre „Radon – Schutz vor einem unterschätzten Innenraumschadstoff“ auf Maßnahmen und rechtliche Regelungen zum Schutz vor Radon aufmerksam gemacht. Dabei sind von Ingenieurinnen und Ingenieuren insbesondere in den festgelegten Radonvorsorgegebieten die nach dem StrlSchG und der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) beschriebenen Maßnahmen zu beachten. Auf Verordnungsebene sind technisch-konkretisierende Vorgaben zu Verfahren und Kriterien für die Festlegung von Radonvorsorgegebieten, für die Ermittlung der von Bauprodukten ausgehenden Exposition, für die Ermittlung der Exposition bei Altlasten, für die Optimierung der ergriffenen Sanierungsmaßnahmen sowie für die Emissions- und Immissionsüberwachung bestimmt. Desweiteren sind konkretisierende Vorgaben für die Anwendung der Regelungen zum Schutz vor Radon an Arbeitsplätzen sowie für den Schutz von Personen festgelegt, die im Zusammenhang mit einer bestehenden Expositionssituation bei ihrer Berufsausübung exponiert sind.

Notwendige bauliche Maßnahmen
Ingenieure und Architekten haben insoweit Aufklärungs- und Informationspflichten v. a. beim Bauen in Radonrisikogebieten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Aufklärung von Auftraggebern und der Empfehlung oder Durchführung von Messungen sowie des Treffens von Maßnahmen zur Einhaltung der vorgegebenen Strahlenschutzwerte. Nur wenn das Gebäude die festgelegten Grenzwerte nach Planung und Ausführung auch tatsächlich einhält, ist es auch mangelfrei. Deshalb ist es unabdingbar, die Radonrisikogebiete zu kennen sowie den Bauherrn über entsprechende bauliche Maßnahmen zu informieren. In Gebieten mit mittlerer Radonkonzentration müssen Ingenieure und Architekten im Einzelfall abklären, welche baulichen Maßnahmen notwendig sind. Zentrale Vorschrift ist dabei § 123 StrlSchG für Maßnahmen an Gebäuden. Danach sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Zutritt von Radon aus dem Baugrund zu verhindern oder erheblich zu erschweren. Diese Pflicht gilt als erfüllt, wenn

  1. die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlichen Maßnahmen zum Feuchteschutz eingehalten werden und
  2. in den Radonvorsorgegebieten zusätzlich die in der StrlSchV bestimmten Maßnahmen eingehalten werden.

Zu den Bundesländern mit Radon-Vorsorgegebieten gehören derzeit Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ferner hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Karten mit radonbelasteten Gebieten und Wohnungen in Deutschland veröffentlicht (www.bfs.de).

Darüber hinaus legt das StrlSchG in Verbindung mit der StrlSchV Grenzwerte und Maßnahmen fest, die zum Schutz vor Radon zu beachten sind.

Aufenthaltsräume und Arbeitsplätze
Für Aufenthaltsräume und Arbeitsplätze in Innenräumen beträgt der gesetzliche Referenzwert 300 Becquerel pro Kubikmeter für die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration (Radonkonzentration) in der Luft (§ 124 und 126 StrlSchG). Bei Immobilien, die nach dem 5.12.2013 erstellt oder umfassend umgebaut wurden, kann allerdings im Einzelfall auch ein geringerer Wert ab 100 Bq/m3 in Betracht kommen.

Neubauten
Für Neubauten regelt das Strahlenschutzrecht: Wer ein Gebäude mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen errichtet, hat geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Zutritt von Radon aus dem Baugrund zu verhindern oder erheblich zu erschweren (§ 123 Abs. 1 Satz 1 StrlSchG). Das Strahlenschutzrecht zeigt darüber hinaus mögliche geeignete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Pflicht auf (§ 123 Abs. 1 Satz 2 StrlSchG und § 154 StrlSchV). Hierzu gehört beispielsweise, neue Gebäude durchgehend gegen Bodenfeuchte und damit auch gegen das Eindringen von Radon abzudichten.

Bestandsgebäude
Wer während der baulichen Veränderung eines Gebäudes mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen Maßnahmen durchführt, die zu einer erheblichen Verminderung der Luftwechselrate führen, soll die Durchführung von Maßnahmen zum Schutz vor Radon in Betracht ziehen, soweit diese Maßnahmen erforderlich und zumutbar sind. Undichte Stellen in Bestandsgebäuden müssen identifiziert und beseitigt werden.

Gegen hohe Konzentrationen von Radon in Häusern empfiehlt das BfS als Erstmaßnahme, regelmäßig zu lüften und undichte Stellen in Keller und Erdgeschoss abdichten zu lassen. Der Erfolg der Maßnahmen sollte durch Messungen überprüft werden. Gegebenenfalls ist eine Radon-Fachperson zur Beratung zu weiteren Maßnahmen heranzuziehen.

Neue DIN-Norm
Mit Ausgabedatum 2021-09 ist die DIN/TS 18117-1 Bauliche und lüftungstechnische Maßnahmen zum Radonschutz - Teil 1: Begriffe, Grundlagen und Beschreibung von Maßnahmen erschienen. Dieses Dokument kann bei der Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin, www.beuth.de, bezogen werden.

Ausblick
Aufgrund der mit der strahlenschutzgerechten Planung und Sanierung verbundenen Kostenauswirkungen auf den Bauherrn wurde das Bundesumweltministerium bereits aufgefordert zu prüfen, ob eine Förderung dieser Maßnahmen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) möglich ist. Derzeit ist lediglich bei Förderprogrammen zur Wohnraum-Modernisierung auf Antrag die Bezuschussung baulicher Einzelmaßnahmen möglich, um
z. B. durch entsprechende Lüftungseinrichtungen die Konzentration von Radon in Wohnräumen zu verringern, bzw. vollständig zu vermeiden.

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