Seezeitlodge mit besonderer Persönlichkeit

Maßgefertigtes Erfolgsrezept

Deutsches Ingenieurblatt 09/2020
Forschung und Technik

Direkt angrenzend an den Bostalsee im Saarland dient das Wellnessresort Seezeitlodge Hotel & Spa seit 2017 als Rückzugsort für Ruhesuchende. Zwar ist das Haus ein Traum für Genussmenschen – es hat jedoch noch viel mehr zu bieten: Nachhaltigkeit, clevere Energieeffizienz und vorbildliche Zukunftsfähigkeit. Inzwischen hat das Hotel mehrere Auszeichnungen erhalten.

Das Sankt Wendeler Land im Norden des beschaulichen Saarlands – hier sollte ein Hotelprojekt in nachhaltiger Bauweise unter Berücksichtigung der natürlichen Umgebung entstehen. Auf einer exponierten Landzunge am südöstlichen Ufer des 120 Hektar großen Stausees entstand ein Ort der Ruhe und Behaglichkeit. Geplant und realisiert wurde dieses technisch und energetisch herausragende Gebäudekonzept von Graft aus Berlin.

Mitten im Grünen

Die Gastgeber Kathrin und Christian Sersch kümmern sich selbst sehr persönlich um die Belange ihrer Gäste. Seit Kindheitstagen kennen sie den Bostalsee und sind hier familiär fest verwurzelt. Sie beschäftigten sich im Vorfeld viel mit dem Standort, der anfangs ein bewaldeter Hügel war. Rund zwei Jahre lang feilten sie mit der beauftragten Innenarchitektin und den Architekten an dem vielschichtigen Hotel-Konzept.
Das markante Gebäude und die bis ins Detail durchdachten Raumkonzepte wurden von den beteiligten Planern mit Bezug auf die einzigartige Struktur des Standorts gestaltet. Die engagierten Entwurfsverfasser Lars Krückeberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit, meisterten gemeinsam diese Aufgabe. Sie entwickelten den Charakter des Standorts weiter und vertieften die Kräfte des Ortes in ihrer Planung. Die Idee, die Ur-Energie des Ortes zu ergründen und in das Projekt einzubinden spiegelt sich in den besonders gestalteten Hotel-Arealen wider. In unverwechselbarem Stil sind 98 Zimmer und Suiten auf 12.860 Quadratmetern Geschossfläche binnen einer Bauzeit von zwei Jahren und acht Monaten entstanden.

In die Erde gebaut

Auf den ersten Blick wirkt der Bau wie ein zweigeschossiger Riegel. Es entstanden jedoch drei Vollgeschosse auf dem begrünten Hügel. Eines davon ließen die Planer regelrecht in die Erde setzen. Das gesamte Erdgeschoss verschwindet in der bestehenden Hangkante.
Das Gebäude ist auf diese Weise nun auf einem tieferliegenden Plateau positioniert und das umfassende Areal von Restaurant, Verwaltung und 2700 Quadratmeter großem Spa unterirdisch angeordnet. Darüber zeigt sich der zweigeschossige Riegelbau dezent angepasst und mit optisch auflockernden Holzlamellen verkleidet.
Als Holz wurde sibirische Lärche gewählt. Diese Holzart bietet neben der guten Verfügbarkeit den Vorteil, dass sie eine hohe Rohdichte aufweist und deshalb vergleichsweise wie Hartholz eingestuft werden kann. Eine gute Wahl sowohl konstruktiv als auch im Hinblick auf den Brandschutz. Durch die Anordnung der Lamellen und ihre teilweise Überlappung wird die Geschossigkeit und die Struktur der Zimmer beim äußeren Eindruck überspielt.
Durch den natürlichen Verwitterungsprozess des Holzes wird sich die Fassadenverkleidung des Hotels im Laufe der Zeit von einem leichten Braunton in ein silbergraues Äußeres verwandeln. Dieser Prozess wurde durch die Vorvergrauung beschleunigt.

