Die besonderen Gewässer im Pfälzerwald

Ingenieurbaukunst und Wasserbau

NEWS_NEU_ab2015
Extra
Im Wasserbau hat sich Sandstein als sehr dauerhaftes Material bewährt. Ob bei Wasserkraftanlagen oder für Triftsysteme. Um die Trift von Brennholz aus dem Pfälzerwald in die Rheinebene zu ermöglichen, wurden viele Ingenieurbauwerke aus Sandstein geplant und errichtet. Im Legelbachtal wurden die Ufer der Triftkanäle mit Sandstein verbaut, erforderliche Gefälle-Sprünge (sog. Riesel und Rumpel) angelegt und der zuletzt gebaute Damm massiv aus Sandsteinen errichtet. Die Revitalisierung dieser Ingenieurbaukunst aus dem 18. und 19. Jahrhundert ist vermutlich bundesweit einmalig. Im Legelbachtal bei Elmstein werden dabei Ingenieurwissen, Historie, Naturschutz und Tourismus miteinander verbunden.

Jede Region hat ihre Geschichte. Die Geschichte der Holztrift im Pfälzerwald begann zwar schon im Mittelalter, aber erst in der bayerischen Zeit begann ein planmäßiger Ausbau der Bäche für die Trift in örtlicher Sandsteinbauweise. Auslöser war die territoriale Neuordnung im Wiener Kongress. 1816 fielen nach der Niederlage Napoleons die linksrheinischen Teile der vorher französischen Pfalz an Bayern. Um der Abwanderung der verarmten Bevölkerung entgegenzuwirken, wurden, wie man heute sagen würde, „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ durchgeführt, und dazu gehörte die systematische Überplanung des Gewässernetzes für die Holztrift. Holz war damals einziges Brennmaterial und die nahezu baumlose Rheinebene mit den Städten Mannheim, Ludwigshafen, Speyer, Frankenthal, Worms, Landau usw. musste mit Holz aus dem nicht allzu weit entfernten Pfälzerwald versorgt werden. Eine Maßnahme, welche die Bevölkerung des relativ unfruchtbaren Pfälzerwalds in Lohn und Brot brachte. Das Holz wurde eingeschlagen und wegen der Schwimmeigenschaften vorgetrocknet. In Längen von 0,8 m bis 1,2 m wurde das Holz bis nach Ludwigshafen und Speyer, also ca. 55 bis 60 km weit getriftet.

So erklären sich auch die Besonderheiten bei den Gewässern im Pfälzerwald: die ausgemauerten Triftbäche und die oft dazugehörenden aufgestauten Wooge (Weiher). In den Oberläufen musste das geringe Wasser für den Transport erst aufgestaut und dann per Schwallbetrieb für den Transport des Holzes genutzt werden. Daneben gab es noch Mühlenwooge und Wooge für die Fischzucht, vor allem um Klöster.

Nachdem diese gewässerhistorischen Besonderheiten in Vergessenheit geraten waren, hat das Land Rheinland-Pfalz über das Landesamt für Umwelt (LfU) im Jahr 2015 die Erarbeitung eines Konzepts für Wooge und Triftbäche im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen in Auftrag gegeben. Aus vier Pilotgebieten wurden zwei davon für die erste Umsetzung ausgewählt: das Spießwoogtal bei Fischbach/Dahn mit dem Schwerpunkt Naturschutz und Umweltbildung sowie das Legelbachtal bei Elmstein in der Verbandsgemeinde Lambrecht.

Typische Triftanlagen und ein Felsenkönig
Das Legelbachtal mit ca. 7 km Länge ist besonders geeignet für den Aspekt Kulturhistorie und den Aspekt Holztrift, da hier ein übersichtliches Tal mit vielen noch einigermaßen gut erhaltenen Anlagen existiert. So können typische Triftanlagen auf engem Raum ohne Konflikt mit der Wasserrahmenrichtlinie erhalten und erlebt werden.
Unter Beteiligung der Bevölkerung vor Ort wurden erste Ideen vorgestellt, ergänzt und dann Planungen in Auftrag gegeben. In einem längeren Prozess erfolgten Anpassungen und die Auswahl geeigneter Umsetzungsbereiche, Kostenermittlungen und die Beauftragung. Der Trifterlebnispfad am Legelbach wurde am 18. Juni 2020 offiziell von der Umweltministerin Ulrike Höfken feierlich eröffnet. Die Besonderheit: Neben modernen Infotafeln, welche die konkrete bauliche Funktion und gewässerökologische Zusammenhänge erklären, gibt es eine Audio-Tour. In dieser erklärt eine historisch belegte Figur, der „Felsenkönig“, die damals teils gefährlichen Arbeiten und beleuchtet nebenbei die Lebensumstände der damaligen Zeit.

Etwa 40 % des Trifterlebnispfads werden auf dem künftigen Prädikats-Wanderweg „Pfälzer Hüttensteig“ liegen.

Mit Rumpeln gegen überschüssiges GefälleAm gut erhaltenen Triftgewässer Legelbach kann nun die wirtschaftshistorische Bedeutung und technische Durchführung des Triftens erlebt werden. Dabei gab es eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Denkmalschutz, Gewässerschutz, Schutz der historischen Kulturlandschaft, Naturschutz und Umweltbildung in Verbindung mit dem sanften Tourismus im Biosphärenreservat sowie der Wasserwirtschaft.Bautechnisch wurden die Wooge und Trifteinrichtungen durch die teilweise Freistellung von Pflanzenbewuchs erhalten, da Wurzeln die Bauwerke schädigen. Daneben dienen solche Maßnahmen auch der besseren Sichtbarkeit der Bauwerke.

