Verbesserte Zusammenarbeit zwischen Infrastruktur- und Hochbau durch BIM

Autobahnüberdeckung Rosenberg Ost in St. Gallen/Schweiz

bauplaner 10/2019
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Die Vergrößerung eines Messegeländes in der Schweiz erforderte die enge Zusammenarbeit von Infrastruktur und Hochbau an einem hochkomplexen Projekt. Mit BIM und Autodesk-Software konnte das Planungsbüro Amberg Engineering an einem einheitlichen Kommunikationsmodell arbeiten und Synergien nutzen. Das erleichterte die Abstimmung mit allen Projektbeteiligten und gestaltete die Planung sicherer und effizienter. 

Die Olma Messen in St. Gallen – mit jährlich 15 Fach- und Publikumsmessen, rund 100 Veranstaltungen und insgesamt etwa 800.000 Besuchern – zählt zu den größten Messeveranstaltern der Schweiz. Damit die Messehallen in St. Gallen auch in Zukunft konkurrenzfähig bleiben und für Großveranstaltungen attraktiv sind, soll das Messegelände vergrößert und eine neue Halle errichtet werden. Kein einfaches Unterfangen, denn das Gelände ist auf drei Seiten begrenzt. Eine Erweiterung ist nur nach Osten möglich und dafür muss ein Teilstück der benachbarten Autobahn A1 überdacht werden. 

Dabei soll die Überdeckung den angrenzenden Rosenbergtunnel um über 150 Meter verlängern. Der Infrastrukturbau des Vorhabens wurde von Amberg Engineering geplant, ein Schweizer Ingenieurbüro mit jahrzehntelanger Erfahrung im Tunnelbau. Im Rahmen des Projekts war Amberg Engineering für die Planung des Fundaments, der Wände und der Pfählung zuständig.

Planung einer Autobahnüberdeckung bei fließendem Verkehr
Das gesamte Bauvorhaben brachte gleich mehrere Hürden mit sich: Zum einen wird es an einer der wichtigsten und meistbefahrenen Straßen der Schweiz umgesetzt: der A1. Das heißt, die Baumaßnahmen müssen bei fließendem Verkehr stattfinden. Vom Amberg Engineering Team erforderte dies äußerste Präzision und Zuverlässigkeit, denn es gab im ohnehin sehr engen Terminplan keine Toleranz für Terminverzögerungen. Zum anderen wurden mehrere Teilprojekte des Vorhabens zeitgleich geplant und beeinflussten sich gegenseitig. Während Amberg Engineering das Fundament der Autobahnüberdeckung erarbeitete, wurde parallel im Hochbau bereits der Bau der neuen Messehalle geplant. Zusätzlich ist in naher Zukunft noch eine dritte Röhre durch den Rosenbergtunnel vorgesehen, die ebenfalls mit der Erweiterung des Messegeländes kompatibel sein muss. „Das machte das gesamte Projekt sehr komplex und den Koordinationsaufwand enorm. Für uns war deshalb von Anfang an klar, dass wir die Planung mit BIM vornehmen“, erklärt Ali Tatar, Fachbereichsleiter BIM bei Amberg Engineering. „Denn aus unserer Erfahrung wissen wir, dass BIM die Sicherheit und Effizienz unserer Arbeit erhöht und zeitgleich den Austausch zwischen den verschiedenen Baubeteiligten erleichtert (Abb. 1a/b).“ Bereits seit 2015 treibt die Amberg Gruppe die Digitalisierung ihrer Prozesse voran und bezieht BIM in verschiedene Projekte ein. Damit gilt das Unternehmen in der Schweiz als Vorreiter in Sachen Digitalisierung im Bau. 

