Das Metaversum verändert, wie wir weltweit Infrastruktur bauen und instand halten

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... und die Werkzeuge dafür passen in einen Rucksack

Die Zusammenarbeit bei Planung und Entwurf von Infrastrukturen im Metaversum ist kein Konzept, das weit in der Zukunft liegt. Dank der Spiel-Engine-Technologie kommt die Zusammenarbeit schon jetzt in Gang und gewinnt an Dynamik.

Entwurfsteams arbeiten offen mit einer Reihe von Geräten, unter anderem mit Technologie von Unreal Engine, Omniverse und Unity. Diese Spiel-Engines steigern nicht nur die Rechenleistung, die erforderlich ist, um ein 3D-Modell in ein nahtloses räumliches 4D-Erlebnis zu verwandeln, sondern sie sorgen auch für Interoperabilität, damit Assets in Echtzeit zwischen Produkten oder Plattformen ausgetauscht werden können, ohne dass es zu einem Verlust an Detailtreue oder Funktionen kommt. Durch diesen offenen Austausch entstehen Innovationen, Lösungen für Probleme und insgesamt eine neue Kultur der Teamarbeit in der Bauplanung und -ausführung.

Tatsächlich könnte man sagen, dass die Gaming-Technologie die Produktivität, Effizienz und sogar Rentabilität der gebauten Umwelt steigert.

Im vergangenen April gab Epic Games, der Hersteller der Unreal Engine, bekannt, dass das Unternehmen 2 Milliarden USD gesammelt hat, um in die Entwicklung eines kinderfreundlichen Metaversums zu investieren. Ziel der Partnerschaft von Epic und Lego ist es, einen sicheren Raum für Kinder im Metaversum zu schaffen, in dem sich physische und digitale Welten für grenzenlose kreative Möglichkeiten verbinden (TechCrunch). Der Einfluss von Epic auf die Gestaltung der realen Welt beschränkt sich jedoch nicht nur auf Bausteine aus Plastik. Mit einer Eigenkapitalbewertung von 31,5 Milliarden USD im Jahr 2022 investiert Epic Millionen in die Entwicklung kompatibler Lösungen für Architekten, Ingenieure und Bauleiter, um mithilfe des Metaversums echte, lebensgroße Infrastruktur zu bauen.

In einem Mixed-Reality-Erlebnis, bei dem die Technologie des digitalen Zwillings eingesetzt wird, nutzen Unternehmen die Vorteile von Spiel-Engines, um Städte neu zu gestalten, Fabriken zu besichtigen oder, wie im Fall des ITER-Projekts, das größte Fusionsexperiment aller Zeiten zu bauen. Gleichzeitig arbeiten sie virtuell und überall auf der Welt auf vielen verschiedenen Plattformen.

Den Startpunkt bildet ein Plug-in für einen digitalen Zwilling, das Bauentwurfsmodelle mit einem Metaversum-Erlebnis verknüpft.

Ein digitaler Zwilling ist vereinfacht gesagt eine digitale Darstellung der realen Umgebung, die kontinuierlich mit Live-Daten aktualisiert wird. Eine offene Plattform wie iTwin integriert alle technischen Daten eines 3D-Modells und fügt dann den digitalen 4D-Kontext mit Realitätsdaten und räumlicher Modellierung hinzu. Es ist die Spiel-Engine-Technologie, die diese Daten und die komplexe Modellierung in eine immersive Welt mit Beleuchtung, Texturen und Tiefe im Metaversum verwandelt.

Was die Infrastrukturbranche im Vergleich zu anderen Anwendungsfällen des Metaversums so einzigartig macht, ist, dass hinter jeder Struktur bereits ein 3D-Modell steckt. Da Ingenieure jeden Tag Modelle erstellen, mangelt es nie an Material für das Metaversum.

In der virtuellen Umgebung zu entwerfen und zu bauen, erweist sich bei einigen sehr großen Projekten als zeit- und kostensparend. Wenn ein Ingenieur oder Bauleiter die virtuelle Baustelle betritt, ist das Erlebnis nahtlos, da die Daten in Echtzeit über strategisch platzierte Sensoren auf der physischen Baustelle aktualisiert werden. Sie können die Änderungen sehen, den Fortschritt verfolgen und auf ein Objekt klicken, um Spezifikationen und andere Informationen viel schneller abzurufen als durch das Überfliegen eines Standard-Datenblatts.