Lamellen als Sonnenschutz

Die Holzlamellenfassade dient zugleich als feststehender permanenter Sonnenschutz für die Gästezimmer. Hier wurden anhand der 3D-Planung in verschiedenen Planungsvarianten mehrere Simulationen durchgeführt, um sicherzustellen, dass für die Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes der Wärmeeintrag während der Sommerzeit nicht zu groß wird. Die Anordnung und die Dichte der Hölzer wurden von den beteiligten Experten in einem interaktiven Prozess so lange optimiert, bis ausreichend Verschattung gegeben war – und zugleich die bestmögliche Tageslicht-Nutzung bestehen blieb. Insbesondere der Ausblick in die Umgebung von den Räumlichkeiten aus sollte für die Gäste maximal erlebbar bleiben.
Die Holzlamellenfassade hat als Basis eine in regelmäßigen Abständen von höchstens 1,50 Metern positionierte vertikale Unterkonstruktion, bestehend aus jeweils zwei Stahlwinkelprofilen. Diese wurden an den Balkonkragplatten und auch zum Teil auf dem Gründach befestigt.
Zwischen den vertikalen Profilen hat man horizontal verlaufende, hölzerne Lamellen mit einem Querschnitt von 3 x 9 cm angebracht, die im Regelfall – so auch hier – in einem Achsabstand von ca. 15 cm zueinander liegen.
In den Bereichen der Lamellenenden übergreifen die unteren bzw. die oberen benachbarten Lamellen über anteilig mindestens ein Feld, sodass die Licht-Durchlässigkeit der Fassade dort teilweise kleiner ist. Der obere horizontale Fassadenabschluss in jedem Geschoss bildet einen angenehmen Handlauf. Dieser besteht aus Flachstahl mit einer darüber liegenden Abdeckung in Form eines Deckholzes.
Montiert wurde die Fassade in einzelnen vorgefertigten Modulen.

Blickachsen im Haus

Auch im Gebäude führt ein roter Faden über spannende Blickachsen durch das Haus.
Mit dem Eintreten in das Hotel bzw. in die Lobby eröffnet sich der freie Blick über den See. Die öffentliche Zone wurde zum See hin komplett verglast. So sind die Blickachsen der Sonnenuntergänge zu Equinox (Tagundnachtgleiche) und Solstitien (Sonnenwenden) gerahmt und schreiben dem Haus seine spezielle Verbindung zu den universellen Himmelszyklen zu.
Von der großen Lobby aus führen die hohen hellen Räume über die Bar Nox mit Bibliothek in das Restaurant Lumi. Weiter geht es in die unterschiedlichen Veranstaltungsräume und das Seezeit-Spa.

Reduziertheit und klare Formensprache

Im Erdgeschoss befindet sich neben der großen Lobby ein Gastronomie-Bereich mit 170 Plätzen im Restaurant plus Bar und Küche. Drei miteinander kombinierbare Veranstaltungsräume und ein ausgedehnter Spa-, Fitness- und Saunabereich sowie weitere Büroflächen, Personal- und Diensträume schließen hier an.
Über mehrere Fahrstühle erreicht man die über der Lobby angeordneten Zimmer. Die 84 Zimmer und 14 Suiten verführen mit grandiosem Ausblick und mit einer Größe von 30 bis 80 Quadratmeter. An der Spitze des Hotels kann man in exklusiven Suiten mit Rundum-Blick über das Kap und den See logieren.

Entspannung im Seezeit Spa

Abschalten kann man im 2.700 Quadratmeter großen Seezeit Spa. Es steht ganz im Zeichen keltischer Heilkunst und überrascht mit Naturritualen, die einst durch dieses Volk in der Region Einzug hielten. Uraltes Wissen um Lebensrhythmen, Jahreszeiten und Heilkräuter fließen in die Saunarituale, Signature-Behandlungen und in das mentale Rahmenprogramm ein. Herzstück des Spas ist ein auf 31 Grad beheizter Innen- und Außenpool – im Infinity-Stil scheint er mit dem See zu verschmelzen.
Dazu gibt es innen die Panoramasauna mit Seeblick, das Aroma-Dampfbad, ein Kräuterbad und eine Biosauna – verschiedene Saunen auch im Freien, zum Beispiel ein keltisches Außensaunadorf. Plus exklusiv und nur für Damen: eine Sauna mit Aroma-Dampfbad und Biosauna.

