Rechtsschutz

...und alternative Konfliktbeilegungen im Rahmen der Berufs-Haftpflichtversicherung.

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Aus der Praxis

Eine rechtliche Beratung bzw. Rechtsschutz wird nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch im beruflichen Umfeld immer mal wieder benötigt. Im Bedarfsfall werden Rechtsanwälte, Rechtsschutzversicherungen oder eine anderweitige rechtliche Beratung in Anspruch genommen. Eine Unterstützung, die oft nicht bekannt bzw. unterschätzt wird, gibt es im Schadenfall aber auch von dem eigenen Haftpflichtversicherer.

Zweck einer Haftpflichtversicherung ist vor allem der Schutz des Versicherungsnehmers vor den wirtschaftlichen Folgen seiner Haftpflicht gegenüber Dritten. Der Haftpflichtanspruch des Versicherungsnehmers ist somit auf Befreiung von Ansprüchen gerichtet, die von einem geschädigten Dritten geltend gemacht werden. Zu der Leistungspflicht des Versicherers zählt jedoch neben der Prüfung des Anspruchs dem Grunde und der Höhe nach auch die Abwehr unbegründeter oder übersetzter Ansprüche. Die Abwehr von unberechtigten/unbegründeten Ansprüchen, die gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, ist ein wesentliches Element in der Berufs-Haftpflichtversicherung. Diese Pflicht zur Abwehr ist neben der Verpflichtung zur Zahlung von begründeten Schadenersatzansprüchen eine Hauptleistungspflicht des Versicherers1). Dem Versicherer wird damit die Möglichkeit eröffnet, in einem frühen Stadium im Interesse des Versicherungsnehmers tätig zu werden. Durch diese aktive Verpflichtung zur Abwehr bietet die Haftpflichtversicherung eine nicht zu unterschätzende „passive“ Rechtsschutzfunktion für den Versicherungsnehmer. Was bedeutet dies in der Praxis? Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch erhoben, führt der Versicherer nicht nur den anfallenden Schriftwechsel, sondern holt bei Bedarf u. a. Gutachten ein, beauftragt einen Rechtsanwalt oder Sachverständigen oder führt sogar einen aktiven Prozess2). Der Versicherer ist bevollmächtigt, alle ihn zur Abwicklung des Schadens oder der Abwehr des Schadenersatzanspruchs zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben. Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit, ist der Versicherer bevollmächtigt, den Haftpflichtprozess – also die Frage, ob der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftpflichtig ist – auf seine Kosten (Rechtsanwalts-, Gutachter- und Gerichtskosten) im Namen des Versicherungsnehmers zu führen3). Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes erfolgt im Falle eines gerichtlichen Verfahrens ebenfalls durch den Versicherer. Diese Rechtsschutzfunktion besteht sogar dann, wenn die unbegründeten Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme überschreiten. Soweit im Versicherungsvertrag vereinbart, ist der Versicherer sogar bei Schäden, deren Höhe die Selbstbeteiligung des Versicherungsvertrags nicht übersteigt, zur Abwehr der unberechtigten Schadenersatzansprüche verpflichtet.
Ein Beispiel für einen erfolgreichen passiven Rechtsschutz stellt Florian Blohut, Leiter der Abteilung Planungshaftpflicht Schaden bei der HDI Versicherung dar. In diesem Fall vertrat ein Architekt die Meinung, dass der Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner im Rahmen eines Bauvorhabens, bei dem Feuchtigkeitsschäden auftraten, mithaften müsste, da der Versicherungsnehmer mit der Baugrunduntersuchung beauftragt war. Ein von dem Versicherer beauftragter Rechtsanwalt vertrat den Versicherungsnehmer vor Gericht. Die Klage gegen unseren Versicherungsnehmer konnte erfolgreich abgewendet werden, da das Gericht u. a. keine gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem Architekten und dem Baugrundgutachter als Sonderfachmann bejahte. In dem Schadenfall sind Rechtsanwaltskosten in einem 5-stelligen Betrag angefallen. Diese Rechtsanwaltskosten werden nicht auf die Versicherungssumme angerechnet, da die Aufwendungen des Versicherers für gerichtliche und außergerichtliche Kosten nicht auf die vereinbarte Versicherungssumme angerechnet werden. Sie stehen damit zusätzlich zur Verfügung. Hier gibt es jedoch Grenzen. Übersteigen die Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme, so trägt der Versicherer die Prozesskosten jedoch nur im Verhältnis der vereinbarten Summe zur Gesamthöhe der Ansprüche.

