Revitalisierung und Ausbau der Tragkonstruktion des Bühnendaches

Schauspielhaus Dresden

bauplaner 7-8
Innerhalb einer rund fünfmonatigen Spielpause wurde das Schauspielhaus Dresden umfangreich saniert und modernisiert. Die Ingenieure vom Büro Krebs+Kiefer untersuchten die Standsicherheit des Bühnendaches mithilfe des Programms RSTAB. Dabei wurden Tragfähigkeitsdefizite festgestellt, welche Verstärkungsmaßnahmen erforderlich machten.

Das von 1911 bis 1913 errichtete Schauspielhaus Dresden hat eine wechselvolle Geschichte erfahren. Dazu gehören die Zerstörung durch die alliierten Luftangriffe im Februar 1945, der Wiederaufbau in den Nachkriegsjahren sowie die Überflutungen durch das Hochwasser im August 2002.

Im Rahmen der aktuellen Sanierungsmaßnahmen arbeiteten bis zu 230 Arbeitskräfte in drei Schichten in dem Gebäude, da das hierfür veranschlagte Zeitfenster nur 18 Wochen umfasste. Zu den Aufgaben gehörten unter anderem die Erneuerung der Bühnentechnik und die Ertüchtigung des Dachtragwerkes vom Bühnenturm.

Dachtragwerk Bühnenturm

Der Bühnenturm ist insgesamt etwa 38 Meterhoch, gemessen vom Bühnenboden bis zur Oberkante der Dachspitze. Das Primärtragwerk des Daches besteht aus fünf parallel zueinander angeordneten Stahlfachwerkbindern. Diese haben eine Höhe von 4,1 Metern, eine Spannweite von zirka 32,2 Metern und lagern auf Stahlbetonstützen auf. Die Obergurtknoten der äußeren Binder werden zum Teil durchschräge Stäbe auf die vorhandenen Mauerwerkswände abgestrebt. Zusammen mit den senkrecht zu den Bindern verlaufenden Stäben entsteht hier eine außerplanmäßige Lastabtragung in Querrichtung, welche durch die 3D Modellierungin der Software RSTAB berücksichtigt werden konnte.

Nachrechnung

In der Untergurtebene der Binder wurde einneuer Schnürboden eingebaut, auf dem unter anderem zwölf Punktzugmaschinen mit einer Eigenlast von 4 kN installiert wurden.

Über Seile werden hier Lasten von bis zu 5 kN, zum Beispiel aus Bühnenbildern, Dekorationen, Beleuchtung auf und ab bewegt. Zudem wurden alte Maschinen durch neue schwerere ersetzt sowie diverse Nutzlasten erhöht. Für den Nachweis der Bauteile und deren Verbindungen wurden zunächst die eingeprägten Schnittgrößen im Ist-Zustand in einem Berechnungsmodell ermittelt.

In einem weiteren Modell wurden alle neuen Bauteile ergänzt und die neu eingetragenen ständigen sowie die veränderlichen Lasten angesetzt. Mithilfe von Superkombinationen konnten die Schnittgrößen anschließend überlagert und die Nachweise im GZT geführt werden.

Die statische Nachrechnung für den Endzustand nach Einbau der neuen bühnentechnischen Anlagen ergab eine Überlastung verschiedener Tragglieder. Dies erforderte die Umsetzung diverser Verstärkungsmaßnahmen. So wurden beispielsweise die am höchsten belasteten Außenbinder entlastet, indem in Querrichtung Diagonalverspannungen zu den benachbarten Bindern eingebaut wurden.

Ebenso mussten zahlreiche Montagestöße und Knotenbereiche verstärkt werden, indem man Blechverstärkungen anordnete und Nieten durch tragfähigere Passschrauben ersetzte.

Am 29.10.2016 wurde die erfolgreiche Umsetzung des 11 Millionen Euro teuren Sanierungsprojektes mit der Aufführung von Shakespeares Othello gefeiert.

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