Alt und Neu – in Stein

green BUILDING 4/2019 (#92)
DATAGROUP BGS GmbH
Architektur & Design

Das Hafengebiet von Osnabrück ist durch eine industrielle Umgebung geprägt. Entsprechend schwierig gestaltet es sich für Architekten, neue Gebäude so zu planen, dass diese den heutigen Ansprüchen an Modernität genügen und sich in der Umgebung behaupten. Vor diese Herausforderung wurde auch die Lübecker Riemann Gesellschaft von Architekten bei der Erweiterung eines Firmenhauptsitzes gestellt. 

Bis vor kurzem war die Verwaltung der Q1 Energie AG noch in einem Altbau aus den 1950er-Jahren untergebracht. Aufgrund des stetigen Unternehmenswachstums entschied sich die Eigentümerfamilie jedoch dazu, den Firmenhauptsitz um einen direkt angeschlossenen Neubau zu erweitern und danach zu sanieren. Der Neubau erfüllt nun die Anforderungen der Eigentümerfamilie nach einem barrierefreien Zugang und folgt gleichzeitig dem Konzept des Architekturbüros eines lichtdurchfluteten Gebäudes, das Merkmale des Altbaus wieder aufnimmt. Für ein ansprechendes und freundliches Erscheinungsbild sorgt der dafür verwendete Naturstein Bauhaus-Travertin der Traco GmbH – Deutsche Travertin Werke. 

Industriell geprägter Standort
Der Firmenhauptsitz der Q1 Energie AG liegt im Osnabrücker Stadtteil Hafen. „Der Standort im Osnabrücker Hafengebiet ist stark industriell geprägt; in unmittelbarer Nachbarschaft des Firmensitzes, der seit den 50er-Jahren hier beheimatet ist, befindet sich ein Schrottplatz, der von einer Hafenbahn angefahren wird“, erklärt Hanno Nachtsheim, Architekt und Geschäftsführender Gesellschafter der Riemann Gesellschaft von Architekten. „Also grober geht es kaum; dennoch rückt auch hier das Gebäude aus den 50er-Jahren in den Vordergrund, das sich als zeittypisches Gebäude in diesem städtischen Niemandsland behauptet.“ Um den Ansprüchen der Auftraggeber gerecht zu werden, sollte deshalb ein Neubau entstehen, der durch seine Architektur eine starke Präsenz bewirkt. 

Die Architekten sahen es als eine der Hauptaufgaben an, dem Gebäude in der eher grob wirkenden Umgebung Kraft und Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig sollte der neue Verwaltungssitz die Unterbringung moderner, lichtdurchfluteter Büro- und Schulungsräume ermöglichen und Kunden wie Mitarbeitern auf diese Weise maximale Offenheit und Transparenz vermitteln. Da eine direkte Verbindung zwischen Neu- und Altbau geplant war, sollte das neue Gebäude Kontinuität ausstrahlen und eine Bezugnahme zum Altbau offensichtlich werden. 

Barrierefreie Erschließung im Mittelpunkt
Auf Basis dieser Anforderungen begann das Architekturbüro Ende 2012 mit den Planungen des Neubaus. Die Eigentümerfamilie gab dabei zwar vor, welche Nutzung für das spätere Gebäude vorgesehen war, ließ dem Architekten jedoch nahezu freie Hand bei der konkreten Ausgestaltung der Raumplanung. „Ein nicht ganz unwichtiges Thema war die barrierefreie Erschließung des Gesamtensembles; in den 50er-Jahren noch kein Thema von Bedeutung, heute schon: Über den Neubau, dessen Eingangshalle auf Geländeniveau liegt, sind nun alle Ebenen barrierefrei erschlossen, auch die des Altbaus, der über einen gläsernen Verbindungsbau mit Brücken aus Stahl angebunden worden ist“, so die Architekten. 

Wer nun den Neubau über den Haupteingang betritt, kann dies ohne zusätzliches Treppensteigen tun, da sich der Eingang auf Geländeebene befindet und sich als Halbgeschoss zwischen das Unter- und das Erdgeschoss schiebt. Ins Auge fällt beim Betreten des Gebäudes zunächst das helle Ambiente: Trotz der streng gerasterten Fassade verfügt der Neubau über zahlreiche große Fenster. Zusätzlich wurde ein Dachoberlicht im Bereich des Treppenhauses integriert. Ein wesentliches Merkmal der Treppe ist ihre Offenheit. Alle Geschosse bis hin zum Untergeschoss sind ohne getrennte Flure miteinander verbunden. Dadurch kann das Oberlicht bis in die unterste Etage wirken und so im ganzen Gebäude bis in die späten Stunden für eine warme und freundliche Atmosphäre sorgen. 

Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die gläsernen Bürotrennwände. Sowohl der Schulungsraum im Untergeschoss als auch die Arbeitsräume, die sich im Erdgeschoss und im ersten Stockwerk befinden, werden über den ganzen Tag hinweg mit viel Sonnenlicht versorgt. Desweiteren setzt sich der Neubau vom alten Verwaltungsgebäude durch ein zusätzliches Staffelgeschoss ab, in dem sich ein von großen Glasflächen geprägter Konferenzraum befindet. Auf derselben Ebene wurde auch eine großzügige Dachterrasse angelegt, die für alle Mitarbeiter frei zugänglich ist. Trotz der industriell geprägten Umgebung erlaubt sie einen schönen Blick auf den Hafen und die Stadt. 

Rasterfassade aus Naturstein
Der Neubau übernahm nicht nur die Höhe des Altbaus – auch die Fassade wurde vom strengen Raster des alten Gebäudes inspiriert. Im Gegensatz zum Bestandsverwaltungsbau, dessen Fassade in den 1950er-Jahren aus einem Betonraster, geputzten Brüstungen und Giebelwänden aus gelbem Klinker realisiert wurde, erfolgte die Verwirklichung der neuen Fassade mit Naturstein. Zum Einsatz kommt dabei der Bauhaus-Travertin der Traco GmbH. Der hell- bis dunkelbeigefarbene Bauhaus- Travertin bewährt sich als Bauund Fassadenmaterial für verschiedene Einsatzzwecke. Auch berühmte Bauhaus-Architekten wie Ludwig Miesvan der Rohe, Walter Gropius und Bruno Paul schätzten den Naturstein für seine edle Anmutung sowie für die hohe Witterungsbeständigkeit. Diese Eigenschaften überzeugten schließlich auch die Eigentümerfamilie des Energieunternehmens. Nun verleiht der Stein dem Gebäude in der geschliffenen Ausführung ein modernes, freundliches Erscheinungsbild. Gleichzeitig wird dadurch sichergestellt, dass Alt- und Neubau keine zu großen Kontraste zueinander bilden und sich gemeinsam im industriell geprägten Umfeld des Osnabrücker Hafens behaupten.

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