Mit Technischem Monitoring Kosten sparen

Gebäudetechnik
Gebäudetechnik
Green Engineering: Umwelt, Energie, Mensch
Energie • Klima • Dämmung
Digitalisierung
Hard- und Software

Energie-intelligente Gebäude

Steigende Energiekosten fordern die Betreiber von Gewerbeimmobilien heraus. Wer den Datenschatz aus der automatisierten Regelung der Gebäudetechnik zu nutzen versteht, spart nicht nur Energie und Kosten. Er trägt auch aktiv zum Klimaschutz bei. Das zeigt TÜV SÜD am Beispiel eines Bürogebäudes in München.

Die Funktionalität und Energieeffizienz der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) besteht nicht per se. So, wie Menschen neue Fähigkeiten erst aufgrund von Erfahrungen erlernen, muss auch die Intelligenz eines Gebäudes geplant, implementiert und überwacht werden. Die kluge Nutzung von Daten aus automatisierten Lüftungs- oder Beschattungsanlagen oder aus Aufzügen und Fahrtreppen hilft, Fehler frühzeitig zu erkennen und ihnen mit abgestimmten Maßnahmen zu begegnen.

Ein Esperanto der Gebäudetechnik schaffen

Dieser Datenschatz aus der Gebäudeautomation (GA) wird allerdings oftmals nicht gehoben und geht dann als Quelle für Optimierungen verloren. Der Grund sind meist unterschiedliche Kommunikationsweisen der eingebundenen Gewerke, oder dass sich die Datenformate und -ausgaben einzelner Geräte je nach Hersteller unterscheiden. Um eine einheitliche "Sprache" zu schaffen, müssen die einzelnen Bestandteile der TGA zunächst einmal auch einheitlich benannt werden. Richtlinien wie die VDI 3814 Blatt 4.1 oder die DIN 6779 -12 enthalten entsprechende Kennzeichnungsschlüssel.

Die so geschaffene einheitliche Sprache bildet die Basis für Prozesstransparenz und die Datenauswertung. Das ermöglicht ein höheres Tempo in Kommunikation, Planung und Projektierung für einen einwandfreien und optimalen Betrieb der TGA. Soweit die Theorie. Doch in der Realität ist es selbst bei einem Neubau oft unmöglich, die Anlagen direkt zum Betriebsbeginn optimal zu konfigurieren und einzustellen. Das liegt unter anderem an der hohen Komplexität und etwaigen Nutzungsänderungen bzw. fluktuierenden Auslastungen. So waren während der Corona-Pandemie viele Mitarbeiter im Homeoffice, die jetzt wieder vollständig oder teilweise zurückkehren.

Beispiele für eine fehlerhafte Gebäudeautomation

Viele Anlagen werden zunächst anhand von Standardparametern konfiguriert. Es braucht mitunter mehrere Betriebsjahre, um das Potenzial der TGA als ein sich selbst regulierendes, geschlossenes System durch passgenaue Einstellungen zu realisieren. Typische Fehler sind das gleichzeitige Kühlen und Heizen von Räumen oder die maximale Belastung von sich ständig zu- und abschaltenden Kältemaschinen statt einer kontinuierlichen Teillast. Ungeachtet des tatsächlichen Bedarfs werden viele Pumpen durchgängig betrieben, weil die Regelung manuell eingeschaltet oder mangelhaft konfiguriert wurde.

Ein weiteres Beispiel ist der übermäßige Betrieb von falsch konfigurierten Ventilatoren bei ausgeschalteter Lüftungsanlage, oder Wärme- und Kältesysteme, die eigentlich, abhängig von der Außentemperatur, optimal eingestellt sein sollten, die aber durch unsachgemäß positionierte Außensensoren eine zu starke Erwärmung oder Abkühlung einleiten. Viele Sensoren werden nicht nur falsch positioniert, sondern auch nicht richtig eingebaut oder kalibriert. Auch kommt es vor, dass grundsätzlich zu wenige geplant wurden. Nicht zuletzt spielen veraltete haustechnische Systeme und fehlende Isolierungen eine Rolle. Oder es werden Heiz-, Klima- und Lüftungsanlagen eingebaut, die Konstruktionsfehler oder -mängel nach der Ausführung aufweisen, die während der Inbetriebnahme schwer zu finden sind.

Münchner Bürogebäude profitiert von GA-Datennutzung

Der Konzeption eines 2018 erbauten Münchner Bürogebäudes lagen vor allem die Effizienz und Nachhaltigkeit zugrunde. Experten von TÜV SÜD machten einige zunächst unscheinbar wirkende Mängel in den TGA-Funktionen aus. Um die Zieltemperatur zu erzeugen, liefen zwei Kältemaschinen des Gebäudes auf Volllast. Darüber hinaus kam es im Minutentakt zu einem ständigen Ein- und Ausschalten beider Kältemaschinen. Ursache war eine mangelhafte Parametrierung seitens des Errichters in der Inbetriebnahme des Gebäudes.

Durch eine Neukonfiguration konnten die Fachleute den Energiebedarf um 16, die Betriebskosten um sieben und den CO2-Ausstoß um neun Prozent senken. Das ständige Ein- und Ausschalten beider Kältemaschinen erhöht darüber hinaus den Verschleiß. Angesichts eines Anschaffungswerts von ca. 160.000 Euro hätte eine dadurch evtl. verkürzte Lebensdauer perspektivisch erhebliche wirtschaftliche Folgen.  