Im Sinne des Rechtsschutzgedankens wird in vielen Versicherungsbedingungen auch Strafrechtsschutz angeboten. Dies kann z. B. relevant werden, wenn durch einen aus der beruflichen Tätigkeit resultierenden Schadenfall mit einem Personenschaden ein Strafverfahren ausgelöst wird. Versichert sind in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren die Kosten für die Verteidigung sowie die Gerichtskosten und ortsübliche Kosten für notwendige Sachverständigengutachten. Voraussetzung ist natürlich, dass das Verfahren einen Haftpflichtanspruch zur Folge haben könnte, der unter den Versicherungsschutz fällt. Darüber hinaus sind nicht alle Arten von Verstößen versichert. Die Verletzung von verkehrsrechtlichen Vorschriften wird in der Regel ausgeschlossen.

Außergerichtliche Konfliktlösungen – Alternativen

Gerichtsverfahren sind insbesondere bei Bausachen aus unterschiedlichen Gründen oft sehr zeit- und kostenintensiv. Ein Bauvorhaben zieht sich unter Beteiligung vieler verschiedener Baubeteiligter von der Projektentwicklung bis zur Bauausführung durch verschiedene Phasen. Die damit verbundenen vielfältigen Risiken können Nährboden für entsprechend vielfältige Konfliktsituationen sein. Hinzu kommt, dass Bauvorhaben in der Regel unter dem Druck von Zeit und Kosten entstehen. Dementsprechend ist in bestimmten Konfliktsituationen eine schnelle Klärung durch eine neutrale dritte Partei als Alternative zu einem langen Bauprozess eine mögliche Alternativlösung.

Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) wurden erstmalig 2016 Rahmenbedingungen geschaffen, die es Verbrauchern ermöglichen, sich bei Streitigkeiten mit einem Unternehmer an eine Schlichtungsstelle zu wenden. Hiernach müssen z. B. alle Unternehmen, Gewerbetreibende wie Freiberufler, Dienstleister etc. seit Februar 2017 darlegen, ob sie freiwillig bereit sind oder durch bestimmte Regelungen verpflichtet, Beschwerden ihrer Privatkunden in einem außergerichtlichen Verfahren prüfen zu lassen, und erklären, bei welcher Stelle dieser Schlichtungsversuch stattfinden soll. Eine Verpflichtung hierzu kann sich aus gesetzlichen Vorschriften wie z. B. dem § 57a Luftverkehrsgesetz oder einer Vereinbarung durch eine Schlichtungsabrede ergeben.
Darüber hinaus gibt es keine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren, jedoch wurden mit dem § 36 VSBG Informationspflichten eingeführt. Diese Informationspflichten gelten für Büros, die mehr als 10 Personen beschäftigen. Verwendet z. B. ein darunter fallendes Ingenieur- oder Architekturbüro allgemeine Geschäftsbedingungen und/oder unterhält eine Website, bedeutet dies, dass sie darlegen müssen, ob es verpflichtet oder bereit ist an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Zum 01.01.2020 hat der Bund eine Verbraucherschlichtungsstelle mit Auffangzuständigkeit, die Universalschlichtungsstelle des Bundes, eingeführt.

Darüber hinaus haben sich in den letzten Jahren zahlreiche außergerichtliche Methoden zur Konfliktlösung etabliert. Welche alternative Streitbeilegungsmethode bietet sich für den jeweiligen individuellen Sachverhalt an? Nachfolgend werden einige Verfahren dargestellt.

Mediation

Bei der Mediation handelt es sich um ein freiwilliges Verfahren zur eigenverantwortlichen, konstruktiven Beilegung eines Konflikts. Die Umsetzung einer EU-Richtlinie in Form des Mediationsgesetzes im Jahre 2012 zeigte, dass die Mediation in Deutschland an Bedeutung zugenommen hat. Im Vordergrund dieses Verfahrens steht die selbstbestimmte Problemlösung des Konflikts durch die Parteien, die durch einen unparteiischen Dritten gefördert wird.4) Der Mediator begleitet, moderiert und unterstützt die Parteien auf dem Weg zur Problemlösung. Er trifft keine Entscheidungen und macht keine konkreten Lösungsvorschläge, sondern führt die Parteien zu einer selbstbestimmten Lösung. Der Vorteil gegenüber einem gerichtlichen Verfahren ist die kurze Verfahrensdauer und der übersichtliche Kostenfaktor. In der Regel steht eine zukunftsorientierte Lösung und nicht ein in der Vergangenheit liegender Konflikt im Vordergrund. Das Verfahren eignet sich z. B. für eine Konfliktprävention während einer Bauphase. Da es sich hier jedoch um ein eigenverantwortliches Verfahren handelt, ist Voraussetzung, dass eine Einigungsbereitschaft zwischen den Parteien besteht, da der Erfolg des Verfahrens insbesondere von den beteiligten Parteien abhängt.