Wer diese Technologie nutzen möchte, muss nicht allzu technisch versiert sein. Gaming-Plattformen machen den Zugriff auf Daten flexibel und umfassend: Ein Projektingenieur, der in einem Bauwagen arbeitet und von 60-Meter-Kränen und 50-Tonnen-Planierraupen umgeben ist, kann so beispielsweise auf dem Tablet tägliche Analysen auf der Baustelle durchführen und anschließend mit einer HoloLens die Zukunft des Projektlebenszyklus in 4D erkunden. Wenn die langfristigen Auswirkungen von Planungsentscheidungen erlebt werden, bevor sie eintreten – etwa, wenn ein Betonpfeiler Risse bekommt –, können die Bauherren bereits in der Gegenwart Änderungen vornehmen, um das Risiko zu mindern.

Die auf offenen Plattformen basierende kollaborative Umgebung des Infrastruktur-Metaversums begegnet auch den Herausforderungen bei der Produktivität und den negativen Auswirkungen der Isolation, mit denen sich Mitarbeitende in Fernarbeit auseinandersetzen müssen. Ein Rundgang durch ein Stromnetz wird viel interessanter und effizienter, wenn Teilnehmer mit Fernzugang sich gegenseitig im Metaversum sehen und hören können.

Erlebnisse mit virtueller oder erweiterter Realität verbinden Kolleginnen und Kollegen auf eine Weise, die Kreativität und Wissensaustausch anregt und sie dazu inspiriert, sich stärker in das Projekt einzubringen. In einer aktuellen Studie der UCLA stellten Wissenschaftler fest, wie die virtuelle Realität eine stärkere „Theta-Rhythmus“-Welle erzeugt, die sich positiv darauf auswirken kann, wie das Gehirn sensorische Informationen erfährt und speichert (Neuroscience News). Ein höheres Maß an Engagement ermöglicht bessere technische Entscheidungen, die zu mehr Sicherheit und Effizienz beim physischen Bau führen können. Das Metaversum eignet sich sogar für die Vernetzung unter Gleichgesinnten, um Beziehungen für zukünftige Projekte zu vertiefen.

Vermeidung von Fallstricken im Metaversum

Gibt es einen Nachteil beim Aufbau der Infrastruktur im Metaversum? Nicht wirklich. Natürlich kann sich nicht jeder einen TESLASUIT leisten (und wird auch keinen brauchen). Und für den täglichen Gebrauch haben tragbare Geräte manchmal ein schlechtes Zeugnis für ihren Komfort erhalten: Klobige kabelgebundene Headsets und visuell bedingte Reisekrankheit waren bisher ein Problem. Es stimmt, dass diese Fallstricke die Einführung erschwert haben.

Inzwischen sind Headsets kabellos, komfortabler, erschwinglicher und kleiner – und bieten so eine tragbare Variante. Im Hinblick auf die Reisekrankheit, stellen Anwendungen jetzt die richtigen Bildraten (die Anzahl der Bilder pro Sekunde, die das menschliche Auge sieht) ein, um ein realistisches, aber sensorisch angenehmes Erlebnis zu schaffen.

Manchmal sind die Auswirkungen der Tiefenwahrnehmung in einer Anwendung so realistisch, dass sie etwas befremdlich wirken können. Wenn z. B. Ingenieure und Planer im 3D-Modell des ITER-Tokamaks – der hinsichtlich Größe und Umfang als eines der ehrgeizigsten wissenschaftlichen Projekte gilt – ihrer Arbeit nachgehen, können sie bei einem Rundgang um die Spitze des 60 Meter hohen Bauwerks das Gefühl bekommen, dass sie aufpassen müssen, wo sie hintreten.

Im letzten Jahr ist das Interesse am Metaversum, an den damit verbundenen Herausforderungen und Vorteilen exponentiell gewachsen. Die Gaming-Engine-Technologie ebnet den Weg zu grenzenlosen Möglichkeiten, und wir können uns darauf verlassen, dass Unternehmen sich für das Metaversum entscheiden, um die Zukunft der Infrastruktur mit Werkzeugen zu gestalten, die handlich sind und in einen Rucksack passen.

Über den Autor

Greg Demchak ist MIT-Absolvent mit einem Abschluss in Architektur und Entwurfstechnologie (Architecture and Design Technology, SMArchS) und hat 20 Jahre Erfahrung in der Softwareentwicklung. Er leitet das iTwin Innovation Lab von Bentley, das sich der Entwicklung von Prototypen widmet und untersucht, wie die Technologien des digitalen Zwillings den Entwurf, Bau und Betrieb von Infrastruktur beeinflussen.

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Mehr zum TESLASUIT unter teslasuit.io