Laut dem historischen Buch „Die Forstbenutzung“ von Karl Geyer (1873) lag die zweckmäßige Wassertiefe bei 0,5 bis 1,0 Metern. Das erforderliche Gefälle betrug zwischen 0,5 und 1,5%. Das überschüssige Gefälle wurde mittels Abstürzen (Abb. 1) und überwiegend mit sogenannten Rieseln bzw. Rumpeln (Abb. 2) abgebaut. Diese waren auf der kompletten Länge an der Sohle und im Uferbereich mit den Radien entsprechend maßangefertigten Sandsteinen befestigt (Abb. 2).
Dafür wurden viele Gewässer überwiegend zwischen 1815 und 1850 für die Trift bzw. „Wildflößerei“ („loses“ einzelnes und stark gekürztes Holz im Gegensatz zur „gebundenen Flößerei“ ganzer Stämme, z. B. vom Schwarzwald in die Niederlande) ertüchtigt.

Der massive Verbau der Ufer und in vielen Abschnitten auch der Bachsohle war arbeitsaufwändig und hielt die in sehr ärmlichen Verhältnissen lebende Bevölkerung vor Ort. Gleichzeitig wurde die Brennholzversorgung der Vorderpfalz sichergestellt.

Zwei Jahrhunderte wasserbauliche KompetenzDer hier zu sehende Verbau der Triftkanäle war und ist in diesem Maß wohl einzigartig. In vielen anderen Triftregionen wurden die Ufer üblicherweise mit Holzpfählen und Faschinen verbaut. Die Haltbarkeit lag jedoch im Bereich weniger Jahre, während die Bauweisen in der Pfalz seit gut zwei Jahrhunderten noch immer Bestand haben. Ein Beleg für die wasserbauliche Kompetenz der Ingenieure der damaligen Zeit!

Gerade der Speyerbach war aufgrund der Rheinnähe stark ausgebaut und ist es auch heute noch. Von der Quelle ab erfolgte der Ausbau mit an den Ufern senkrechten, unverfugten Sandsteinmauern von der Pfälzer Wasserscheide bis zum Rhein auf ca. 55 km Länge. Auch viele Nebengewässer wurden im Oberlauf des Speyerbachs verbaut.

Die Holztrift wurde letztlich im Jahr 1905 nach Inbetriebnahme und Konkurrenz der schnelleren Eisenbahn eingestellt. Heute kann die Museumsbahn „Kuckucksbähnel“ in Elmstein zu einem Ausflug genutzt werden.

Desweiteren wurden viele Triftwooge (bayrisch: Klausen) angelegt. Im Legelbachtal wurden insgesamt zehn dieser Wooge errichtet. Der massivste Damm und gleichzeitig der einzige, der nicht nur aus Erdreich geschüttet wurde, wurde im Kleinen Legelbachtal errichtet.
Üblicherweise wurden mit dem vorhandenen, anstehenden Boden Erddämme aufgeschüttet. Im Fall der Ludwigsklause wurden im Vorfeld der Sanierungen bei geologischen Aufschlüssen kf-Werte von lediglich 10^-5 festgestellt. Der Damm war und ist dicht, jedoch gibt es im Bereich des in den 1950er-Jahren ertüchtigten Überlaufs massive Schäden, die nun saniert werden.

Um die vorhandene Dammstruktur nicht zu stören bzw. zu schwächen, soll der Damm auf der Luftseite verstärkt und der Überlauf entsprechend verlegt werden.

Die im Legelbach liegenden Neophytenbestände (hier: Japanknöterich) sollen von der Quelle abwärts zum Speyerbach nachhaltig reduziert und möglichst komplett entfernt werden. Damit sollen die Dämme und Ufermauern, die unter Denkmalschutz stehen, geschützt und die weitere Ausbreitung verhindert werden.

Dafür wurden die Bestände des Japanknöterichs händisch auf 2.300 m² entfernt. Um ein Austreiben der im Boden verbliebenen Rhizome zu verhindern, wurden ca. 2.800 m² Fläche abgedeckt (Abb. 4).
Das Pflanzenmaterial wurde getrocknet, wodurch eine Massenreduktion um 80% erreicht wurde. Danach wurde das Material in einer Müllverbrennungsanlage verbrannt.

Die Folien sollen für vier Jahre verlegt bleiben. Die Alternativen sind Beweidung mit Kühen bzw. Ziegen oder der Einsatz von Glyphosat. Letzteres ist das bisher einzig bekannte chemische Mittel, das gegen Japanknöterich wirkt. Beide Varianten kamen vor Ort nicht in Betracht.

Weiterhin erfolgten gewässerökologische Verbesserungen an einer Quelle, an naturschutzfachlich bedeutsamen Woogen, aber auch durch Beseitigung von Fichten an vielen Standorten.

Fazit
Kulturhistorische Bildungsangebote in Verbindung mit Umweltbildungsaspekten wie der Audiotour machen den Erlebnisweg attraktiv und weisen auf die historische Nutzung und Technik des Tals hin, ohne sensible Bereiche zu beeinträchtigen.

So wurde das großzügig durch die „Aktion Blau Plus“ des Landes Rheinland-Pfalz geförderte Projekt ein gemeinsamer Erfolg aller Beteiligten und zeigt, wie die historische, intelligente Nutzung der damaligen Ressourcen Holz und Wasser stattfand. Ein lehrreiches Beispiel im heutigen Biosphärenreservat Pfälzerwald, das es zu entdecken gilt!

Ähnliche Beiträge