BIM-3D-Modell führt zu schnellerer Fehlererkennung
Um eine gute Planungsgrundlage zu schaffen, war zunächst eine Bestandsaufnahme des Rosenbergtunnels erforderlich. Der bestehende Tunnel wurde mit zwei Laserscannern vermessen und eine Punktewolke errechnet. Darauf aufbauend konnten die Modellierer mit Hilfe der Autodesk-Software Revit ein dreidimensionales Bestandsmodell des Tunnels erstellen (Abb. 2) und anschließend die Projektmodellierung vornehmen. „In der dreidimensionalen Darstellung war es viel leichter, Abhängigkeiten der Bestandselemente zu erfassen. Es ließ sich genau erkennen, welche Elemente tiefer oder höher liegen. Auch Fehler in der Planung des neuen Fundaments waren in 3D wesentlich offensichtlicher“, sagt Ali Tatar. Die Software wies automatisch auf Überschneidungen von Sub-Modellen hin. So konnten die Modellierer einen großen Teil der Fehler korrigieren, bevor sie das Modell mit anderen Planungsbeteiligten teilten. Auch die Generierung von 2DSchnitten erfolgte weitaus schneller, was etwa 20 Prozent Zeitersparnis in der Planung brachte. „Die gesparte Zeit konnten wir dann direkt wieder in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter investieren und die BIM-Kompetenzen in unserem Projektteam ausbauen.“

Autodesk BIM 360 Docs digitalisiert und vereinfacht Arbeitsprozesse
Nicht nur die Modelle wurden von Amberg Engineering digitalisiert. Mit BIM 360 fand auch die Kommunikation innerhalb der Projektgruppe online statt. Dies hat einen wesentlichen Vorteil: Alle arbeiten gemeinsam an einem zentralen 3D-Modell, auf das sie jederzeit von überall zugreifen konnten (Abb. 3). Bei Veränderungen im Modell wurde das gesamte Projektteam automatisch informiert. „So konnten wir sicherstellen, dass jeder im Projekt immer über den aktuellen Stand der Planung verfügt“, meint Ali Tatar. 

BIM verbessert Kooperation von Infrastruktur- und Hochbau
Eine Besonderheit des Projekts war das Aufeinandertreffen von Infrastruktur- und Hochbau sowie die starke Abhängigkeit der beiden Teilprojekte voneinander: Jede Änderung in der Planung der Messehalle hatte Auswirkungen auf das Fundament und umgekehrt. Durch den Einsatz von BIM entstand ein wertvoller Austausch zwischen den beiden Planungsparteien, wodurch sich Synergieeffekte nutzen ließen. Um die Planungen aufeinander abstimmen zu können, entschieden sich die Ingenieure von Amberg Engineering, ihre 3D-Modelle mit den Verantwortlichen des Hochbaus zu teilen. Da auch die neue Messehalle mit Revit modelliert wurde, konnten die Entwürfe sogar problemlos zu einem durchgängigen Revit-Modell zusammengeführt werden. Dies verdeutlichte die Abhängigkeiten und Zusammenhänge der Teilprojekte. Das Ergebnis: Die Projektteams wurden für die Arbeit der jeweils anderen Planungsgruppe sensibilisiert. „Wir haben zum Beispiel gemerkt, dass im Hochbau Rücksicht auf unsere Planung genommen wurde. Denn durch die Zusammenführung der Modelle konnten sich die Planer der Messehalle viel besser vorstellen, wie sich ihre Änderungen auf unser Projekt auswirken“, ergänzt der BIM-Experte. „Im Gegenzug profitierte der Hochbau von unseren Erfahrungen mit visuellen Programmierschnittstellen wie Autodesk Dynamo. Statt einzelne Elemente im Modell von Hand anzupassen, reichte es aus, die entsprechenden  Parameter zu ändern und das gesamte Modell wurde aktualisiert. Durch die Zusammenarbeit konnte also auch der Hochbau seine Prozesse beschleunigen.“ 

Die Planungsphase zum Bau der Messeerweiterung ist nun abgeschlossen und das Projekt geht in die Ausschreibung. Bis 2024 soll die Überdeckung samt neuer Halle stehen. Amberg Engineering wird auch in zukünftigen Projekten weiter auf BIM setzen. „BIM ist die Zukunft der Baubranche. Unsere Erfahrung zeigt: Diejenigen, die mit BIM in Kontakt kommen, – egal ob junge oder ältere Mitarbeiter – lernen die Vorteile von BIM zu schätzen und haben mehr Spaß an der Arbeit. Deshalb wird die digitale Planung weiterhin fester Bestandteil unserer Arbeitsabläufe bleiben“, bemerkt Tatar. www.autodesk.de
www.ambergengineering.com

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