Hommage an den Lehmbau

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Eine Lehmkuppel und Grabstätte des Lehmexperten und Künstlers Gernot Minke wurde am 4. November 2021 feierlich der Öffentlichkeit übergeben. Zu besichtigen ist dieser Dreiklang aus Kunst, Grabmal und Lehm in Kassel in der Künstler-Nekropole.

Die Künstler-Nekropole liegt im Habichtswald am Stadtrand von Kassel. Hier errichten Kunstschaffende von documenta Rang zu Lebzeiten ihre eigenen Grabmäler und sie werden sich dort auch bestatten lassen. Geplant sind insgesamt 40 Grabmale.

Grabbauten wie Gruftgebäude oder Mausoleen zählen zu den Raritäten in der deutschen Friedhofslandschaft. Prof. Gernot Minke hat mit der Lehmkuppel eine begehbare Plastik und ein baukünstlerisches Werk geschaffen.

Seine zukünftige Grabstätte ist eine konsequente Weiterentwicklung des Kuppelbaus, den Minke für die documenta 14 konzipiert hatte. Die Atmosphäre des Baus und das Raumerlebnis werden nicht durch die Funktionalität geprägt, sondern entstehen und verändern sich mit den Menschen die ihn betreten, wie sie sich auf den Raum, seine Temperatur, seine Akustik und Textur einlassen, wie sie dieser Erfahrung Ausdruck verleihen oder wie sie den Raum bespielen.

Der runde nur 1,50 m hohe, mit Bruchsteinen gefasste Eingang veranlasst die Besucherinnen und Besucher, sich beim Betreten des Raumes zu verneigen. Beim Aufrichten ermöglicht eine große Öffnung im Scheitelpunkt der Kuppel den Blick in den Himmel. Der Boden aus Basalt, der sich zum Zentrum hin absenkt, verbindet die Anwesenden mit der Erde. Die abgerundeten handgeformten Lehmsteine tragen wesentlich zur besonderen Akustik des Raumes bei. In ihre Schichtung erinnern sie an Tholoi, kupfer- und bronzezeitliche Kuppelgräber mit ihren Kraggewölben aus Bruchsteinen, die im ganzen Mittelmeerraum verbreitet waren. Die Werkstoffe Lehm, Stroh und Stein unterstützen das architektonische Konzept, das in seiner archaischen Anmutung auf etwas Überzeitliches verweist und dadurch die Möglichkeit eröffnet, sich als Teil von etwas Größerem zu begreifen.

In seiner Zeit als Professor an der Universität Kassel gründete Gernot Minke das Forschungslabor für experimentelles Bauen und realisierte weltweit unzählige Projekte im Low-Cost-Housing und beim ökologisch nachhaltigen Bauen mit Lehm. Mit über 70 unterschiedlichen Gewölbe und Kuppelkonstruktionen avancierte er zu einem weit über Europa hinaus anerkannten Lehmbauexperten.

Technische Ausführung

Viele Hände und Unterstüzende haben dazu beigetragen, diese großartige Arbeit zu realisieren. Hand angelegt an den Entwurf von Gernot Minke haben im wahrsten Sinne des Wortes Nico von Borstel und Till Maciejewski von der Firma Wändepunkt aus Zierenberg. Dazu hat der marktführende Lehmbaustoffhersteller CLAYTEC aus Viersen 40 Tonnen Lehmputz Mineral 20 gesponsert, aus dem 6500 Steine von Hand geformt wurden, aus denen dann die Kuppel errichtet wurde. Der Lehmputz wurde unter Zugabe von Hartkalkschotter (Edelsplitt) im Verhältnis 7:3 abgemagert, unter anderem um Schwindrissbildung zu vermeiden.

Die Kuppel ruht auf einem Betonringanker und Fundament aus Gleisbauschotter mit einem Durchmesser von 5,90m innen und 6,40m außen. Das Fundament ist 90cm tief 50cm breit. Die Höhe der Kuppel über der Erde beträgt 5,20m. Sockel und Eingang bestehen aus einem regionalen Basaltgestein.

Äußerlich wurde die Kuppel mit Claytec Lehmklebe- und Armierungsmörtel glatt geputz. Die Abdichtung der Kuppel wurde von der Firma Kemperol gesponsert. Diese einkomponenten Flächendichtung in Verbindung mit Kemperol Vlies hat sich schon bei anderen Minke-Kuppeln bewährt. In die oberste Schicht wurde Claytec Lehm-Unterputz mit Stroh trocken eingearbeitet. So entsteht trotz der langfristigen Wetterbeständigkeit der Lehmkuppel eine Lehmoberfläche mit grober Struktur, durch auswaschen loser Teile bedingt.
Bald werden sich Moose und Flechten ansiedeln. So wird sich die Kuppel harmonisch und natürlich in die Umgebung einfügen.