Schlichtung

Bei der Schlichtung handelt es sich ähnlich wie bei der Mediation um eine gütliche Einigung unter Beteiligung eines neutralen Dritten. Der Schlichter hat auch hier eine Vermittlerrolle und soll die Parteien zu einer gütlichen Einigung leiten. Der Schlichter erörtert die Sach- und Rechtslage und kann z. B. bei Baustreitigkeiten bei Bedarf einen Sachverständigen hinzuziehen. Im Gegensatz zum Mediator macht der Schlichter einen unverbindlichen Einigungsvorschlag. Auch für dieses Verfahren gilt, dass es nur Erfolg versprechend ist, wenn die Parteien grundsätzlich noch gesprächs- und einigungsbereit sind.

Die Vorzüge dieser Verfahren haben auch die Architekten- und Ingenieurkammern erkannt. Mediation und Schlichtungsverfahren werden von diesen überwiegend für ihre Mitglieder angeboten.

Schiedsverfahren /Schiedsgerichtsverfahren

Bei Architekten- oder Ingenieurverträgen findet sich oft –insbesondere bei größeren Projekten – eine Regelung über einen Schiedsvertrag oder eine Schiedsgerichtsvereinbarung. Hier erfolgt ähnlich einem gerichtlichen Verfahren eine Erörterung der Sach- und Rechtslage durch ein sachkundiges Schiedsgericht. Im Fall baurechtlicher Streitigkeiten somit eine bautechnische oder baubetriebliche Tatsachenfeststellung. Streitgegenstand ist in der Regel ein Konflikt aus der Vergangenheit. Im Rahmen eines Schiedsverfahrens fällt ein sachkundiges Schiedsgericht einen verbindlichen Schiedsspruch, der wie ein gerichtliches Urteil wirkt und vollstreckbar ist.5)

Adjudikation

Adjudikation ist ein Verfahren aus dem englischen Recht und klärt nur das Verhältnis zwischen zwei Parteien. Es ist ein auf den Baubereich fokussiertes Verfahren, bei dem von einer neutralen, fachkompetenten Person – dem Adjudikator– eine eigenständige Sachverhaltsermittlung durchgeführt wird. Soweit während des Bauablaufs schon Konflikte auftreten, kann ein Adjudikator hinzugezogen werden, um so den Konflikt während der Bauphase zu lösen. Der Adjudikator muss dann innerhalb von 28 Tagen eine Entscheidung treffen, die auch vollstreckbar ist.

Alternative Konfliktbeilegungen in der Berufs-Haftpflichtversicherung

Die Bedeutung und die Vorzüge alternativer Konfliktbeilegungen haben zunehmend auch die Versicherer erkannt. In den letzten Jahren sind immer mehr auch alternative Lösungen in die Versicherungsbedingungen aufgenommen worden. Während das Schiedsgerichtsverfahren mittlerweile schon fast standardmäßig enthalten ist, gibt es inzwischen auch Versicherer, die Schlichtung oder Mediation bedingungsgemäß anbieten. Voraussetzung für eine Beteiligung des Versicherers ist, dass Streitgegenstand Schadenersatzansprüche sind, die unter den Versicherungsschutz fallen. Da der Versicherer wie oben dargestellt im Versicherungsfall die Prozessführung und Schadenregulierung übernimmt, ist in jedem Fall zu empfehlen, dass der Versicherungsnehmer vor Zustimmung eines alternativen Verfahrens wie z. B. Schlichtung oder Mediation Rücksprache mit seinem Versicher erhält bzw. sich mit diesem abstimmt. Meist findet sich bereits in den Versicherungsbedingungen ein Hinweis, ob die Kosten für die alternativen Verfahren nach Absprache übernommen werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Versicherungsnehmer die Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag erfüllt und der Versicherer seiner Abwehr- und Regulierungsaufgabe im Interesse des Versicherungsnehmers gerecht werden kann.

FAZIT

Wie aus der vorangegangenen Darstellung ersichtlich wird, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um Rechtsschutz zu erlangen und Konflikte zu lösen. Welches Verfahren sich eignet, kann nur individuell entschieden werden. Im Vorfeld eines Projekts kann aber z. B. bereits eine vertragliche Regelung aufgenommen werden, wie man sich im Falle eines Konflikts verständigen möchte. Im Konfliktfall stehen im Übrigen verschiedene Lösungs- und Beratungsmöglichkeiten von unterschiedlichen Stellen zur Verfügung.