Die Königsdisziplin im digitalen Planen und Bauen

Lean Construction und BIM

Bauplaner 7-8/2021
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BIM
Bauprojekte sind ab einer gewissen Größenordnung komplex und werden auf Grundlage unterschiedlicher Vertragsmodelle geplant und anschließend gebaut. Dabei muss eine Vielzahl an Akteuren hinsichtlich der Inhalte, Qualität, Termine und Kosten koordiniert und auf die Projektziele hin abgestimmt werden.

Nicht nur der Bauherrschaft, sondern auch allen Projektbeteiligten ist daran gelegen, die Effizienz zu erhöhen sowie Fehler zu vermeiden. Zwei Ansätze, die sich eignen, dieses gemeinsame Ziel im Projekt zu erreichen, ist Lean Construction und BIM. „Lean“ ist das englische Wort für „schlank“. Der Begriff geht auf eine 1990er Studie von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zurück, die sich mit den Unterschieden in den Entwicklungs- und Produktionsbedingungen in der Automobilindustrie befasste. Die dabei erarbeiteten Prinzipien für ein effizientes und qualitativ überlegenes Entwicklungsund Produktionssystem fassten die Autoren unter der Bezeichnung Lean Production, also schlanke Produktion, zusammen. Lean Construction bedeutet dementsprechend schlankes Planen und Bauen. Der Hauptfokus bei Lean Construction liegt auf der generellen Vermeidung von Verschwendung und das bedeutet eine transparente und strukturierte Organisation auf Basis von Flusseinheiten. Als Verschwendung gelten dabei alle Tätigkeiten, die nicht zur Wertschöpfung eines Produkts beitragen, also dessen Wert aus Sicht der Kundschaft nicht erhöhen. Hierzu zählen beispielsweise Mehrfachplanungen, Überproduktion, Planungsfehler und Ausführungsmängel, überflüssige Lagerbestände, unnötige Arbeiten und Wege sowie Wartezeiten und überflüssiger Transport.  

Ein perfektes Paar:
Lean Construction und BIM

Lean Construction und BIM sind nicht nur deshalb ein perfektes Paar, weil sie dasselbe Ziel anstreben, nämlich die Optimierung der Planungs- und Bauprozesse, sondern sie verhalten sich auch komplementär zueinander. BIM bietet die ideale Grundlage für eine schlanke Baustelle. Das Planen an einem Gebäudemodell sorgt für eine verlässliche, weitestgehend fehlerfreie Datenlage, die allen weiteren Prozessen zugrunde liegt. Die Verwendung des BIM-Modells über den gesamten Gebäudelebenszyklus verhindert die wiederholte Erstellung der gleichen Informationen. 4D- und 5D-Modelle ermöglichen verlässliche Zeit- und Mengenkalkulationen und Ziele planerisch umzusetzen, zum Beispiel die Minimierung der Durchlaufzeit beziehungsweise das Erreichen einer höchstmöglichen Flusseffizienz, die Umsetzung des Pull-Prinzips sowie die Vermeidung von Verschwendung. Lean Construction mit seinen zugrunde liegenden Prozessanalysen – auch in die Entwurfs- und Planungsphasen hinein – bietet wiederum umgekehrt die Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten mit BIM.

Lean Construction und
BIM bei Vollack

Als Spezialist für die methodische Planung, den Bau sowie für die Revitalisierung nachhaltiger, energieeffizienter Gebäude im Bereich Büro, Industrie und Gesundheit treibt das Unternehmen Vollack mit einem Team von 300 Mitarbeiter*innen die Verbindung von Lean Construction und BIM voran und engagiert sich in der Kombination beider Ansätze bundesweit in Lehrveranstaltungen und berufsbegleitenden Weiterbildungen, unter anderem gemeinsam mit Allplan an der Hochschule Karlsruhe. Mit Lean Construction verbinden viele die Anwendung von Lean-Ansätzen in der Ausführung vor Ort. Vollack ist jedoch überzeugt, dass es sich um mehr handelt als um eine reine Betrachtung der Baustelle. Vielmehr lassen sich nach dem Ansatz alle Phasen der Projektabwicklung justieren und den zentralen Fokus auf den Kundenwert und das fertige Bauwerk als Endprodukt ausrichten. Ausgehend von diesem Handlungsfeld gilt es, vorangehende Abläufe, die die wertschöpfenden Prozesse erst möglich machen, schrittweise auszurichten. Entsprechend muss die  Entwurfs- und Ausführungsplanung als Prozesskunde der Baustelle betrachtet werden. Durch das Sichtbarmachen jeglicher Prozesse als Arbeitspakete und das Definieren von kleinen Losgrößen in kollaborativen Prozessanalysen – ob auf der Baustelle oder in der Planung – können Schnittstellen und Abhängigkeiten klar identifiziert, ein gemeinsames Verständnis geschaffen und die Effizienz erhöht werden. Vorleistungen können dadurch rechtzeitig hergestellt und die Bearbeitungsgeschwindigkeit harmonisiert werden. Wartezeiten und eine Mehrfachbearbeitung entfallen für alle Beteiligte, Verschwendung wird minimiert. Mehrwerte entstehen für alle, nicht nur für die Bauherrnschaft.  

Besseres Bauen für alle Beteiligten
BIM optimiert den Planungsprozess für alle Planenden und Bauenden und zahlt so auf die Faktoren Qualität, Zeit und Kosten ein. Die frühzeitige Absicherung von Entscheidungsprozessen des Kunden, beispielsweis auch durch Virtual-Reality-Lösungen (VR), sorgt für weitere Vorteile. Für die Planenden von Vollack bedeutet BIM dabei keine Digitalisierung bisheriger Planabläufe. Die Generation der „Digital Natives“ denkt Planung tatsächlich neu. Durch Lean Construction können bisherige Abläufe und Prozesse der gesamten Wertschöpfungskette stabil und konsequent strukturiert werden. Je reibungsfreier die Baustelle funktioniert, desto mehr beweist sich die Qualität der Planung als Vorleistung und in ihrer Wirkungsdimension.  Die Verknüpfung von BIM und Lean Construction führt zu einer noch intensiveren Verbindung von Planungs- und Bauprozessen. Eine weitergehende Entwicklung hin zu Projekten und Verträgen als Design + Build ist die intelligente Konsequenz. Im Kern werden Fachdisziplinen über die gesamte Projektlaufzeit systematisch und wirkungsvoll verbessert. „Dies hat eine technologische, prozessorientierte, vertragliche, nicht zuletzt eine arbeitskulturelle Dimension“, sagt Reinhard Blaurock, geschäftsführender Gesellschafter der Vollack Gruppe. „Es geht um eine Haltung: vernetzt arbeiten, Verschwendung erkennen, Stabilität und Prozessfluss immer wieder neu organisieren und optimieren, mit dem einen erklärten Ziel: Das Projekt für alle Beteiligten zu verbessern“, so Reinhard Blaurock weiter. Die Verknüpfung von BIM und Lean Construction kann somit als Königsdisziplin betrachtet werden, in der eine besondere Chance für das Planen und Bauen der Zukunft liegt.