Im selben Gebäude liefen Erhitzer von allen sieben Lüftungsanlagen teilweise auf Volllast. Verantwortlich war eine fehlerhafte Wärmerückgewinnung. Nach der Optimierung benötigten die Erhitzer ein Drittel weniger Energie, die Betriebskosten wurden um ein Zwanzigstel reduziert. Des Weiteren wurde eine konstant nicht geschlossene Außenluftklappe festgestellt, obwohl die gesamte Lüftungsanlage über Nacht aus war. Eine ständig offene Außenluftklappe ist zwar kein erheblicher Mangel, kann aber zur Folge haben, dass zusätzlicher Schmutz in die Anlage gelangt. Das wiederum kann einen häufigeren Filterwechsel bewirken, was sich auf die Betriebskosten auswirkt.

In einem Heizkreis war das Regelventil konstant geöffnet. Dementsprechend konnte die Vorgabe an die Vorlauftemperatur so gut wie nie eingehalten werden. Die Folge: eine erhöhte Temperatur im Gebäude. In der Summe konnten alle festgestellten Abweichungen und deren Behebung beim Gebäude die Energie- und Betriebskosten deutlich senken.

Vorteile für Energieeffizienz, Betriebskosten und Klimaschutz

Ein optimal eingestellte TGA bietet vier Vorteile: 1. eine verbesserte Energieeffizienz, 2. geringere Betriebskosten, 3. weniger CO2-Emissionen und 4. einen erhöhten Nutzerkomfort. Auch generieren die Anlagen weniger Fehler und müssen seltener gewartet werden. Das schafft Ausgangspunkte für weitere Energiesparmaßnahmen.

Zunächst analysieren die TÜV SÜD-Expertinnen und Experten dafür die Gebäudedaten der Versorgungstechnik mittels Technischen Monitorings. So lassen sich schon im laufenden Betrieb schnell Einsparpotenziale heben. Technisches Monitoring bietet sich auch an, um nachzuweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) oder der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD1) erfüllt werden. Wer die betriebswirtschaftliche Verantwortung für Nichtwohngebäude wie Gewerbeimmobilien trägt, kann sich auf seine TGA-Daten berufen – auch um informierte und sichere Entscheidungen für oder gegen neue Investitionen zu treffen.

Das Technische Monitoring von TÜV SÜD automatisiert nicht nur das Auslesen einheitlicher GA-Daten. Es schafft auch die Voraussetzung dafür, die Interaktion und Wirkung der Anlagen stetig zu verbessern. Fehler werden zügig entdeckt und behoben. Ein Dashboard bietet Gebäudebetreibern einen webbasierten und somit ortsunabhängigen Überblick im Live-Betrieb. Es enthält zudem direkt abrufbare Handlungsempfehlungen für eine koordinierte Beauftragung gegebenenfalls nötiger Sanierungs- oder Korrekturmaßnahmen. Die Fehlerbehebung kann im Dashboard sofort nachvollzogen werden und bietet damit die Möglichkeit, die Maßnahmen durch Fachfirmen zu validieren.

Wie sinnvoll sind gesetzlich vorgeschriebene TGA-Prüfungen?

Ein deutlicher Ausbau der Automatisierung bei der Gebäudetechnik bis 2030 würde den Ausstoß von knapp 15 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid verhindern. Das rechnet der Branchenverband Bitkom vor. Diese Menge ist nahezu ein Drittel der Einsparziele, die das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung dem Gebäudesektor vorgibt.

Wird ein neues Gebäude in Betrieb genommen, ist bislang kein Nachweis erforderlich, ob die TGA ordnungsgemäß und effizient funktioniert. Gesetze oder baurechtliche Bestimmungen fehlen bislang. Nach Ansicht des TÜV-Verbands, Berlin, wären unabhängige Prüfungen sowie obligatorische Energieaudits nach DIN EN 16247-2 oder Energiemanagementsysteme nach DIN EN ISO/IEC 50001 eine sinnvolle regulatorische Maßnahme, um nachzuweisen, dass die TGA effizient und fehlerfrei funktioniert.

Eine Qualitätssicherung der TGA ließe sich auf Grundlage vorhandener Richtlinien und Empfehlungen entwickeln. Dazu gehören die VDI 6041 "Facility-Management – Technisches Monitoring von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen", die AMEV-Empfehlung 158 – "Technisches Monitoring 2020" und die Richtlinienreihe der VDI 3814 – Gebäudeautomation.

TÜV SÜD ist BACnet®-Testlabor

TÜV SÜD Industrie Service ist von der BACnet Interest Group Europe (BIG-EU) und der BACnet International (BI) als internationales BACnet®-Testlabor anerkannt. Damit können die Expertinnen und Experten Produkttests vornehmen, um die Konformität der Produkte mit dem BACnet®-Standard zu bestätigen. Die Tests umfassen das gesamte Spektrum an Komponenten der Gebäudeautomation, von Sensoren und Aktoren über anwendungsspezifische Regelgeräte und frei programmierbare DDC-Controller bis hin zur Leittechnik mit Steuerungs- und Bediensystemen. Die Abkürzung BACnet steht für "Building Automation and Control Networks". Das Datenübertragungsprotokoll standardisiert die Kommunikation zwischen Produkten unterschiedlicher Hersteller für die Gebäudeautomation und Gebäuderegelung.

Autoren

Dipl.-Ing. (FH) Igor Gagula, Gebäudeautomation, TÜV SÜD Industrie Service
Dipl.-Ing. (FH) Patrick Lützel, Elektro- und Gebäudetechnik, TÜV SÜD Industrie Service
MBA, B. Eng. Stefan Veit, Elektro- und Gebäudetechnik, TÜV SÜD Industrie Service