Herausragend effizient

Eine Besonderheit zum Bau ist das eigene Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Gewinnung elektrischer Energie und Wärme. Als innovative Methode zum Kühlen oder Erwärmen des Gebäudes wird die Betonkernaktivierung bzw. Betonkerntemperierung verwendet.
Die Zimmerdecken selbst dienen als Heiz- bzw. Kühlkörper. Im Winter können die Räume individuell über dezentrale Konvektoren temperiert werden. Ist es warm genug, können die Fassaden großflächig geöffnet werden.
Die bedarfsgerechte Temperaturregelung durch die Technik der Betonkernaktivierung wirkt durch folgenden Vorteil: Warmes oder kaltes Wasser wird durch im Bauteil eingelegte Rohre geleitet. Die Masse des Betons selbst wird dadurch erwärmt oder gekühlt und speichert die Temperatur und gibt sie zeitversetzt an den Raum ab. Die damit einhergehende hohe Luftfeuchtigkeit kann durch die Betonkernaktivierung effektiv ausgeglichen werden.
In allen Räumen kann dadurch geheizt und gekühlt werden. Diese Technik bringt die temperierende Wirkung des Wassers und die Speicherwirkung des Betons in Übereinstimmung und nutzt damit jeweils die positiven Aspekte beider Systeme.
Die Klimadecken werden mit Wärme- oder Kälteenergie beladen, indem warmes oder kaltes Wasser durch die im Bauteil integrierten Rohrregister zirkuliert. Dabei wird die im Betonkern eingelagerte Wärme oder Kälte über mehrere Stunden an den Raum abgegeben – zu 80 % über Strahlung und zu 20 % über Konvektion, also über die „Mitführung“ der Temperatur.
Im Restaurantbereich und im Foyer stellt eine zusätzliche Fußbodenheizung im Sommer die ausreichende Kühlung der Räume sicher. Die Wärme- und Wasserversorgung erfolgt über Gasbrennwertkessel und die BHKW-Anlage. Bei einem Stromausfall wird die elektrische Leistung der BHKW-Anlage als Stromersatzanlage für einige Verbraucher genutzt.
Damit wird mit natürlicher Verdunstungskühlung ressourcenschonend geheizt.

Haustechnik inkognito

Im Sinne des Architekturkonzepts fügt sich auch die Technikzentrale auf dem Dach unauffällig in die Natur ein: Die Umgebung spiegelt sich in der Verkleidung aus Aluminiumspiegeln wider.
Die haustechnischen Anlagen stellten das Planer-Team zunächst vor eine besonders anspruchsvolle Aufgabe. Ziel war es, die vielen Aggregate für Heizung, Lüftung, Klimatechnik, Elektroanlagen und Filtergeräte sowie Ventilatoren möglichst sinnvoll und wirtschaftlich in die Seezeitlodge zu integrieren. Dafür war es wichtig zu entscheiden, wo man die Haustechnik unterbringt. Vor allem war darauf zu achten, die technischen Anlagen raumsparend und kaum wahrnehmbar einzugliedern.
Die Lösung: die Architekten ließen die großflächigen Technik-Aufbauten auf das Dach des Hotels setzen.
Hier ließen sich alle Lüftungs-, Heizungs- und Kühlungs-Anlagen in drei großen und miteinander verknüpften Technikzentralen zusammenfügen. Der Clou: die drei auf dem Dach aufgebauten Blöcke sind durch eine einzigartige Verkleidung nahezu unsichtbar.

Hohe technische und optische Anforderungen

Die drei Bauten sollten vorrangig technisch perfekt verknüpft sein und die entsprechende Anlagetechnik wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden können. Aber auch visuell kaum erkennbar sein. Diese Aufgabe wurde in Zusammenarbeit mit den Fachplanern für Metallleichtbau gelöst. Die optische nahezu unsichtbare Hülle der Bauten besteht aus lichtreflektierenden Oberflächen als Außenwandbekleidung. Die Flächen sind je nach Lichteinfall kaum zu sehen, was dem Ensemble einen leichten und fast schwebenden Ausdruck verleiht.
Geplant wurden die zusätzlichen Dach-Aufbauten mit einer Basiskonstruktion aus Beton und Stahl vorab komplett digital im CAD-Programm, was die zuverlässige Passform sichert und später auch den präzisen Aufbau gewährleistet.
Kassettenaußenwände inklusive aller notwendigen Versorgungsleitungen wurden vom Systemhersteller vorgefertigt auf die Baustelle geliefert. Somit ließen sich die Bauten ebenso zügig ummanteln.
Genutzt wurde ein Einhang-Fassadensystem mit zweiteiliger Aluminiumunterkonstruktion, bestehend aus Konsolen und Schiebeverbindungen – ebenfalls aus Aluminium.
Somit sind auf den Fassadenoberflächen keine störenden Befestigungselemente oder Befestigungsmittel sichtbar. Die Großkassetten mit Regelabmessungen von 1,00 Meter mal 4,30 Meter mussten völlig spannungsfrei gefertigt werden. Vom Hersteller bis zum Hotel musste man knapp 200 Kilometer zurücklegen und schließlich mit den großen Elementen bis zur Baustelle gelangen. Schwierig sind dabei die Verladevorgänge: Die LKWs beladen, über weite Strecken transportieren und sicher auf das Dach des Hotels verbringen. Keine kleine Aufgabe.
Vor Ort wurden die Elemente mit einer 10 mm breiten Schattenfuge vorsichtig in die vorbereiteten Bolzen eingehängt. Die Experten für die Montage müssen bei Bauvorhaben wie hier immer Sicherheits-Handschuhe tragen, die schnittfest sind. Vier Monteure waren hier zeitgleich beschäftigt.
Durch Wartezeiten und Unterbrechungen bezüglich der präzisen Anfertigung der Passkassetten dauerte die Montage einige Wochen. Die finalen Bauten hatte man nach rund drei Monaten mit letztem Schliff fertig. Teilweise wurden noch vor Ort auf der Baustelle Details aufgemessen. Insbesondere passgenaue Eckenelemente müssen individuell nach Vorgaben präzise gefertigt werden. Das ist gelungen. Die ausgeklügelte Planung der Anlagentechnik lässt die drei Technikbauten ästhetisch ansprechend in der natürlichen Umgebung verschwinden.

Honoriert

Die engagierten Gastgeber stellen mit einer vom Alltag losgelösten Atmosphäre in allen Bereichen den Gast in den Mittelpunkt. Heute zählt das 4-Sterne-Superior-Haus mit rund 150 engagierten Mitarbeitern laut GEO Saison zu den „100 schönsten Hotels” in Europa (GeoSaison-2018).
Honoriert wurde es zudem mit einer Platzierung auf der Longlist des DAM-Preis für Architektur in Deutschland 2019, welche herausragende moderne Architektur prämiert. Das Hotel ist Mitglied bei der Hideaways Hotels Collection, Wellness Hotels & Resorts, Pretty Hotels sowie seit Anfang 2019 bei Design Hotels TM.

Daten und Fakten

Adresse: Seezeitlodge Hotel & Spaam Bostalsee
Am Bostalsee 1, 66625 Gonnesweiler, www.seezeitlodge-bostalsee.de
Bauaufgabe: Neubau eines Vier-Sterne-Plus-Hotels und Spa mit 98 großzügigen Panorama-Zimmern und Suiten
Bauherr: Hotelkultur GMBH & Co. KG
BGF 12.860 m²
NUF 7.280 m²
BRI 47.660 m³
Fertigstellung: 2017
Bruttogrundfläche 12.860 m²
Gebäudevolumen 47.660 m³

Architektur: Graft Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin, www.graftlab.com
Gastgeber-Konzept und Innenarchitektur: Nicolay Design GmbH, Stuttgart, www.nicolay-design.com
Landschaftsplaner: Ernst Partner Landschaftsarchitekten bdla, Trier
Tragwerksplanung: Knippers Helbig GmbH, Stuttgart
Projektsteuerung: BTB Lauer GmbH & Co. KG, Losheim am See
TGA-Planung: ZWP Ingenieure AG, Stuttgart
Lichtplanung: Nicolay Design GmbH, Stuttgart, www.nicolay-design.com
Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart
Bauleitung: Wenzel + Wenzel Freie Architekten, Karlsruhe

Ausführende Firmen
Rohbau:
Peter Gross Bau Holding, Sankt Ingbert
Holzfassade: Hermann Josef Jung GmbH, Primstal (www.jungbedachungen.de)
Fassade Erdgeschoss (P-R-Fassade): Alucon Fenster- und Fassadenkonstruktionen GmbH, Völklingen, www.alu-con.de
Fassade Obergeschosse (Fensterfassade): Backes Metallbau GmbH, Wadern-Büschfeld, www.backes-metallbau.de
Aufzüge: Alois Kasper GmbH, Nonnweiler-Primstal
Sanitäranlagen: Bard GmbH, Tholey
Elektroinstallation: A+F Elektro-Technik GmbH, Tholey
Gerüstarbeiten: GBG GmbH, Friedrichsthal
Dacharbeiten: Anton Bernardi GmbH, Völklingen
Estrich: Okatar Estrichbau GmbH, Merzig
Trockenbau Wände: Bilfinger R&M Ausbau Mannheim GmbH, Saarbrücken
Innenputzarbeiten: H. J. Eckert GmbH, Schiffweiler
Schlosserarbeiten: Metall- und Stahlbau Scholl GmbH, Tholey
Gebäudeautomation: Sauter-Cumulus GmbH, Saarlouis
Verkleidung Technikzentrale: IBV Industriebauten-Verkleidungs-GmbH, Oberthal

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